Leitsatz (amtlich)
1. Ein Nichtabhilfebeschluss, der nicht erkennen lässt, mit Blick auf welches Petitum des Beschwerdeführers (hier: "das statthafte Rechtsmittel" gegen einen Erbschein, der den Antragsteller und Beschwerdeführer als gesetzlicher Erbe zu ¼ begünstigt) sich das Nachlassgericht mit dem Beschwerdevorbringen auseinander gesetzt hat, genügt im Allgemeinen nicht den Begründungsanforderungen.
2. Bei seiner Nichtabhilfeentscheidung (hier: betreffend die Beschwerde gegen einen dem Beschwerdeführer zu ¼ aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilten Erbschein) muss sich das Nachlassgericht mit einem maßgeblich veränderten oder unter einem veränderten Blickwinkel sich darstellenden Sachverhalt (hier: Antrag eines Dritten auf Erteilung eines Alleinerbscheins auf der Basis eines Testaments des Erblassers) befassen und dies kenntlich machen, um dem Beschwerdegericht die Überprüfung zu ermöglichen, ob das Nachlassgericht seiner Verpflichtung zur Selbstkontrolle nachgekommen ist.
Normenkette
FamFG § 68 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Neuss (Aktenzeichen 136 VI 70/11) |
Tenor
Der Nichtabhilfebeschluss sowie die Vorlageverfügung des Nachlassgerichts vom 17.10.2011 werden aufgehoben.
Die Akten werden dem AG - Nachlassgericht - zur ordnungsgemäßen Durchführung des Abhilfeverfahrens zurückgegeben.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Söhne, die Beteiligte zu 3 ist die Ehefrau des am 25.6.2010 verstorbenen Erblassers.
Ein handschriftlich verfasstes von der Beteiligten zu 3 sowie dem Erblasser unterschriebenes am 7.9.2010 nach dem Tode des Erblassers eröffnetes Testament vom 24.1.2008 lautet:
"Nachtrag zum letzten Wille.
N. F., unser ältester Sohn, bekommt auch noch das Haus auf der Str. 71 in Rosellenheide, welches auf seinem Vater K.F. geschrieben steht, nach unserem Tode. Das heißt, nach dem Tode beider Eheleute K. u. G. F..
Geschrieben am 24.1.2008
G. F. K. F.
Und zum Schluss noch wegen des Bargeldes
Das Geld, welches nach allen Unkosten von
Beerdigung, Grabstätte, und allem, was dazu gehört, Grabstein, Bepflanzung usw. übrigbleibt, wird unter beiden Söhnen verteilt, N. u. T.
Eigenhändig unterschrieben am 24.1.2008
G. F. K. F."
Am 3.4.2011 erklärten die Beteiligten gegenüber dem Nachlassgericht die Annahme der Erbschaft und beantragten einen "Erbschein zu Grundbuchzwecken" unter gleichzeitiger Bevollmächtigung des Beteiligten zu 1.
Das AG - Nachlassgericht - hat am 14.4. einen gemeinschaftlichen Erbschein (nach gesetzlicher Erbfolge) erteilt, wonach der Erblasser von den Beteiligten zu 1 und 2 zu je 1/4 und von der Beteiligten zu 3 zu 1/2 beerbt worden sei.
Hiergegen hat der Beteiligte zu 2 am 2.5.2011 zur Niederschrift der Rechtsantragstelle "das statthafte Rechtsmittel" eingelegt.
Der Beteiligte zu 2 hat geltend gemacht, dem auf der Basis gesetzlicher Erbfolge erteilten Erbschein stehe das Testament der Eheleute L. und G. F. vom 24.1.2008 entgegen, aus dem sich ergebe, dass nach dem Tode beider Eheleute er, der Beteiligte zu 2, das Grundstück erhalten solle. Der Wille des Erblassers sei offensichtlich dahin gegangen, dass die Eheleute sich wechselseitig nach dem Tode des Erstversterbenden zu Erben einsetzten und der Beteiligte zu 2 nach dem Tod des Zeitversterbenden das Haus erben sollte. In dieser Weise hätten sich die Eheleute der Schwägerin des Erblassers gegenüber geäußert (Zeugin: H. F.).
Die Beteiligte zu 3 hat unter dem 21.9.2011 unter Bezug auf das Testament vom 24.1.2008 einen Alleinerbschein beantragt und geltend gemacht, der letzte Wille des Erblassers sei gewesen, dass das Haus Str. 71 bei dem Tod des Erblassers an sie, die Beteiligte zu 3, habe gehen sollen. Wäre sie früher als der Erblasser gestorben, habe er weiter alleiniger Eigentümer bleiben sollen. Nach dem Tode habe dann der Beteiligte zu 2 das Haus erhalten sollen. Der Beteiligte zu 1 habe bereits sein Erbe übertragen bekommen. Das Haus Str. 71 diene der Alterssicherung, da sie nur eine kleine Rente beziehe und auf die Mieteinnahmen angewiesen sei.
Das AG - Nachlassgericht - hat am 17.10.2011 die Nichtabhilfe beschlossen, weil das Testament vom 24.1.2008 keine Erbeinsetzung nach dem Tod des Erblassers enthalte, weshalb Raum für eine Auslegung des Willens des Erblassers nicht gegeben und somit von der gesetzlichen Erbfolge auszugehen sei und hat die Akte dem Senat vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.1. Der Senat gibt die Sache zur erneuten - ordnungsgemäßen - Durchführung des Abhilfeverfahrens an das Nachlassgericht zurück, da dessen Verfahrensweise nicht den an diesen Verfahrensabschnitt zu stellenden Mindestanforderungen genügt.
Die Nichtabhilfe gem. § 68 Abs. 1 Satz 1 FamFG ist eine regelmäßig in Beschlussform zu treffende und den Beteiligten bekannt zu gebende Sachentscheidung (OLG München, Beschluss - 34 Wx 9/10 - vom 18.2.2010 bei Juris; LG Kaiserslautern NJOZ 2006, 2601; s. auch OLG München, FGPrax 2008, 13). Die Anforderungen an Begründungsumfang und -dichte hängen naturgemäß vom Einzelfall ab. Jedenfalls muss...