Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf familiengerichtliche Übertragung der Entscheidung über den Zeitpunkt der Taufe nach § 1628 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Aufgrund des dem § 1628 BGB immanenten Subsidiaritätsgedanken setzt die familiengerichtliche Übertragung der Entscheidungsbefugnis über eine sorgerechtliche Angelegenheit von erheblicher Bedeutung vorangegangene ernsthafte - erfolglos gebliebene - Verständigungs- und Einigungsbemühungen zwischen den Elternteilen unter Ausschöpfung der Beratungsmöglichkeiten durch das Jugendamtes nach §§ 16, 17 SGB VIII voraus.

 

Normenkette

BGB §§ 1627-1628

 

Verfahrensgang

AG Kleve (Aktenzeichen 19 F 284/19)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kleve vom 29.11.2019 wird zurückgewiesen.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I) Die Antragstellerin und Kindesmutter wendet sich mit ihrem Rechtsmittel gegen den Beschluss, mit dem das Amtsgericht ihr Verfahrenskostenhilfe für einen gegen den Kindesvater gerichteten Antrag versagt hat, ihr die Befugnis zur Beantragung der Taufe für das Kind J., geboren am 06.12.20.., zu übertragen.

Die Beteiligten sind seit dem 16.02.2018 (durch den Auszug der Antragstellerin mit den Kindern aus der vormalig gemeinsamen ehelichen Wohnung) getrennt lebende Eheleute und Eltern der am 05.09.20.. geborenen L und der am 06.12.20.. geborenen J. Sie sind weiter gemeinsam sorgeberechtigt und haben unter Hinzuziehung des Jugendamtes der Stadt Goch eine Vereinbarung über den Umgang des Antragsgegners mit den bei der Antragstellerin lebenden Kindern getroffen.

Die Antragstellerin möchte J taufen lassen, wie es auch schon mit im Einverständnis des Kindesvaters geschehen ist. Die von der Antragstellerin anlässlich von Kindesübergaben an den Antragsgegner gerichtete Bitte, ihr schriftlich sein Einverständnis mit einer Taufe von J zu erteilen, blieb ebenso wie ein entsprechendes anwaltliches Schreiben der Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin erfolglos.

Der Antragsteller hat sowohl in der vorgerichtlichen Korrespondenz als auch schriftsätzlich im vorliegenden Verfahren vorgetragen, dass grundsätzlich Einverständnis mit einer Taufe von J bestehe, es aber zur Abstimmung eines Termins mit ihm kommen müsse, da der Zeitpunkt der Taufe nicht allein von der Antragstellerin bestimmt und gewählt werden dürfe. Eine solche Abstimmung habe es bislang noch nicht gegeben.

Das Amtsgericht hat den Antrag der Antragstellerin, ihr für das von ihr eingeleitete Verfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen mit dem angefochtenen Beschluss vom 29.11.2019 unter Hinweis auf nicht hinreichende Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung zurückgewiesen. Diese Entscheidung hat es damit begründet, dass der Antragstellerin die begehrte Entscheidungsbefugnis nicht aufgrund § 1628 BGB, § 7 RerzG zu. Die Parteien seien sich darüber einig, dass das Kind getauft werden solle. Die Bestimmung eines konkreten Tauftermins sei indessen keine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung für das Kind und somit von den Eltern und nicht durch das Gericht zu entscheiden. Eine dem religiösen Bekenntnis entsprechende Erziehung sei auch ohne Durchführung des Sakraments ebenso möglich wie der Besuch eines konfessionell ausgerichteten Kindergartens. Solange der Antragsgegner die vorgetragenen Gründe nicht zum Anlass nehme, die Durchführung der Taufe auf unbestimmte Zeit zu verhindern, sei der Tauftermin von den Parteien gemeinsam zu finden.

Mit ihrer hiergegen frist- und formgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde trägt die Antragstellerin vor, der Antragsgegner wolle den Termin der Taufe von seinem eigenen Harmonieverständnis der elterlichen Beziehung abhängig machen, und damit auch davon, dass die Kindesmutter sich seinen - des Kindesvaters - Wünschen genehm verhalte. Der Antragsgegner verteidigt die angefochtene Entscheidung und trägt hierzu vor, die Kindesmutter nehme sich das Recht heraus, allein zu entscheiden, wann ein geeigneter Zeitpunkt für eine Taufe sei. Jedoch müssten sich die Kindeseltern gemeinsam auf einen Tauftermin einigen. Das Amtsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II) Die gemäß § 76 Abs. 2 FamFG, 127 Abs. 2-4 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige (vgl. §§ 567 ff ZPO) sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist in der Sache unbegründet. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Amtsgericht der Antragstellerin keine Verfahrenskostenhilfe gewährt, da es an der hierfür erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, für die Verfahrenskostenhilfe begehrt wird, fehlt (§§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Voraussetzungen für die Übertragung der Entscheidung über den Zeitpunkt der Taufe auf die Kindesmutter nach § 1628 BGB liegen nicht vor.

Nach § 1628 BGB kann das Gericht die Entscheidungsbefugnis über eine Angelegenheit der elterlichen Sorge, deren Regelung für das Kind von erheblicher B...

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