Entscheidungsstichwort (Thema)
Sofortige Beschwerde gegen Beschluss über einstweilige Vollstreckungseinstellung am Versäumnisurteil
Normenkette
ZPO §§ 707, 719
Verfahrensgang
LG Krefeld (Aktenzeichen 2 O 13/01) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des LG Krefeld vom 13.6.2001 wird kostenfällig als unzulässig verworfen.
Gründe
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das LG die Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 21.5.2001 gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 80.000 DM einstweilen eingestellt und den Antrag des Beklagten, eine einstweilige Einstellung ohne Sicherheitsleistung anzuordnen, zurückgewiesen. Mit seinem Rechtsmittel begehrt der Beklagte weiterhin eine Einstellung der Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung.
Das Rechtsmittel musste als unzulässig verworfen werden, weil es unstatthaft ist.
Gemäß § 719 Abs. 1 S. 1 ZPO gilt die Vorschrift des § 707 ZPO entsprechend, wenn gegen ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil Einspruch eingelegt wird. Mithin ist auch § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO anzuwenden, wonach eine Anfechtung des Beschlusses, mit dem über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entschieden worden ist, nicht stattfindet. Ein Rechtsmittel ist grundsätzlich unstatthaft und damit unzulässig.
Eine Ausnahme kommt grundsätzlich nur dann in Betracht, wenn die angefochtene Entscheidung greifbar gesetzeswidrig ist. Das ist dann der Fall, wenn die Entscheidung schlechthin mit der Rechtsordnung nicht vereinbar ist, insbesondere dann, wenn jegliche gesetzliche Grundlage fehlt oder eine Entscheidung dieser Art oder dieses Inhalts im Gesetz überhaupt nicht vorgesehen ist, wenn sie also dem Gesetz inhaltlich fremd ist (vgl. BGH v. 16.4.1986 – IVb ZB 14/86, NJW-RR 1986, 1263 [1264]; v. 19.10.1989 – III ZR 111/88, MDR 1990, 520 = NJW 1990, 838 [840]; Beschl. v. 28.10.1998 – VIII ZR 190/98, MDR 1999, 247 [248]; OLG Düsseldorf, JurBüro 1989, 863; OLG Koblenz NJW-RR 1998, 1450; Musielak/Ball, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 567 Rz. 16 ff.). Eine derartige greifbare Gesetzeswidrigkeit liegt hier nicht vor. Rechtsgrundlage der angefochtenen Entscheidung sind die §§ 719 Abs. 1 S. 1, 707 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung ist nach ihrem Inhalt dem Gesetz nicht fremd.
Eine sofortige Beschwerde gegen eine Entscheidung, mit der über einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung entschieden worden ist, ist ausnahmsweise auch dann zulässig, wenn das Gericht die Grenzen seiner Ermessensausübung verkannt hat (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 18.12.1998 – 11 W 92/98, OLGReport Düsseldorf 1999, 277; OLG Düsseldorf v. 15.2.2000 – 10 W 134/99, OLGReport Düsseldorf 2000, 360; OLG Köln NJW-RR 1998, 364; Hartmann in Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Aufl. 2001, § 707 Rz. 17; Musielak/Lackmann, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 707 Rz. 13). Ob es sich insoweit um einen Unterfall der greifbaren Gesetzeswidrigkeit handelt oder um eine selbstständige weitere Anfechtungsmöglichkeit, die unabhängig von dem Fall der greifbaren Gesetzeswidrigkeit ist, kann dahinstehen.
Die sofortige Beschwerde aufgrund der Verkennung der Grenzen der Ermessensausübung ist nur dann zulässig, wenn eine derartige Verkennung nicht nur behauptet, sondern schlüssig vorgetragen wird (OLG Köln NJW-RR 1998, 364). Der Auffassung, wonach es für die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ausreicht, wenn eine derartige Verkennung lediglich geltend gemacht wird (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1450; Krüger in MünchKomm/ZPO, 2. Aufl. 2000, § 707, Rz. 23), folgt der Senat nicht, weil allein ein einseitiger Vortrag ohne rechtliche Überprüfung nicht dazu führen kann, dass ein vom Gesetz an sich nicht vorgesehenes Rechtsmittel statthaft ist.
Der Beklagte hat nicht schlüssig dargelegt, dass das LG die Grenzen seines Ermessens verkannt hat, so dass seine sofortige Beschwerde unzulässig ist.
Zwar verkennt das Gericht die Grenzen seiner Ermessensausübung grundsätzlich dann, wenn es die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung einstweilen einstellt, weil es unzutreffend die Voraussetzungen des § 719 Abs. 1 S. 2 ZPO für eine einstweilige Einstellung ohne Sicherheitsleistung verneint (OLG Frankfurt NJW-RR 1998, 1450; Musielak/Lackmann, ZPO, 2. Aufl. 2000, § 707 Rz. 13). In diesem Fall ist die Grundlage der vom Gericht vorgenommenen Ermessensausübung unzutreffend.
Hier liegen entgegen der Ansicht des Beklagten auch nach seinem Vortrag die Voraussetzungen des § 719 Abs. 1 S. 2 ZPO nicht vor. Nach dieser Vorschrift darf die Zwangsvollstreckung aus einem Versäumnisurteil nur gegen Sicherheitsleistung eingestellt werden, es sei denn, dass das Versäumnisurteil nicht in gesetzlicher Weise ergangen ist oder die säumige Partei glaubhaft macht, dass ihre Säumnis unverschuldet war. Es kann dahinstehen, ob ein Verstoß gegen § 220 Abs. 1 ZPO vorliegt, weil, wie der Beklagte behauptet, die Sache vor der mündlichen Verhandlung nicht aufgerufen worden ist und er nur deshalb den Verhandlungssaal nicht betreten und auf ...