Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 22.06.2017; Aktenzeichen 269 F 233/16) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 22.06.2017 wird auf ihre, der Kindesmutter, Kosten zurückgewiesen.
II. Der Antrag der Kindesmutter auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.
III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die nach §§ 40 Abs. 2 IntFamRVG, 58 FamFG zulässige Beschwerde der Kindesmutter ist unbegründet.
Zu Recht hat das Amtsgericht gemäß Art. 12 Abs. 1, 2 des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung (HKÜ) die Rückführung des Kindes Iloy Hadj S. nach Frankreich angeordnet Das Beschwerdevorbringen der Kindesmutter rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
1. Zutreffend hat das Amtsgericht den gewöhnlichen Aufenthalt des Kindes seit Geburt bis zu seinem Verbringen nach Deutschland am 25.11.2015 in Frankreich gesehen.
Der gewöhnliche Aufenthalt einer Person ist der Ort des tatsächlichen Mittelpunkts der Lebensführung, das heißt derjenige Ort, an dem eine Person in beruflicher, familiärer und gesellschaftlicher Hinsicht den Schwerpunkt ihrer Bindungen hat. Dabei wird im Sinne einer Faustregel im Allgemeinen vom Erwerb eines gewöhnlichen Aufenthalts ausgegangen, wenn der Aufenthalt sechs Monate angedauert hat. Ein Aufenthalt wird aber dann schon früher zum gewöhnlichen Aufenthalt, wenn er von vornherein auf Dauer angelegt ist (BGH FamRZ 1981, 135). Hierbei kommt es bei einem Kleinkind auf den gemeinsamen objektiv erkennbaren Willen der Sorgerechtsinhaber zur dauerhaften Begründung des gewöhnlichen Aufenthaltes an (vgl. Henrich in Staudinger, BGB, Art. 4 HKÜ, D 35, m.w.N.); ein Säugling bzw. ein sehr kleines Kind teilt das soziale und familiäre Umfeld des Personenkreises, auf den es angewiesen ist (EuGH FamRZ 2011,617).
Nach diesem Maßstab ist das Amtsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass Iloy seinen gewöhnlichen Aufenthalt seit seiner Geburt in Paris/Frankreich hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat auf die umfassende und überzeugende Darstellung und Abwägung der Gesamtumstände in der amtsgerichtlichen Entscheidung Bezug. Auch der Senat geht davon aus, dass im Rahmen der Gesamtbewertung die Umstände im Zusammenhang mit der Anmietung der Wohnung in Paris von maßgeblicher Bedeutung sind. Der Mietvertrag führt neben dem Kindesvater ausdrücklich die Kindesmutter als Vertragspartei auf. Diese hat den insgesamt siebenseitigen Vertrag auf allen Seiten jeweils unten paraphiert, insbesondere auch auf der letzten Seite, so dass sie damit - unbeschadet des von ihr in Abrede gestellten vertraglichen Bindungswillens - nach außen für Dritte zweifelsfrei zu erkennen gegeben hat, dass sie zusammen mit dem Kindesvater und dem zum damaligen Zeitpunkt im Juni 2015 noch ungeborenen Kind gemeinsam in der Pariser Wohnung leben wollte. Es kann dabei dahinstehen, ob der Einwand der Kindesmutter zutreffend ist, dass sie den Mietvertrag nicht zusätzlich nochmals an der zur Unterschrift für den Mieter vorgesehenen Stelle unterschrieben hat. Denn der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Kindesmutter nach französischem Recht tatsächlich Vertragspartner des Mietvertrages geworden ist, weil es für die Frage der Bestimmung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Kindes ausreichend ist, dass die Paraphierung des Mietvertrages durch die Kindesmutter, der sie als Vertragspartei aufführt, nach außen keinen anderen Schluss darauf zulässt, als dass sie mit dem Kindesvater gemeinsam in der Wohnung in Paris leben wollte, und zwar - mangels dem entgegen stehender objektiver Anhaltspunkte - für längere Zeit als nur sechs Monate. Ob sich die Kindesmutter dabei insgeheim vorbehielt, gemeinsam mit dem Kind bald wieder nach Deutschland zurückzukehren, ist rechtlich unerheblich. Für die Feststellung des gewöhnlichen Aufenthaltes kommt es allein auf den gemeinsamen objektiv erkennbaren Willen der Sorgerechtsinhaber an, so dass ein geheimer Vorbehalt der Rückkehr in den Heimatstaat eines Elternteils unbeachtlich ist (vgl. Henrich in Staudinger, a.a.O.). Entscheidend ist somit, was von ihren - angeblichen - damaligen Vorstellungen die Kindesmutter tatsächlich hinreichend nach außen bekundet hat. Mit Blick auf den Abschiedsbrief, den sie dem Kindesvater hinterlassen hat, besteht indes kein Zweifel, dass die Kindesmutter damals nicht nur Dritte, sondern insbesondere auch den Kindesvater hat glauben lassen, mit diesem und dem Kind fortan in Paris leben zu wollen. Der Inhalt des Briefes lässt keinen anderen Schluss zu, als dass die Kindesmutter entgegen ihren jetzigen Behauptungen die Rückkehr nach Deutschland gerade nicht vorher mit dem Kindesvater besprochen hat, hätte sie diesem doch anderenfalls mit dem Abschiedsbrief nicht ihren neuen Aufenthaltsort mitteilen müssen und zugleich den Vorwurf gemacht, dass sie mehrere Wochen vergeblich auf ein G...