Leitsatz (amtlich)

Zur Auslegung des handschriftlichen Testaments eines Erblassers, wonach dessen Tochter ein den wesentlichen Teil des Vermögens ausmachendes Wohnungserbbaurecht "erbt", mit der Maßgabe, dass ihr mit Vollendung des 25. Lebensjahres die Wohnung und eine Garage überschrieben werden und dessen Eltern das Sorgerecht für die Tochter sowie verschiedene Vermögensgegenstände "erhalten", dahin, dass keine Erbeinsetzung nach Quoten anzunehmen ist, sondern die Eltern alleinige Vorerben geworden sind, die Tochter mit Vollendung ihres 25. Lebensjahres deren alleinige Nacherbin wird und die übrigen Nachlassgegenstände den Bedachten jeweils als Vorausvermächtnisse im Sinne des § 2150 BGB zufallen.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 1090, 1937, 2087 Abs. 1, § 2150

 

Verfahrensgang

AG Duisburg (Aktenzeichen 42 VI 397/16)

 

Tenor

Die Beschwerde wird auf Kosten der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Geschäftswert: bis 95.000,00 EUR

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 sind die Eltern der Erblasserin; die Beteiligte zu 2 ist ihre Tochter. Unter dem 7. März 2012 verfasste die Erblasserin ein handschriftliches Schriftstück, das wie folgt lautet:

"-Testament

Hier ein aktuelles T; da beim Aufräumen die letzte Fassung verschwunden ist

(-soeben-)

- Die Wohnung/Rn. 44 - erbt meine Tochter C.

- Meine Eltern erhalten lebenslanges kostenloses Wohnrecht in "meiner" Wohnung.

- Das Auto, Konten, Templeton, evtl. Auszahlungen u. Versicherungen u.ä. erhalten meine Eltern bzw. der noch überlebende Elternteil.

- Die Garage erhält ebenfalls meine Tochter.

- Den Stellplatz erhalten meine Eltern, bzw. der noch überlebende Elternteil.

- Das Sorgerecht f. meine Tochter erhalten meine Eltern, dann D od./+ E bzw. "anschließend", F, Stadt 1.

- Die Wohnung wird meiner Tochter mit Vollendung des 25. Lebensjahres überschrieben, ebenfalls die Garage.

- Den Schmuck erhält meine Tochter.

- Über das Inventar meiner Wohnung können meine Eltern frei verfügen!!!

Liebe Grüße. Ich liebe Euch G"

Im Nachlass befinden sich folgende Vermögenswerte, die von den Beteiligten übereinstimmend wie folgt bewertet werden:

- Wohnungserbbaurecht A-Straße ..., ..., Stadt 2 115.000,00 EUR

- Stellplatz 5.000,00 EUR

- Templeton-Fonds 17.000,00 EUR

- Guthaben Wohnungsbaugenossenschaft ca. 850,00 EUR

- Pkw Mercedes-Benz (am 15. März 2012) ca. 12.250,00 EUR

- Teilerbbaurecht Garage 7.000,00 EUR

- Schmuck 4.000,00 EUR

- Wohnungsinventar ca. 10.000,00 EUR.

Mit notariell beurkundeter Erklärung vom 27. Oktober 2015 haben die Beteiligten zu 1 die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie zu jeweils 41.125/ 170.250 Anteil und die Beteiligte zu 2 zu 88.000/ 170.250 Anteil als Erben ausweist. Sie haben geltend gemacht, da die testamentarischen Einzelzuwendungen den Nachlass im Wesentlichen erschöpften, sei davon auszugehen, dass die mit den einzelnen Gegenständen Bedachten zugleich Erben sein sollten. Die Erbquoten ergäben sich aus dem Verhältnis der jeweils zugewendeten Gegenstände zum Wert des Gesamtvermögens. Dabei haben die Beteiligten zu 1 das ihnen zugedachte Wohnrecht mit 38.000,00 EUR bewertet und die Auffassung vertreten, der Wert des Erbes der Beteiligten zu 2 sei um diesen Betrag gemindert. Im Hinblick auf die Verfügung, dass der Beteiligten zu 2 Wohnung und Garage erst mit Vollendung des 25. Lebensjahres überschrieben werden sollten, könne dem Willen der Erblasserin am besten mit der Anordnung einer Testamentsvollstreckung Rechnung getragen werden.

Die Beteiligte zu 2 ist dem Antrag der Beteiligten zu 1 entgegen getreten. Sie hat vertreten, das von der Erblasserin abgefasste Schriftstück stelle kein Testament dar. Es handele sich entweder um eine Entwurfsfassung zur Vorbereitung eines Testaments oder um eine Erinnerungsnotiz für ein Testament, das zum Zeitpunkt der Abfassung der Notiz nicht auffindbar gewesen sei. Sofern man aber davon ausgehe, dass es sich um ein Testament handele, habe die Erblasserin darin die Beteiligte zu 2 zur Alleinerbin eingesetzt, indem sie ihr die wesentlichen Vermögenswerte zugedacht habe. Dabei sei das den Beteiligten zu 1 zugedachte Wohnrecht nicht als eigener Vermögenswert zu berücksichtigen. Denn die Erblasserin habe nicht beabsichtigt, den Beteiligten zu 1 unter Ausschluss der Beteiligten zu 2 ein Wohnrecht zuzuweisen. Sinn der Anordnung sei vielmehr gewesen, den Beteiligten ein gemeinsames Wohnen in der Wohnung zu ermöglichen. Auf diese Weise habe die Erblasserin sicherstellen wollen, dass die Beteiligten zu 1 für die Beteiligte zu 2 sorgen könnten, damit diese in ihrem gewohnten Umfeld bleiben könne. Für eine Alleinerbenstellung der Beteiligten zu 2 spreche auch, dass die Erblasserin das Verb "erben" nur im Zusammenhang mit der Wohnung verwendet, hinsichtlich der übrigen Positionen dagegen das Verb "erhalten" gewählt habe.

Mit Schreiben vom 4. März 2015 hat das Nachlassgericht unter anderem darauf hingewiesen, dass im Hinblick auf die Anordnung, die Beteiligte zu 2 dürfe nicht vor Vollendung des 25. Lebensjahres Eigentümerin der Wohnung und der Garage werden, Bedenken gegen ...

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