Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Beginn der Beschwerdefrist durch ordnungsgemäße Bekanntmachung einer Entscheidung
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.06.1994; Aktenzeichen 25 T 177/94) |
AG Düsseldorf (Entscheidung vom 10.01.1994; Aktenzeichen 291 II 258/93) |
Tenor
1.
Der Beschluß vom 27. Juni 1994 wird aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung auch über die Kosten des dritten Rechtszuges an das Landgericht zurückverwiesen.
2.
Der Beschluß vom 14. Juli 1994 wird aufgehoben.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 10.000,00 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligten zu 7. und 9. sind Eigentümer je einer Wohnung im dritten Obergeschoß der o.a. Wohnungseigentumsanlage. Sie wollen an der Rückfront und an der Vorderfront des Hauses zwei Balkone errichten.
In der Versammlung vom 30. August 1993 stimmten die Wohnungseigentümer unter TOP 2 mit Mehrheit den von den Beteiligten zu 7. und 9. beabsichtigten Baumaßnahmen zu.
Die Beteiligten zu 1. sehen die Vorhaben der Beteiligten zu 7. und 9. als bauliche Veränderungen i. S. des § 22 Abs. 1 WEG an, die der Zustimmung aller Wohnungseigentümer bedürfen. Sie haben beantragt, den in der Versammlung vom 30. August 1993 zu TOP 2 gefaßten Beschluß für ungültig zu erklären.
Die Beteiligten zu 7. und 9. haben um Zurückweisung des Antrags gebeten.
Das Amtsgericht hat in der mündlichen Verhandlung vom 10. Januar 1994 den Antrag der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen. In der Verhandlung war für die Beteiligten zu 1. ihr Verfahrensbevollmächtigter, Rechtsanwalt F., anwesend. Laut Sitzungsniederschrift wurde ein Beschluß des aus der Anlage ersichtlichen Inhalts „verkündet”. Dieses Sitzungsprotokoll berichtigte der Amtsrichter am 6. Juni 1994 dahingehend, daß „ein Beschluß des aus der Anlage ersichtlichen Inhalts verkündet und mündlich begründet” wurde.
Gegen den am 2. Februar 1994 zugestellten Beschluß haben die Beteiligten zu 1. mit am 11. Februar 1994 eingegangener Schrift ihres Verfahrensbevollmächtigten sofortige Beschwerde eingelegt.
Nachdem der Amtsrichter auf Antrag der Beteiligten zu 9. die Sitzungsniederschrift mit dem „Berichtigungsvermerk” vom 6. Juni 1994 versehen hatte, hat das Landgericht in der mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 1994 die sofortige Beschwerde als unzulässig, weil verspätet verworfen.
Den am 27. Juni 1994 beim Landgericht eingegangenen – vorsorglich gestellten – Antrag der Beteiligten zu 1. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat das Landgericht mit Beschluß vom 14. Juli 1994 zurückgewiesen.
Gegen die Entscheidungen des Landgerichts haben die Beteiligten zu 1. sofortige weitere und sofortige Beschwerde eingelegt. Sie sind der Auffassung, durch die „Verkündung” des amtsgerichtlichen Beschlusses in der Sitzung vom 10. Januar 1994 sei die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde nicht in Gang gesetzt worden, weil die Bekanntmachung der Bestimmung des § 16 Abs. 3 FGG nicht genügt habe. Zumindest hätte ihnen aber mit Rücksicht auf das erst nachträglich berichtigte Protokoll Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden müssen.
Die Beteiligten zu 7. und 9. sind den Rechtsmitteln entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
1.
Die gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 27. Juni 1994 eingelegte sofortige weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 45 Abs. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG). In der Sache führt sie zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur erneuten Behandlung und Entscheidung, denn die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften (§§ 27 FGG, 550 ZPO).
Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen die Entscheidung des Amtsgerichts wurde – entgegen der Auffassung des Landgerichts – innerhalb der Rechtsmittelfrist eingelegt, denn erst durch die förmliche Zustellung der amtsgerichtlichen Entscheidung wurde der Lauf der Rechtsmittelfrist in Gang gesetzt.
a)
Das Landgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß Entscheidungen in Wohnungseigentumssachen, die erst mit der Rechtskraft wirksam werden, nicht nur gemäß § 16 Abs. 2 FGG durch Zustellung nach den Vorschriften der ZPO, sondern auch gemäß § 16 Abs. 3 FGG in Anwesenheit der Beteiligten bekannt gemacht werden können und beide Arten der Bekanntmachung die Beschwerdefrist des § 22 Abs. 1 FGG in Gang setzen.
Die Kammer hat aber zu Unrecht die Verkündung der amtsgerichtlichen Entscheidung am 10. Januar 1994 als wirksame Bekanntmachung angesehen. Zwar ist – entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. – für eine wirksame Bekanntmachung nicht erforderlich, daß der – durch die Entscheidung beschwerte – Beteiligte persönlich an der Verhandlung teilnimmt und bei der Bekanntmachung der Entscheidung anwesend ist, es genügt, daß sein Verfahrensbevollmächtigter bei der Eröffnung der Entscheidung anwesend ist. Soweit die Beteiligten zu 1. sich darauf berufen, in echten Streitsachen der Freiwilligen Gerichtsbarkeit – wie hier – müsse gemäß § 176 ...