Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsanwaltshaftung wegen fehlenden Sachvortrages zur Unterhaltsbegrenzung
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Grundsatz des sichersten Weges hat der Rechtsanwalt in einem Rechtsstreit um nachehelichen Unterhalt die in Betracht kommende Begrenzung des Anspruchs vorzutragen, auch wenn das Gericht dies ohnehin auf Grund des Klageabweisungsantrags des Rechtsanwalts zu erwägen hat.
2. Auf den Unterhalt wegen Krankheit ist die Befristungsmöglichkeit nach § 1573 Abs. 5 BGB nicht anzuwenden.
3. Der Mandant hat im Regressprozess zur Begründung seines Schadens sämtliche Umstände darzulegen, die im Ausgangsprozess gem. § 1578 Abs. 1 S. 2 BGB vorzutragen waren und zu einer Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs geführt hätten.
Normenkette
BGB §§ 675, 611, 280, 1573 Abs. 5, § 1578 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 3 O 589/05) |
Tenor
I. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gem. § 522 Abs. 2 ZPO im Beschlussverfahren zurückzuweisen. Der Kläger erhält Gelegenheit, zu den Gründen binnen einer Frist von zwei Wochen schriftsätzlich Stellung zu nehmen.
II. Der Kläger wird ferner darauf hingewiesen, dass er entgegen der Auflage in Ziff. 6. der prozessleitenden Verfügung vom 14.4.2008 einen ordnungsgemäßen Berufungsantrag noch nicht formuliert hat.
III. Der für den 2.12.2008 vorgesehene Verhandlungstermin entfällt
IV. Der Senat weist darauf hin, dass die Berufungsrücknahme vor Erlass einer Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO kostenrechtlich privilegiert ist.
Gründe
I. Die Berufung des Klägers hat keine Aussicht auf Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das LG die Klage abgewiesen. Das Berufungsvorbringen vermag eine für den Kläger günstigere Entscheidung nicht zu rechtfertigen. Unter keinem Gesichtspunkt steht dem Kläger gegen den Beklagten aus § 280 Abs. 1 BGB ein Schadensersatzanspruch wegen schuldhafter Verletzung seiner Pflichten aus dem Anwaltsdienstvertrag (§§ 675, 611 BGB) der Parteien zu.
1. Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, er sei von dem Beklagten nicht hinreichend über die von der Rechtsprechung entwickelten Anforderungen an die Erwerbsbemühungen eines Unterhaltsschuldners belehrt worden.
a) Allerdings ist der Rechtsanwalt kraft des Anwaltsvertrags in den Grenzen des ihm erteilten Mandats (BGH MDR 1998, 1378; MDR 1996, 2648 f.; Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, 2. Aufl., Rz. 665) verpflichtet, die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung und umfassend wahrzunehmen und Schädigungen seines Auftraggebers, mag deren Möglichkeit auch nur von einem Rechtskundigen vorausgesehen werden können, zu vermeiden. Soweit der Mandant nicht eindeutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt grundsätzlich zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung des Auftraggebers verpflichtet. In den Grenzen des Mandats hat er dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziele zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 1996, 1824; WM 2006, 927; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560). Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen ("Weichenstellungen") in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör in Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rz. 558).
b) Gleichwohl hat der Mandant den Beweis für ein etwaiges pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts zu führen, und zwar auch, soweit es dabei um negative Tatsachen geht (BGH NJW 1987, 1322; NJW 1993, 1139; VersR 2007, 393; NJW 2007, 2485). Für den Beweis negativer Tatsachen ändert sich an den allgemeinen Beweisregeln nichts. Auch der Charakter der Rechtsbeziehungen zwischen dem Mandanten und dem Anwalt als Vertrauensverhältnis verlangt keine Umkehr der Beweislast. Die Beweisschwierigkeit ist dadurch zu beheben, dass der Anwalt nach Lage des Falles die Behauptung unterlassener Belehrung substantiiert bestreiten und der Mandant die Unrichtigkeit der Gegendarstellung beweisen muss. Der Rechtsanwalt darf sich deswegen nicht damit begnügen, ganz allgemein zu behaupten, er habe den Mandanten ausreichend unterrichtet. Vielmehr muss er den Gang der Besprechung im Einzelnen schildern, insbesondere konkrete Angaben dazu machen, welche Belehrungen und Ratschläge er erteilt und wie der Mandant darauf reagiert hat (BGHZ 126, 217; OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2005, 602; Zugehör/Fischer, Hand...