Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.08.2016) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 22. August 2016 im Rechtsfolgenausspruch abgeändert und die Urteilsformel zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Betroffene wird wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes kostenpflichtig zu einer Geldbuße von 90 € verurteilt.
- Die weiter gehende Rechtsbeschwerde wird als unbegründet verworfen.
- Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und die darin entstandenen notwendigen Auslagen der Betroffenen werden zu drei Vierteln der Staatskasse auferlegt. Im Übrigen fallen sie der Betroffenen zur Last.
Gründe
Das Amtsgericht hat die Betroffene wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes (bei länger als einer Sekunde andauernder Rotphase) zu einer Geldbuße von 200 € verurteilt und ein Fahrverbot von einem Monat unter Bewilligung der Viermonatsfrist des § 25 Abs. 2a Satz 1 StVG angeordnet. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen hat mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg.
1. Der Schuldspruch ist rechtlich nicht zu beanstanden. Insoweit war die Rechtsbeschwerde als unbegründet zu verwerfen.
Die amtsgerichtlichen Feststellungen tragen den Schuldspruch wegen eines fahrlässigen Rotlichtverstoßes gemäß § 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7, Nr. 2, § 49 Abs. 3 Nr. 2 StVO i. V. m. § 24 StVG. Rot ordnet "Halt vor der Kreuzung" an (§ 37 Abs. 2 Nr. 1 Satz 7 StVO). Sind Markierungen für den Fußgängerverkehr vorhanden, so ist vor diesen zu halten (§ 37 Abs. 2 Nr. 2 StVG). Einen Rotlichtverstoß begeht danach, wer in den durch das Rotlicht geschützten Verkehrsbereich einfährt, namentlich in die Fluchtlinie der Kreuzung oder in eine etwa vorhandene Fußgängerfurt (König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Auflage, § 37 StVO Rn. 27 u. 41). Beides war nach den amtsgerichtlichen Feststellungen der Fall. Danach befuhr die Betroffene am 6. September 2015 mit ihrem PKW die Kreuzung Lindemannstraße/Brehmplatz in Düsseldorf in Fahrtrichtung Brehmplatz. Dabei fuhr sie auf der rechten Fahrspur in den Kreuzungsbereich ein, obwohl die für sie geltende Ampel zu diesem Zeitpunkt Rot anzeigte. Aus den Bildern der Überwachungsanlage, die durch zulässige Verweisung in dem angegriffenen Urteil gemäß § 71 Abs. 1 OWiG, § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO Bestandteil desselben geworden sind, ergibt sich zudem ohne weiteres, dass die Betroffene bei Rot die der Kreuzung vorgelagerte Fußgängerfurt mit ihrem Fahrzeug überquert hatte.
Die auf die Bilder der Überwachungsanlage (Bl. 12R u. 13 d.A.) und die geständige Einlassung der Betroffenen gestützte Beweiswürdigung des Amtsgerichts ist insoweit frei von Rechtsfehlern. Insbesondere ist sie entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht deswegen widersprüchlich, unklar oder lückenhaft, weil die Betroffene ausweislich der Urteilsgründe einerseits den Rotlichtverstoß eingeräumt, sich andererseits aber dahingehend eingelassen hat, die Ampel habe noch Grün gezeigt, als sie losgefahren sei. Denn ein Rotlichtverstoß kann ohne weiteres auch dann begangen werden, wenn die Ampel beim Anfahren noch Grün anzeigt. Selbst wenn die Einlassung der Betroffenen dahingehend zu verstehen sein sollte, dass sie auch beim Überqueren der Haltelinie noch Grün gehabt haben will, bestünde kein Widerspruch zu der Feststellung eines Rotlichtverstoßes. Denn für den Tatbestand eines Rotlichtverstoße kommt es auf die Anzeige der Ampel im Zeitpunkt des Überquerens der Haltelinie nicht an (vgl. König a.a.O. Rn 41). Die Frage, ob und wie lange die Ampel in diesem Zeitpunkt bereits Rot gezeigt hat, ist allein für die Annahme eines sogenannten qualifizierten Rotlichtverstoßes im Sinne der § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BKatV, Ziff. 132.3 BKat maßgeblich (König a.a.O. Rn. 50), wobei die qualifizierte Überschreitung nicht Element des objektiven Tatbestands des Rotlichtverstoßes ist, sondern des Rechtsfolgenausspruchs (König a.a.O. Rn. 53).
2. Die dem Rechtsfolgenausspruch zugrunde liegende Feststellung einer Rotlichtdauer von 1,24s bei Überfahren der Haltelinie beruht dagegen auf einer fehlerhaften Beweiswürdigung.
a) Das Amtsgericht stützt seine Beweiswürdigung unter anderem darauf, dass die Betroffene einen qualifizierten Rotlichtverstoß mit einer Rotlichtdauer von mehr als einer Sekunde "nicht in Abrede gestellt" habe. Diese Annahme beruht auf einer lückenhaften Würdigung der sonstigen in den Urteilsgründen mitgeteilten Einlassung der Betroffenen, der zufolge sie den Rotlichtverstoß eingeräumt aber Grünlicht beim Anfahren behauptet hat. Es wäre näher darzulegen gewesen, aus welchen Gründen der Behauptung von Grünlicht beim Anfahren ein Bestreiten des Rotlichts oder jedenfalls seiner Dauer von mehr als einer Sekunde beim Überfahren der Haltelinie nicht zu entnehmen ist. Im Übrigen ließe auch das mangelnde ausdrückliche Bestreiten eines qualifizierten Rotlichtverstoßes als solches keine Rückschlüsse auf die tatsächliche Rotlichtdauer beim Übe...