Leitsatz (amtlich)
Wer bei scheinbar überschuldetem Nachlass die Ausschlagung der Erbschaft ohne Rücksicht auf den Berufungsgrund ("aus welchen Gründen ich zur Erbschaft berufen bin") und ungeachtet der Höhe (gleichgültig "wie hoch mein Erbteil ist") erklärt, kann im Falle nachträglich sich erweisender Werthaltigkeit des Nachlasses seine Ausschlagungserklärung nicht mit der Begründung anfechten, er habe sich seinerzeit über den Nachlasswert geirrt.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 27.05.2004; Aktenzeichen 25 T 188/04) |
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 93a VI 663/00) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 180.000 Euro.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die Tochter des Bruders der zwischen dem 3. und dem 5.6.2000 in Düsseldorf verstorbenen Erblasserin, die verwitwet war und keine Abkömmlinge hinterlassen hat.
Durch Beschlüsse des AG Düsseldorf v. 13.6.2000 wurde Rechtsanwalt G. zum Nachlasspfleger betreffend die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben bestellt.
Der Bruder der Erblasserin, H. J., schlug am 7.7.2000 die Erbschaft am Nachlass der Erblasserin aus, und zwar gleichgültig aus welchen Gründen er zur Erbschaft berufen sei und wie hoch sein Erbteil sein sollte.
Der Nachlasspfleger erstattete unter dem 10.8.2000 einen Bericht, demzufolge der Nachlass hoch überschuldet ist. Auch nach dem Schreiben v. 31.10.2000 ist der Nachlass überschuldet.
Am 15.1.2001 hat die Antragstellerin die Erbschaft nach der Erblasserin ausgeschlagen, und zwar gleichgültig aus welchen Gründen sie zur Erbschaft berufen sei und wie hoch ihr Erbteil sein sollte.
Mit Schriftsatz vom 15.12.2003 hat die Antragstellerin die Erteilung eines Erbscheins nach der Erblasserin beantragt, der sie als Alleinerbin ausweist. Gegenüber dem Notar Dr. P. hat die Antragstellerin am 12.12.2003 ihre Ausschlagungserklärung wegen Irrtums angefochten, da ihr ihr Vater im Oktober 2003 mitgeteilt habe, dass der Nachlass nicht überschuldet sei.
Das AG hat nach vorhergegangenem Hinweis am 17.2.2004 den Erbscheinantrag der Antragstellerin zurückgewiesen.
Hiergegen hat die Antragstellerin sich beschwert.
Das LG hat am 27.5.2004 die Beschwerde zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer weiteren Beschwerde.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die gem. §§ 20, 27, 29 FGG zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet, denn die Entscheidung des LG beruht nicht auf einer Rechtsverletzung, §§ 27 FGG, 550 ZPO.
1. Das LG hat ausgeführt, das Rechtsmittel sei nicht begründet. Die Rechtspflegerin habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die nach §§ 1954, 1955, 1945 BGB form- und fristgerecht erklärte Anfechtung der Ausschlagungserklärung nicht durchgreife, da ein Inhaltsirrtum nicht zu erkennen sei. Bei der Erklärung einer Erbausschlagung handele es sich um eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung, für deren Auslegung es auf den für die Nachlassbeteiligten erkennbaren Sinn der Erklärung ankomme (BayObLG v. 5.7.2002 - 1Z BR 45/01, BayObLGReport 2003, 106 = FamRZ 2003, 121; KG v. 12.3.1996 - 1 W 4/95, KGReport Berlin 1996, 128 = Rpfleger 1996, 456). Den Nachlassbeteiligten sei regelmäßig nur der Inhalt der Ausschlagungserklärung als solcher zugänglich. Umstände, die nicht aus der Urkunde ersichtlich und nicht allgemein bekannt sind, dürften daher zur Auslegung nicht herangezogen werden (BayObLG v. 5.7.2002 - 1Z BR 45/01, BayObLGReport 2003, 106 = FamRZ 2003, 121). Die Antragstellerin mache einen Irrtum hinsichtlich der Überschuldung des Nachlasses geltend, von der sie bei der Ausschlagung ausgegangen sei. Die Überschuldung des Nachlasses könne eine verkehrswesentliche Eigenschaft i.S.d. § 119 Abs. 2 BGB sein, so dass der Irrtum hierüber zur Anfechtung einer Annahme- oder Ausschlagungserklärung nach dieser Vorschrift berechtigen könne (BayObLG v. 5.7.2002 - 1Z BR 45/01, BayObLGReport 2003, 106 = FamRZ 2003, 121). Ein Anfechtungsgrund sei aber nur dann gegeben, wenn der Irrtum bezüglich der Überschuldung des Nachlasses auf unrichtigen Vorstellungen hinsichtlich der Zusammensetzung des Nachlasses, hinsichtlich des Bestandes an Aktiva und Passiva beruht (BayObLG v. 5.7.2002 - 1Z BR 45/01, BayObLGReport 2003, 106 = FamRZ 2003, 121). Die Antragstellerin habe in ihrer Beschwerdeschrift vorgetragen, dass sie erst im Oktober 2003 erfahren habe, dass zum Nachlass ein Zahlungsanspruch über 191.734,46 Euro gehört. Die Rechtspflegerin habe jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass die Ausschlagungserklärung dahingehend auszulegen sei, dass der Halbsatz "aus welchen Gründen ich zur Erbschaft berufen bin" sich auf gesetzliche oder testamentarische Erbfolge und der Halbsatz "wie hoch mein Erbteil ist" sich auf den Wert des Nachlasses beziehe. Für eine andere Auslegung lasse sich der Urkunde ein Anhaltspunkt nicht entnehmen.
Die Antragstellerin habe auch in ihrer...