Leitsatz (amtlich)
Unterlässt es der Rechtsanwalt, dem Mandanten (Leasingnehmer) ein Verkaufsangebot des Leasinggebers zu übermitteln, so ist dies nicht schadensursächlich, wenn der Leasingnehmer (Mandant) das Angebot ohnehin nicht angenommen hätte.
Normenkette
BGB §§ 675, 611, 280; ZPO §§ 286-287
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 13.08.2010; Aktenzeichen 6 O 491/09) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das am 13.8.2010 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Einzelrichterin - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
2. Der Berufungsstreitwert wird auf 17.311,34 EUR festgesetzt
Gründe
I. Das Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg, § 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Das LG hat die gegen die beklagten Rechtsanwälte gerichtete Klage auf Ersatz der nach fristlos gekündigtem Leasingvertrag geltend gemachten Abwicklungsschäden i.H.v. insgesamt 17.311,34 EUR (entgangener Gewinn: 1.058,61 EUR; Kündigungsfolgeschaden: 16.252,73 EUR zzgl. Zinsen und außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten) zu Recht abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine dem Kläger (Mandant) günstigere Entscheidung. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Hinweisbeschluss vom 30.12.2010. Dort hat der Senat im Wesentlichen ausgeführt:
"1. Zutreffend ist das LG der beweisbedürftigen Frage nicht weiter nachgegangen, ob das den Beklagten vorab per Telefax am 31.8.2009 übermittelte und bis zum 7.9.2009 befristete Verkaufsangebot der Leasinggeberin vom gleichen Tage (künftig: Verkaufsangebot) bereits, wie die Beklagten behaupten, am 2.9.2009 an den Kläger weitergeleitet worden ist oder ob sie es, wie der Kläger behauptet, verspätet, nämlich erst nach Ablauf der Befristung am 11.9.2009 an ihn weitergeleitet haben, obwohl es ihnen bereits am 3.9.2009 im normalen Postgang ein zweites Mal zugegangen war. In diesem Zusammenhang spielt auch der Streit der Parteien über den Mandatsumfang keine entscheidende Rolle. Auch wenn sich der Auftrag darauf beschränkt haben sollte, nur für eine Fortsetzung des wirksam gekündigten Leasingvertrags zu sorgen, traf die Beklagten die vertragliche Nebenpflicht, das Verkaufsangebot der Leasinggeberin unverzüglich dem Kläger zur Kenntnis zu geben, so dass auch eine feststellbare Verletzung dieser Nebenpflicht zu einer Schadensersatzverpflichtung führen würde.
2. Den Streit um die Frage einer Pflichtverletzung des Anwaltsvertrags durfte das LG deshalb offen lassen, weil der Kläger einen darauf beruhenden Schaden i.S.d. §§ 611, 675, 249 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB nicht hinreichend dargelegt, geschweige denn unter Beweis gestellt hat.
Der Anspruch auf Ersatz eines Vermögensschadens setzt nicht nur auf der Ebene der haftungsbegründenden Kausalität ein vom Mandanten darzulegendes und im Streitfalle im Strengbeweisverfahren (§ 286 ZPO) zu beweisendes pflichtwidriges Verhalten des Rechtsanwalts voraus, sondern daneben auf der Ebene der haftungsausfüllenden Kausalität einen auf der Pflichtverletzung beruhenden, nach der Differenzhypothese zu ermittelnden Vermögensnachteil i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB, den der Mandant auch darlegen und im Streitfall beweisen muss. Daran fehlt es im Streitfall.
a) Allerdings dürfen an diese Darlegungen und diesen Beweis keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Auf der Ebene der haftungsausfüllenden Kausalität gilt nicht das Strengbeweisverfahren (§ 286 ZPO), sondern das deutlich geringere Beweismaß des § 287 ZPO i.V.m. § 252 BGB. Unter der hier angenommenen Prämisse verletzter anwaltlicher Pflichten durch die unterbliebene unverzügliche Weiterleitung des Verkaufsangebots genügt deshalb eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger das Angebot bei rechtzeitiger Kenntnisnahme überhaupt fristgemäß angenommen hätte (Kontrahierungswille). Ferner musste in diesem Sinne wahrscheinlich sein, dass ihm aus dem so zustande gekommenen Kaufvertrag der hier geltend gemachte Vermögensvorteil (Gewinn: 1.058,61 EUR) erwachsen wäre und der ferner geltend gemachte Kündigungsfolgeschaden (Abschlusszahlung: 16.252,73 EUR) hätte vermieden werden können (vgl. BGH VersR 1985, 83, 85; NJW 2004, 1521, 1522 sub II. 2a m.w.N.; OLG Düsseldorf VersR 2003, 326 = OLGR 2002, 376; Senat, Beschl. v. 23.7.2009 - I-24 U 109/09 [juris Tz 12 ff]; Palandt/Heinrichs, BGB, 69. Aufl., § 252 Rz. 5 m.w.N.).
b) Aus diesen Grundsätzen folgt allerdings im Gegenschluss, dass ein Schadensersatzanspruch entfällt, wenn die Verletzung der Handlungspflicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit für den konkret geltend gemachten (Folge-)Schaden nicht ursächlich geworden ist (vgl. BGH NJW 2004, 1521, 1522 sub II. 2a m.w.N.; OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2002, 376 = VersR 2003, 326 sub 2c, dd; OLG Düsseldorf MDR 2007, 988 = VersR 2008, 1023 sub II. 2a, bb). Auch eine (hier zum Nachteil der Beklagten unterstellte) schuldhafte Verfehlung des seitens des Klägers angestrebten Verhandlungsziels - Zustandekommen des Kaufvertrags - löst dann keinen Vermögensschaden aus, wenn es aus anderen,...