Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheit eines Sachverständigen; Bestellung der Hilfskraft des ursprünglich beauftragten Sachverständigen zum neuen gerichtlichen Sachverständigen; Streitwert der Beschwerde gegen die Ablehnung des Befangenheitsgesuchs gegen einen Sachverständigen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat sich der zunächst gerichtliche beauftragte Sachverständige in rechtlich zulässiger Weise bei der Erstellung des Gutachtens einer Hilfskraft bedient und bestellt das Gericht nach Entpflichtung des ursprünglichen Sachverständigen diese Hilfskraft zum neuen Sachverständigen, so kann ein Befangenheitsgesuch gegen den neuen Sachverständigen nicht erfolgreich auf den Vorwurf gestützt werden, der neue Sachverständige habe sich zuvor die Sachverständigenstellung angemaßt.

2. Der Streitwert für die Beschwerde gegen die Ablehnung eines gegen den Sachverständigen gerichteten Ablehnungsgesuch beträgt 1/3 des Hauptsachestreitwerts.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 42, 406 Abs. 5, § 407a Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Duisburg (Beschluss vom 25.07.2008; Aktenzeichen 8 O 110/07)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 5.8.2008 gegen den Beschluss der 8. Zivilkammer - Einzelrichterin - des LG Duisburg vom 25.7.2008 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

 

Gründe

I. Der minderjährige Kläger macht einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes gegen den ebenfalls minderjährigen Beklagten wegen Verletzungen geltend, die er am 16.5.2006 in Zusammenhang mit einer körperlichen Auseinandersetzung mit dem Beklagten erlitt, die während einer Schulpause auf dem Gelände des Gymnasiums B. in M. stattfand. Gleichzeitig begehrt der Kläger gerichtliche Feststellung der weiteren Schadensersatzpflicht des Beklagten.

Mit Beschluss vom 1.10.2007 ordnete die Kammer die Beweisaufnahme zu folgenden Beweisfragen durch Einholung eines Sachverständigengutachtens an:

Durch welche Handlung des Beklagten wurden die Verletzungen des Klägers verursacht? Wurden sie durch den Stoß mit dem Kopf des Beklagten gegen den Kopf des Klägers verursacht oder durch die nachfolgenden Faustschläge.

Mit deren Beantwortung beauftragte sie mit Beschluss vom 23.3.2008 Prof. Dr. Dr. Z. von der Universitätsklinik K. Im Juni 2008 ging ein unter dem 27.5.2008 verfasstes Gutachten bei Gericht ein. Dieses Gutachten ist unterschrieben von dem Assistenzarzt Dr. Dr. S. und dem Oberarzt Priv.-Doz. Dr. Dr. M. Verfasser des Gutachtens war Dr. Dr. S. Der bestellte Sachverständige Prof. Dr. Dr. Z. hat unter dem Vermerk "Einverstanden aufgrund eigener Prüfung und eigener persönlicher Urteilsbildung" ebenfalls seine Unterschrift gesetzt. Nach Beanstandungen gegen den Inhalt des Urteils durch den Beklagten mit Schriftsatz vom 19.6.2008 hat die Kammer mit Beschluss vom 7.7.2008 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, den Gutachtenverfasser Dr. Dr. S. gem. §§ 404 Abs. 1 Satz 3, 360 Abs. 1 ZPO nachträglich zu benennen. Dem widersprach der Beklagte mit Schriftsatz vom 10.7.2008 unter Hinweis darauf, dass Dr. Dr. S. die erforderliche Sachkenntnis nicht besitze. Für den Fall, dass das Gericht Dr. Dr. S. zum Sachverständigen ernenne, hat der Beklagte in selben Schriftsatz den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das LG hat mit Beschluss vom 25.007.2008 das Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen. Gegen den seinen Prozessbevollmächtigten am 31.7.2008 zugestellten Beschluss hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 5.8.2008, am selben Tag eingegangen bei Gericht, sofortige Beschwerde eingelegt, die er am 9.8.2008 begründet hat. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem OLG zur Entscheidung über das Rechtsmittel vorgelegt.

II.1. Die gem. § 406 Abs. 5 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht i.S.d. § 569 Abs. 1 und 2 ZPO eingelegt worden. Zur Entscheidung ist der Senat gem. § 568 Satz 1 ZPO durch den Einzelrichter berufen.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

a) Nach § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters gem. § 42 ZPO berechtigen, abgelehnt werden. Für die Besorgnis der Befangenheit ist es nicht erforderlich, dass der vom Gericht beauftragte Sachverständige parteiisch ist oder das Gericht Zweifel an seiner Unparteilichkeit hat. Vielmehr rechtfertigt bereits der bei der ablehnenden Partei erweckte Anschein der Parteilichkeit die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit. Dieser Anschein muss sich auf Tatsachen oder Umstände gründen, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Beschl. v. 13.1.1987 - X ZR 29/96, GRUR 1987, 350;. Beschl. v. 4.12.2001 - X ZR 199/00, GRUR 2002, 369 - Sachverständigenablehnung I; Beschl. v. 15.3.2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869). Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann ber...

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