Leitsatz (amtlich)
1. Zur Geltendmachung der Vergütungsansprüche eines Nachlasspflegers bei einem vermögenden Nachlass auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben
2. Eine (nach Aufhebung der Nachlasspflegschaft) zwischen Erbe und Nachlasspfleger getroffene Abrede, wonach der Erbe der gerichtlichen Festsetzung einer angemessenen Vergütung nicht entgegentrete, ist wirksam und kann im Festsetzungsverfahren nach § 168 Abs. 1 Satz 1 FamFG zu berücksichtigen sein, mit der Folge, dass das Nachlassgericht berechtigt ist, zugunsten des Nachlasspflegers, der die Pflegschaft berufsmäßig geführt hat, eine Ermessensvergütung nach § 1836 Abs. 2 BGB festzusetzen.
Normenkette
VBVG 1962 § 2 S. 1 Hs. 1; BGB §§ 242, 1836 Abs. 1 S. 2, § 1836 S. 3, § 1836 Abs. 2, § 1915 Abs. 1 S. 1, § 1915 S. 2, § 1962; FamFG § 168 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Erkelenz (Aktenzeichen 11 VI 244/07) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst.
Die dem Beteiligten zu 1. aus dem Nachlass zu zahlende Vergütung wird - einschließlich Umsatzsteuer - auf 13.090 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird der Vergütungsfestsetzungsantrag des Beteiligten zu 1. vom 26.7.2010 zurückgewiesen.
Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens haben der Beteiligte zu 1. 13 % und die Beteiligte zu 2. 87 % zu tragen.
Geschäftswert: 15.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligte zu 2. war die Ehefrau des Erblassers, der einen Adoptivsohn hatte. Mit jeweils notariell beurkundeten Testamenten setzte der Erblasser 2004 zu seiner alleinigen Erbin - unter Anordnung geringfügiger Vermächtnisse für seine Schwester und deren Tochter - die Beteiligte zu 2. ein, 2005 hingegen - ohne weitere Bestimmungen - seine Schwester und seine Nichte zu gleichen Teilen. Im Erbscheinsverfahren stritten die Beteiligte zu 2. als Antragstellerin auf der einen und die Schwester sowie die Nichte des Erblassers auf der anderen Seite über die Wirksamkeit der Rücknahme des Testaments von 2004 aus der amtlichen Verwahrung sowie der Errichtung des Testaments 2005 unter dem Gesichtspunkt einer Testierunfähigkeit des Erblassers. Das Verfahren wurde vergleichsweise beendet. Die von den beiden Verfahrensbevollmächtigten unterzeichneten, umfangreichen Regelungen sahen u.a. vor, dass die hiesige Beteiligte zu 2. einerseits und die Schwester sowie die Nichte des Erblassers andererseits je die Hälfte des Nachlasses erhalten sollten, jedoch der Beteiligten zu 2. zu Händen ihres Verfahrensbevollmächtigten ein sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweisender Erbschein erteilt werden sollte. Letzteres erfolgte unter dem 5.3.2009.
Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 16.7.2007 beantragte die Beteiligte zu 2. die Anordnung einer Nachlasspflegschaft. Zur Begründung führte sie unter Hinweis auf das Testament von 2005 u.a. aus, sie beabsichtige, ohne hiermit auf die ihr etwa zukommende Stellung als Erbin zu verzichten, den ihr zustehenden Pflichtteilsanspruch geltend zu machen, und müsse Wert darauf legen, möglichst bald zumindest über Teile der Erbschaft verfügen zu können, auch zur Begleichung von Nachlassverbindlichkeiten; sie befürchte, dass die Klärung der Rechtslage geraume Zeit in Anspruch nehmen werde. Der Antrag schloss mit den Ausführungen:
"Was die Person des Nachlasspflegers anbetrifft, weisen wir ausdrücklich darauf hin, dass die Betreuerin des Verstorbenen, Rechtsanwältin ..., hierfür ausscheidet, da sie sich einer ausgesprochen feindseligen Haltung gegenüber der Antragstellerin, u.a. gerichtlich ausgetragene Rechtsstreitigkeiten, befleißigt hat.
Es wird gebeten, einen dem Nachlassgericht bekannten und zuverlässigen Rechtsanwalt aus dem Düsseldorfer oder Neusser Raum, da der Verstorbene hier seinen Lebensmittelpunkt hatte, als Nachlasspfleger auszuwählen und vorab mitzuteilen, wer als solcher in Betracht kommt."
Daraufhin ordnete das Nachlassgericht mit Beschluss vom 31.7.2007 Nachlasspfleg-schaft an und bestellte den Beteiligten zu 1. zum Nachlasspfleger mit den Wirkungskrei-sen der Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie der Ermittlung der Erben. Die Bestellungsurkunde wurde dem Beteiligten zu 1. im Termin vor dem Rechtspfleger vom 3.8.2007 ausgehändigt. Mit Schriftsatz vom 28.4.2009 reichte der Beteiligte zu 1. seine Bestellungsurkunde zurück und bat um Aufhebung der Nachlasspflegschaft. Diese Aufhebung sprach das Nachlassgericht mit der Begründung, die Erben seien ermittelt und ein Erbschein sei erteilt, durch Beschluss vom 7.5.2009 aus. Unter dem 22.9.2009 erklärte die Beteiligte zu 2., die Schlussabrechnung des Nachlasspflegers erkenne sie als richtig und vollständig an und erteile unter Verzicht auf eine förmliche Schlussabrechnung dem Nachlasspfleger und dem Nachlassgericht Entlastung. In einem durch Rechtsbehelf der Beteiligten zu 2. gegen einen Kostenansatz eingeleiteten Verfahren vor dem Nachlassgericht stellte dieses mit Beschluss vom 30.8.2010 den Wert des Nachlasses des Erblassers mit rund 733.000 EUR und denjenigen des reinen Nachlasses ...