Leitsatz (amtlich)
Die mündliche Aufhebung einer qualifizierten Schriftformklausel setzt eine Einigung der Parteien darüber voraus, dass diese Klausel des Mietvertrages abgeändert werden soll.
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 6 O 249/08) |
Tenor
Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Der Beklagten wird Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.
Der für den 15. Dezember 2009 geplante Senatstermin findet nicht statt
Gründe
Die Berufung der Beklagten hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Urteil des Landgerichts ist zutreffend. Das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 19. Mai 2009 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung.
I.
Die Klägerin hat Anspruch auf Herausgabe des streitgegenständlichen Mietobjekts, § 546 Abs. 1 BGB. Denn das Mietverhältnis wurde durch die vertragsgemäße Kündigung der Klägerin beendet.
1.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis über die Räumlichkeiten auf dem Hauptbahnhof in D. hat jedenfalls durch die mit Schreiben vom 10. Januar 2008 erklärte ordentliche Kündigung der Klägerin zum 30. September 2008 sein Ende gefunden. Es kann deshalb - wovon auch das Landgericht zutreffend ausgegangen ist - dahinstehen, ob das Vertragsverhältnis bereits zu einem früheren Zeitpunkt beendet war. Die dahingehenden Ausführungen werden von der Beklagten mit der Berufung auch nicht angegriffen.
2.
Das Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses wurde zwischen den Parteien nicht abbedungen. Das dahingehende Vorbringen der Beklagten ist unschlüssig.
Weder dem erstinstanzlichen Vorbringen noch den Darlegungen der Beklagten in der Berufungsinstanz lässt sich entnehmen, wer auf Seiten der Klägerin im Jahr 2004 die bestrittene Zusicherung, das Kündigungsrecht solle zukünftig nur aus wichtigem Grund ausgeübt werden, abgegeben haben soll. Die Klägerin ist eine juristische Person mit einer Vielzahl von Mitarbeitern. Aus der vorgelegten Vollmacht vom 16. März 2007 geht beispielsweise hervor, dass 24 Mitarbeiter berechtigt sind (dies jedenfalls im Jahr 2007 waren), zweckdienliche Erklärungen im Zusammenhang mit Mietverhältnissen der Klägerin abzugeben. Es bleibt deshalb völlig offen, wer auf Seiten der Klägerin die vertragsändernden Erklärungen abgegeben haben soll. Des Weiteren lässt das Vorbringen der Beklagten Einzelheiten dazu vermissen, wann im Jahr 2004 und bei welcher Gelegenheit das streitige Gespräch stattgefunden haben soll. Aufgrund des unschlüssigen Vorbringens ist es der Klägerin nicht möglich, eine dezidierte Stellungnahme zu den Vorgängen abzugeben. Eine Vernehmung des Zeugen M. scheidet zudem deshalb aus, weil sie auf eine prozessual unzulässige Ausforschung hinaus liefe (vgl. hierzu auch Zöller/Greger, ZPO, 27.Auflage, Vor § 284 Rn. 5 f. m.w.N.).
Selbst wenn man das Vorbringen der Beklagten als schlüssig und zutreffend unterstellt, kann von einem formwirksamen Verzicht der Klägerin auf das Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages auch deshalb nicht ausgegangen werden, weil die in § 29 Nr. 1 des Mietvertrages vom 6./9. März 1998, auf welchen in dem zwischen den Parteien vereinbarten Nachtrag vom 27. Februar 2003 Bezug genommen wird, vereinbarte qualifizierte Schriftformklausel nicht eingehalten wurde. Die behauptete Vereinbarung ist deshalb gemäß § 125 S. 2 BGB als formnichtig zu erachten.
Durch die behauptete mündliche Vereinbarung wurde die Schriftformklausel auch nicht formfrei aufgehoben. Dass die formfreie Absprache gelten soll, muss klar erkennbar sein, wenn nicht der Zweck der Schriftformvereinbarung, immer Klarheit über den Vertragsinhalt zu haben, völlig ausgehöhlt werden soll (vgl. BGHZ 66, 378 (381 f.); OLG Koblenz, Urteil vom 8. November 2004, Az. 12 U 244/03, zitiert nach Juris). Insbesondere die Klägerin als Vermieterin einer Vielzahl von Objekten hat ein erhebliches Interesse daran, vertragsändernde Vereinbarungen auch schriftlich zu fixieren. Zudem setzt die Aufhebung des Schriftformerfordernisses zumindest eine Einigung der Parteien darüber voraus, dass die Schriftformklausel des Mietvertrages abgeändert werden soll (BGH NJW-RR 1991, 1289; BFH NJW 1997, 1327; Senat NZM 2006, 262 f.; OLG Brandenburg, Urteil vom 4. Juli 2007, Az. 3 U 186/06, zitiert nach Juris; Palandt/Ellenberger, BGB, 68. Auflage, § 125 Rn. 19). Eine solche Einigung ist nicht ersichtlich und nicht dargetan. Es ist nicht erkennbar, dass der Mitarbeiter der Klägerin, wer es auch gewesen sein mochte und ob er dazu überhaupt bevollmächtigt war, überhaupt ein entsprechendes rechtsgeschäftliches Erklärungsbewusstsein hatte.
Im Übrigen ist der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts auf Dauer nicht mit § 550 BGB vereinbar. Denn die Parteien hatten diesen wesentlichen Vertragsteil neu geregelt, ohne die dafür nötige Schriftform zu wahren. Demzufolge wäre der Vertrag nunmehr auf unbestimmte Zeit geschlossen und mit gesetzlicher Frist kündbar. Dem hat die Klägerin genügt.
3.
Die Kündigung de...