Leitsatz (amtlich)
Eine Maßnahme, wonach das an der Rückseite des Hauses vorhandene Fassadengrün (hier: wilder Wein) entfernt und zukünftig die Entstehung jeglichen Fassadengrüns sofort unterbunden werden soll, hat eine bauliche Veränderung zum Inhalt und kann daher nicht mit Stimmenmehrheit beschlossen werden.
Verfahrensgang
AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen 30-II 32/02 WEG) |
LG Duisburg (Aktenzeichen 11 T 362/02) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss der Kammer wird - unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen - teilweise geändert.
Der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft v. 7.3.2002 wird zu TOP 6 (Fassadenbegrünung) für ungültig erklärt.
Die Kosten des gesamten Verfahrens werden den Antragsgegnern und dem Antragsteller je zur Hälfte auferlegt.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet in sämtlichen Instanzen nicht statt.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 8.000 Euro.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1) bis 4) sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft E. in Mülheim an der Ruhr; die Beteiligte zu 5) ist deren Verwalterin.
Am 7.3.2002 fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft u.a. folgende Beschlüsse:
TOP 5:
"Die Eigentümer beschlossen mit zwei Jastimmen und einer Neinstimme, dass als nächste Maßnahme zu Lasten der Instandhaltungsrücklage die Sanierung und einfarbige Gestaltung der straßenseitigen Fassade durchgeführt wird."
TOP 6:
"Die Eigentümer beschlossen mit zwei Jastimmen und einer Neinstimme, dass das vorhandene Fassadengrün (wilder Wein) an der Rückseite des Hauses entfernt werde und dass zukünftig die Entstehung jeglichen Fassadengrüns, im Hinblick auf den ungünstigen Kosten- und Nutzeneffekt und drohenden Streit mit den Nachbareigentümern, sofort unterbunden werden solle."
Der Beteiligte zu 1) hat beantragt, die Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären.
Das AG hat mit am 6.12.2002 verkündetem Beschluss den Antrag abgelehnt, weil es sich bei dem Anstrich der straßenseitigen Fassade (TOP 5) und die Entfernung des vorhandenen und die Unterbindung des Wuchses künftigen Fassadengrüns (wilder Wein) an der Rückseite des Hauses um mit Mehrheit zu beschließende Maßnahmen ordnungsgemäßer Verwaltung handele.
Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1) hat das LG nach Beweisaufnahme mit am 13.10.2004 verkündetem Beschluss zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Erstbeteiligte sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Die Beteiligten zu 2)-4) treten dem Rechtsmittel entgegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die gem. § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist zum Teil begründet, denn die Entscheidung des LG ist nicht in allen Punkten rechtlich beanstandungsfrei, § 27 FGG.
1. Das LG hat ausgeführt, das AG habe die Anträge auf Ungültigerklärung der Beschlüsse der Eigentümerversammlung zu TOP 5 und 6 v. 7.3.2002 zu Recht zurückgewiesen.
Die unter TOP 5 beschlossene Maßnahme habe wirksam mit Stimmenmehrheit beschlossen werden können; ein einstimmiger Beschluss bzw. eine Vereinbarung sei nicht notwendig.
Die Frage, ob eine Maßnahme noch als Instandsetzung oder Instandhaltung zu bewerten sei (und daher mit Mehrheit beschlossen werden könne) oder diese bereits eine darüber hinausgehende bauliche Veränderung oder Aufwendung i.S.d. § 22 Abs. 1 WEG darstelle (welche nur einstimmig beschlossen werden könnte), sei im Einzelfall unter Berücksichtigung verschiedener Kriterien zu beurteilen. Dabei sei allgemein anerkannt, dass sich der Begriff der Instandhaltung bzw. Instandsetzung nicht bloß auf die Erneuerung bzw. das Auswechseln bereits vorhandener Bauteile oder Einrichtungen beschränke, sondern bei der Ersatzbeschaffung die technische Weiterentwicklung und den verbesserten Standard unter Berücksichtigung einer vernünftigen Kosten-Nutzen-Analyse umfasse. Auch eine über die bloße Reproduktion des bisherigen Zustands hinausgehende bauliche Veränderung, die eine technisch bessere und wirtschaftlich sinnvollere Lösung zur Behebung eines Mangels darstellt, sei eine ordnungsgemäße Instandsetzung (OLG Düsseldorf v. 8.11.2002 - 3 Wx 258/02, OLGReport Düsseldorf 2003, 268 = NJW-RR 2003, 79; Bärmann/Pick/Merle, WEG, § 22 Rz. 24). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze habe die Gemeinschaft vorliegend eine Maßnahme der Instandsetzung der straßenseitigen Fassade des Gebäudes beschlossen. Soweit der Beteiligte zu 1 zunächst die technische Notwendigkeit einer Instandsetzungsmaßnahme als solcher bestritten habe, habe er hieran im Verlauf des Beschwerdeverfahrens nicht mehr festgehalten. Im Übrigen habe der Sachverständige D. überzeugend dargestellt, inwieweit die Fassade sanierungsbedürftig sei.
Weiterhin sei auch nicht zweifelhaft, dass der mit der Sanierung beschlossene Fassadenanstrich Bestandteil der Instandsetzung sei und keine gesonderte Maßnahme der Verschönerung darstelle, zumal die Gemeinschaft bislang eine konkrete Farbe nicht bestimmt habe. Insoweit habe bereits das AG zutreffend festgestellt, dass ein Fassadenanstrich nicht nur der Verschönerung eines Ge...