Leitsatz (amtlich)
Das Gericht kann gemäß § 1684 Abs. 3 Sätze 3 und 4 BGB die Anwesenheit des Umgangspflegers bei der Durchführung der Umgangskontakte anordnen, wenn dies notwendig ist, damit der Umgangspfleger seine Aufgaben sachgerecht wahrnehmen kann. Dies kommt insbesondere in Betracht, wenn die Kontakte wegen tiefer Zerrüttung der von Misstrauen geprägten Elternbeziehung und wegen der massiven Vorbehalte und Befürchtungen des hauptsächlich betreuenden Elternteils gegenüber dem Umgangselternteil ohne Anwesenheit eines vermittelnden Dritten noch nicht in einer dem Kindeswohl entsprechenden Weise durchführbar erscheinen.
Normenkette
BGB § 1684 Abs. 3-4
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 268 F 90/19) |
Tenor
I. Die Rechtsmittel der Kindeseltern gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 10.07.2019 werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kindesmutter und der Kindesvater ihre eigenen außergerichtlichen Kosten jeweils selbst und die übrigen Kosten je zur Hälfte.
II. Dem Kindesvater wird für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
III. Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Kindeseltern sind getrennt lebende Eheleute. Sie haben 2012 geheiratet. Die Familie lebte zunächst in Italien und ab September 2016 in D. Am 30.08.2017 kam es zur Trennung der Kindeseltern. Die Kindesmutter zog mit M. aus der Ehewohnung aus und mit diesem zurück nach Italien. Im Rahmen eines vom Kindesvater eingeleiteten HKÜ-Verfahrens wurde M. im April 2018 nach Deutschland zurückgeführt. Seither lebt der Junge bei dem Kindesvater in D., wo zwischenzeitlich auch die Kindesmutter ihren Wohnsitz genommen hat. Aufgrund familiengerichtlich gebilligter Vereinbarung vom 18.09.2018 (Az. 268 F 105/18) haben in der Zeit vom 15.01.2019 bis zum 11.06.2019 vom Kinderschutzbund begleitete Umgangskontakte des Kindes mit der Kindesmutter stattgefunden.
Die Kindesmutter hat eine Umgangsregelung dahin begehrt, dass sie den Jungen jeden Mittwoch nach Kindergartenschluss bis um 18 Uhr und jeden Samstag von 10 Uhr bis 18 Uhr zu sich nimmt. Der Kindesvater ist dem entgegengetreten und hat eingewandt, es bestehe die Gefahr, dass die Kindesmutter das Kind erneut nach Italien entführe, weshalb allenfalls begleiteter Umgang dem Kindeswohl entspreche.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.07.2019 hat das Amtsgericht geregelt, dass die Kindesmutter in der Zeit vom 01.08.2019 bis zum 31.10.2019 an jedem Samstag von 14 Uhr bis 18 Uhr Umgang mit M. hat. Zugleich hat das Amtsgericht eine Umgangspflegschaft angeordnet, Herrn D. zum Umgangspfleger bestellt und bestimmt, dass der Umgangspfleger den Umgang während der gesamten Umgangszeit begleitet. Zur Begründung hat das Amtsgericht darauf verwiesen, dass die Kindesmutter das Kind in einer für dieses traumatischen Entführungshandlung nach Italien verbracht habe. Der Kindesmutter könne nicht in dem Sinne vertraut werden, dass es nicht zu einer Wiederholungstat kommen werde und unbegleiteter Umgang stattfinden könne. Denn die Kindesmutter stelle den Lebensmittelpunkt des Kindes beim Kindesvater infrage. Sie habe in Deutschland keine erkennbaren Bindungen außer derjenigen zu ihrem Sohn, spreche kein Deutsch, habe in Italien erwachsene Kinder sowie weitere Familie und in D. lediglich einen befristeten Mietvertrag abgeschlossen.
Die Kindesmutter verfolgt mit ihrer Beschwerde ihr erstinstanzliches Umgangsbegehren weiter und macht geltend, es fehlten - insbesondere mit Blick auf die nicht durchgeführte Kindesanhörung - tragfähige Feststellungen zu der Annahme des Amtsgerichts, dass die Verbringung des Kindes nach Italien für dieses ein traumatisches Ereignis gewesen sei. Es treffe nicht zu, dass sie, die Kindesmutter, nicht die Vorstellung aufgegeben habe, mit dem Kind nach Italien zu ziehen. Wegen ihrer wirtschaftlichen Situation habe sie nur einen befristeten Mietvertrag eingehen können. Das Aufenthaltsbestimmungsrecht für Matteo strebe sie berechtigterweise an. Das Kind habe ein Verlangen nach ihr.
Der Kindesvater begehrt mit seiner - ausschließlich beim Oberlandesgericht eingereichten - Beschwerde eine Beschränkung des Umgangs auf vom Kinderschutzbund begleitete Kontakte und trägt vor, die Perspektive des Umgangs mit der Kindesmutter löse bei dem Jungen ungeahnte psychische Reaktionen bis hin zu Erbrechen aus. Er, der Kindesvater, selbst sei durch die Entführung des Kindes psychisch beeinträchtigt. M. habe anlässlich des ersten festgelegten Umgangstermins den Kontakt mit der Kindesmutter verweigert. Die Ausübung von Zwang auf den Jungen zur Durchsetzung des Umgangs sei abzulehnen.
II. Die Rechtsmittel haben keinen Erfolg. Die zulässige Beschwerde der Kindesmutter erweist sich als ebenso unbegründet wie das aufgrund Einlegung ausschließlich beim Oberlandesgericht gemäß §§ 64 Abs. 1 Satz 1, 63 Abs. 1 FamFG als Beschwerde unzulässige, aber als Anschlussbeschwerde zulässige und daher als solche auszulegen...