Leitsatz (amtlich)

1. Ist eine Legalisation der maßgeblichen ausländischen öffentlichen Urkunden für die Nachbeurkundung einer Eheschließung in Deutschland (Geburtsurkunde; Heiratsurkunde; Sterbeurkunde des ersten Ehemannes) im Ausland nicht zu erlangen (hier: weil die deutsche Botschaft in Turkmenistan keine Legalisierungen turkmenischer Urkunden vornimmt), so kann das Standesamt nicht verlangen, dass die Antragsteller seine nicht auf Tatsachen gegründete Befürchtung, dass die ihm als Eintragungsgrundlage präsentierten formal echten Urkunden inhaltlich unrichtig seien, durch eine "Vorbeglaubigung" des Außenministeriums des ausländischen Staates ausräumen und zu diesem Zwecke die Originalurkunden nach dort übersenden.

2. Der Standesbeamte, der in Wahrnehmung seiner Verpflichtung, erst nach Ermitt-lung und abschließender Prüfung des zugrunde liegenden Sachverhalts zu beurkunden, nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden muss, welche Ermittlungen er hierzu anstellt oder im Wege der Amtshilfe anstellen lässt, hat bei dieser Entscheidung einen "vernünftigen" Maßstab unter Würdigung der Gesamtumstände (hier: u.a. vorangegangene Eheschließung der Antragsteller in Dänemark) anzulegen.

 

Normenkette

PStG § 9 Abs. 2, §§ 34, 49; PStV § 5; FamFG § 26; KonsG § 13; EGBGB Art. 13 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 21.12.2011; Aktenzeichen 98 III 12/11)

 

Tenor

Das Rechtsmittel wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der angefochtene Beschluss klarstellend dahin neu gefasst wird, dass der Bescheid des Standesamts vom 15.11.2010 aufgehoben und dieses angewiesen wird, das Verfahren unter Beachtung der Gründe des nachfolgenden Senatsbeschlusses fortzuführen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 sind deutsche Staatsangehörige. Die am 19.3.1970 in Ashgabat/Turkmenistan geborene Beteiligte zu 1a wurde am 16.8.2010 eingebürgert.

Sie hatte in Turkmenistan ihren ersten Ehemann geheiratet, der nach ihren Angaben dort am 7.9.1997 verstorben ist.

Im Jahre 2009 zogen die Beteiligten zu 1 in Düsseldorf zusammen; im Januar 2010 wurde ihr erstes gemeinsames Kind geboren.

Die Beteiligten zu 1 beabsichtigten, zu heiraten. Der Beteiligte zu 2 machte die Eheschließung von der Vorlage beglaubigter Geburts-, Heirats- und Sterbeurkunden abhängig. Da die deutsche Botschaft in Turkmenistan derzeit unstreitig keine Legalisierungen turkmenischer Urkunden vornimmt, weil laut Auskunft der deutschen Botschaft formell echte Urkunden mit falschem Inhalt im Umlauf und eine Überprüfung der Urkunden durch Vertrauensanwälte vor Ort nicht mehr möglich sind, verzichtete das Standesamt hierauf, verlangte jedoch eine Echtheitsbestätigung (Vorbeglaubigung) durch das turkmenische Außenministerium. Die Beteiligte zu 1a legte indes die Urkunden mit einem Legalisierungsvermerk der turkmenischen Botschaft in Berlin vor. Diese Urkunden hielt der Beteiligte zu 2 nicht für ausreichend, weshalb die Beteiligten zu 1 am 12.4.2010 in Dänemark heirateten.

Die Beteiligten zu 1 haben am 28.4.2010 bei dem Beteiligten zu 2 um eine Nachbeurkundung der Ehe einschließlich einer Namensänderung der Beteiligten zu 1a angetragen, die noch den Namen ihres ersten Ehemannes trägt.

Dieses Gesuch lehnte der Beteiligte zu 2 am 15.11.2010 ab, weil zur Zeit die Bestätigung der formellen und inhaltlichen Richtigkeit der Geburtsurkunde, der Heiratsurkunde der ersten Ehe der Beteiligten zu 1a sowie der Sterbeurkunde des Ehemannes nicht möglich sei. Nach § 34 PStG sei eine Nachbeurkundung abzulehnen, wenn ein ausreichender Nachweis der einzutragenden Tatsachen nicht erbracht sei. Die Sterbeurkunde werde als Nachweis zur Auflösung der Vorehe in Verbindung mit der Heiratsurkunde der ersten Ehe der Beteiligten zu 1a benötigt. Nur darüber sei nachzuweisen, dass diese Ehe nicht mehr bestehe. Die Geburtsurkunde der Beteiligten zu 1a werde als Urkundengrundlage für die Nachbeurkundung der Eheschließung benötigt. Urkunden seien in der entsprechenden Form vorzulegen und gem. § 13 Konsulargesetz zu legalisieren.

Die Beteiligten zu 1 haben beantragt, den Beteiligten zu 2 gem. § 49 PStG zur Vornahme der abgelehnten Beurkundung anzuweisen.

Das AG hat mit Beschluss vom 21.12.2011 den Beteiligten zu 2 angewiesen, die beantragte Nachbeurkundung sowie die begehrte Namensänderung der Beteiligten zu 1a "nicht unter dem Hinweis auf die fehlende Legitimation öffentlicher Urkunden abzulehnen".

Zur Begründung hat das AG ausgeführt, gemäß § 34 PStG seien im Ausland geschlossene Ehen deutscher Staatsangehöriger auf Antrag im Eheregister zu beurkunden.

Voraussetzung für die Nachbeurkundung einer Ehe und die Änderung des Familiennamens durch das Standesamt sei nicht nur die formelle Wirksamkeit der Eheschließung im Ausland, sondern auch deren materielle Wirksamkeit.

Unzweifelhaft sei die in Dänemark geschlossene Ehe in der rechten Ortsform, also nach den dänischen Formvorschriften, vorgenommen worden. Zur Prüfung der materiellen Wirksamkeit der Eheschließung bedürfe es grundsätzlich der Feststellung, dass keine Ehehindern...

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