Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen - bezeichnet als Brüssel I-VO (ehemals EuGVVO) Art. 32 ff., 33; 38 Abs. 1, 43 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2; AVAG in seiner bis zum 09. Januar 2015 gültigen Fassung §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1; Rumänische Zivilprozessordnung (Rum. ZPO) Art. 405, 696 ff., 705 ff.; Rum. Verjährungsdekret Nr. 167/1958
Leitsatz (amtlich)
1. Das Verfahren über die Vollstreckbarerklärung durch Klauselerteilung (Art. 38 Abs. 1 Brüssel I-VO) setzt u. a. voraus, dass der betreffende Titel nach dem Recht des Erststaates (noch) vollstreckbar ist.
2. Der Ablauf der nach rumänischem Recht vorgesehenen allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren führt zum Fortfall der Vollstreckbarkeit des Titels im Sinne von Art. 38 Abs. 1 Brüssel I-VO und damit zum Erlöschen des Rechts des Gläubigers, die Vollstreckung zu verlangen, mit der Folge, dass jedwede Vollstreckungshandlung zu verweigern ist; die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Verjährung eines Vollstreckungstitels obliegt dem Gerichtsvollzieher, der in Rumänien eine einem Notar vergleichbare Rechtsstellung inne hat, bzw. dem Vollstreckungsgericht.
3. Der Einwand der Verjährung des Rechts auf Zwangsvollstreckung, der sich nicht gegen den titulierten Anspruch selbst, sondern gegen die Vollstreckung des Titels richtet, ohne dass dieser in der Sache nachgeprüft wird, ist im Exequaturverfahren statthaft.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 22 O 108/17) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragsgegners vom 16. August 2018 wird der Beschluss des Vorsitzenden Richters der 22. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 19. Juni 2018 geändert.
Der Antrag des Antragstellers, das Zivilurteil des Amtsgerichts Pascani (Rumänien) vom 18. Juni 2010 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Gründe
I. Durch Zivilurteil des Amtsgerichts Pascani (Rumänien) vom 18. Juni 2010 (Aktenzeichen Nr. 3275/866/2009) wurde der Antragsgegner zur Zahlung von 15.000,- EUR und zur Erstattung von Gerichtskosten in Höhe von 5.916 LEI an den Antragsteller verurteilt. Das Urteil ist gemäß Zivilentscheidung Nr. 2560/02.12.2010 des Gerichtshofs Iasi rechtskräftig und unwiderruflich. Mit weiterem Urteil vom 04. Mai 2011 (Aktenzeichen Nr. 2012/866/2011) erklärte das Amtsgericht Pascani sein Urteil vom 18. Juni 2010 als vollstreckbar.
Auf das Gesuch des Antragstellers vom 27. Oktober 2017 hat das Landgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 19. Juni 2018 antragsgemäß angeordnet, das Zivilurteil des Amtsgerichts Pascani vom 18. Juni 2010 mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Gegen den ihm am 26. Juli 2018 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner mit Schreiben vom 16. August 2018, eingegangen bei Gericht am 20. August 2018, Rechtsmittel eingelegt. Er hat im Wesentlichen geltend gemacht, das Recht zur Zwangsvollstreckung sei verjährt. Der Antragsteller habe bereits in Rumänien mit der Vollstreckung begonnen und am 14. Januar 2015 habe der Gerichtsvollzieher festgestellt, dass die Zwangsvollstreckung verfallen sei.
Der Antragsteller ist dem entgegen getreten und meint, durch die von ihm in Rumänien mehrfach ergriffenen Vollstreckungsversuche sei die Verjährung unterbrochen worden. Überdies habe er Strafantrag gegen den Antragsgegner gestellt, was ebenfalls zu einer Unterbrechung der Verjährung führe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.
II. Auf das vorliegende Verfahren sind noch die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen
- bezeichnet als Brüssel I-VO, ehemals EuGVVO - sowie die Vorschriften des AVAG in seiner bis zum 09. Januar 2015 gültigen Fassung anwendbar. Die heute geltende Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 - bezeichnet als Brüssel Ia-VO - ist nach deren Art. 66 Abs. 2 nicht anwendbar auf Vollstreckungstitel, die in gerichtlichen Verfahren, die vor dem 10. Januar 2015 eingeleitet wurden, erlassen bzw. geschaffen wurden oder noch werden.
Das vom Antragsgegner mit Schreiben vom 16. August 2018 erhobene Rechtsmittel ist als Beschwerde gemäß Art. 43 Abs. 1 und Abs. 5 Satz 1 Brüssel I-VO in Verbindung mit § 11 Abs. AVAG statthaft sowie formgerecht eingelegt und innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist bei Gericht am 20. August 2018 eingegangen.
Auch in der Sache hat seine Beschwerde Erfolg.
Die Rechtmäßigkeit der Erteilung der Vollstreckungsklausel für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beurteilt sich nach den Vorschriften der Art. 32 ff. Brüssel I-VO.
Nach Art. 33 Brüssel I-VO werden Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Die Vollstreckbarerklärung darf vom Senat al...