Leitsatz (amtlich)
OWiG §§ 47 Abs. 2 S.3, 81 Abs. 1, 84 Abs. 2,
StPO §§ 206a, 264 Abs. 1. 349 Abs.4, 354 Abs.1,
GG Art. 103 Abs. 3
Leitsätze
1.
Die Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG führt grundsätzlich zu einem Strafklageverbrauch für ein nachfolgendes Strafverfahren wegen derselben Tat.
2.
Tritt das Verfahrenshindernis vor Erlass des angefochtenen Urteils ein, ist dieses im Revisionsverfahren nach § 349 Abs. 4 StPO aufzuheben und das Verfahren nach § 354 Abs. 1 StPO einzustellen.
Oberlandesgericht Düsseldorf, 3. Strafsenat
Beschluss vom 20. März 2012 - III 3 RVs 28/12
Tenor
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben; das Verfahren wird eingestellt.
Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten werden der Staatskasse auferlegt.
Gründe
I.
Dem vorliegenden Strafverfahren wegen Beleidigung liegt ein Strafantrag des Dienstvorgesetzten des Zeugen R. - Bediensteter der Stadt R. - zugrunde. Der geschädigte Mitarbeiter des Ordnungsamtes zeigte schriftlich an, er habe am 31. Oktober 2008 von 13.08 bis 14.45 Uhr in der Sch. eine Geschwindigkeitsüberwachung durchgeführt. Gegen 14.31 Uhr sei ein Lieferwagen der Marke Opel mit dem amtlichen Kennzeichen R… an dem Messwagen vorbeigefahren. Dieses Fahrzeug habe ca. drei bis vier Meter davor komplett auf dem Gehweg im absoluten Halteverbot gehalten. Da es sich an dieser Stelle um einen Schulweg handele, habe er den Fahrer auf sein Fehlverhalten angesprochen und gebeten, das Fahrzeug woanders zu parken. Darauf habe dieser geantwortet: "Wen stört das und was geht dich das an, ich muss liefern." Daraufhin habe er - der Geschädigte - von dem Fahrzeug Fotos gefertigt und eine Mitteilungskarte ausgefüllt. Als er die Karte an dem Lieferwagen festklemmen wollte, sei der Fahrer zurückgekommen. Er habe diesem die Karte überreicht. Der Fahrer habe kurz darauf geschaut und gesagt: "Was soll ich damit, Arschloch", die Karte auf den Boden geworfen und sei dann zu seinem Fahrzeug gegangen. Dabei habe der Fahrer sich mehrfach zu ihm umgedreht und noch drei- bis viermal Arschloch gerufen.
Das inhaltsgleiche Schreiben leitete der Zeuge R. der Oberbürgermeisterin der Stadt R. zu. Unter dem 3. November 2008 versandte diese eine Verwarnung wegen Parkens im absoluten Halteverbot. Der Angeklagte zahlte das Verwarngeld in Höhe von 25 Euro, womit dieses Verfahren abgeschlossen war. Desweiteren erließ die Oberbürgermeisterin unter dem 12. Dezember 2008 wegen Verschmutzung einer Straße durch Wegwerfen von Papier (Verstoß gegen § 3 Abs. 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Nr. 2 der Ordnungs- und Sicherheitsverordnung der Stadt R.) einen Bußgeldbescheid über 30 Euro. Dagegen legte der Angeklagte Einspruch ein. In dem Hauptverhandlungstermin vom 27. März 2009 stellte das Amtsgericht das Verfahren (523 Js 58/09 OWi) nach § 47 Abs. 2 OWiG ein. Unter dem 27. Oktober 2009 legte die Staatsanwaltschaft Beschwerde ein mit dem Antrag, den Einstellungsbeschluss aufzuheben und das Ordnungswidrigkeitenverfahren gemäß § 81 OWiG in ein Strafverfahren überzuleiten. Das Landgericht Wuppertal verwarf das Rechtsmittel durch Beschluss vom 9. April 2010 als unbegründet. Die Strafkammer führte aus, der Bußgeldrichter sei nicht gehalten gewesen, wegen des aus der Akte ersichtlichen Vorwurfs der Beleidigung das Bußgeldverfahren in ein Strafverfahren überzuleiten. Denn die Staatsanwaltschaft Wuppertal habe wegen des Vorwurfs der Beleidigung bereits ein gesondertes Ermittlungsverfahren eingeleitet gehabt, in welchem am 16. März 2009 - kurz nach Beendigung des Bußgeldverfahrens - ein Strafbefehl ergangen sei. Dem Betroffenen sei seit Anfang Februar 2009 bekannt gewesen, dass die Staatsanwaltschaft das Bußgeldverfahren wegen Umweltverschmutzung und das Strafverfahren wegen Beleidigung verfahrenstechnisch getrennt betreibe. Da der Betroffene dies gewusst habe, erscheine ein Strafklageverbrauch zweifelhaft. Denn er habe erkannt, dass sich die Einstellung nur auf den Vorwurf der Ordnungswidrigkeit bezog und die Straftat separat verfolgt werde.
Bei dem vorerwähnten Strafbefehl handelt es sich um den, durch welchen im vorliegenden Verfahren wegen Beleidigung eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je 40 Euro gegen den Angeklagten festgesetzt wurde. Dagegen legte dieser Einspruch ein, worauf das Amtsgericht Termin zur Hauptverhandlung auf den 26. August 2009 bestimmte. In diesem stellte es das Verfahren durch Urteil gemäß §§ 260 Abs. 3, 206a StPO wegen des Verfahrenshindernisses der anderweitigen Rechtshängigkeit (Bußgeldverfahren StA Wuppertal 523 Js 58/09) ein. Gegen das Einstellungsurteil legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Auf die Berufung der Staatsanwaltschaft hob das Landgericht das amtsgerichtliche Urteil auf und verurteilte den Angeklagten wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 30 Euro.
Dagegen richtet sich die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
II.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur E...