Entscheidungsstichwort (Thema)

Beginn der Rechtsmittelfrist bei verkündeten Beschlüssen

 

Leitsatz (amtlich)

1) Wurde im Verkündungstermin in Anwesenheit des Verfahrensbevollmächtigten nur der Tenor eines Beschlusses verkündet und dies auch protokolliert,so liegt hierin keine wirksame, den Lauf der Beschwerdefrist in Gang setzende Bekanntmachung gem. § 16 Abs. 3 FGG.

2) In den Verfahren auf Zahlung rückständigen Wohngeldes ist regelmäßig in Abweichung von dem Grundsatz, daß in WEG-Verfahren die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben, eine entsprechende Anwendung zivilprozessualer Erstattungsgrundsätze angezeigt.

 

Normenkette

FGG § Abs. 3; WEG § 47

 

Verfahrensgang

LG Köln (Beschluss vom 18.06.1998; Aktenzeichen 29 T 114/98)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 18.06.1998 – 29 T 114/98 – teilweise abgeändert und angeordnet, dass die Antragsgegnerin dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens der Erstbeschwerde zu ersetzen hat. Die Antragsgegnerin hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen und auch insoweit der Antragstellerin die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren ist nach den im Verfahren der Erstbeschwerde mit einem Wert von 8.976,00 DM entstandenen außergerichtlichen Kosten des Antragsteller zu bemessen.

 

Tatbestand

I.

Der Antragsteller ist Verwalter der Wohnungseigentumsanlage „A.” in F. und hat in Prozessstandschaft von der Antragsgegnerin und zwei ihrer Meinung nach gesamtschuldnerisch mithaftenden weiteren Beteiligten, gegen die sie ihre Anträge in erster Instanz zurückgenommen hat, die Zahlung rückständigen Wohngeldes von 8.976,00 DM nebst Zinsen verlangt. Das Amtsgericht hat dem Antrag stattgegeben und der Antragsgegnerin 1/3 der Verfahrenskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin auferlegt. Eine hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat die Antragsgegnerin im Verhandlungstermin des Landgerichts vom 18.06.1998 zurückgenommen. Daraufhin hat das Landgericht zu Protokoll die Entscheidung verkündet, dass „die Beschwerdeführer” die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen haben und eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht stattfinde. Abschriften des mit einem vollem Rubrum versehenen Protokolls sind den Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers unmittelbar nach dem Verhandlungstermin übersandt worden. Mit einer am 09.10.1998 eingegangenen sofortigen weiteren Beschwerde strebt der Antragsteller eine Anordnung über die Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten an.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 45 Abs. 1 WEG i.V. m. §§ 20 a Abs. 2, 27 Abs. 2 FGG) und auch im übrigen zulässig.

Bei einem Wert der Erstbeschwerde von mehr als 8.000,00 DM beträgt eine Anwaltsgebühr 540,00 DM, so dass die Beschwer des Antragstellers selbst dann 200,00 DM übersteigt (§ 20 a Abs. 2 FGG), wenn infolge der Rücknahme des Rechtsmittels im Verhandlungstermin eine weitere Gebühr, etwa eine Erörterungsgebühr nicht entstanden sein sollte. Auch wäre für eine etwaige in der Hauptsache ergangene Entscheidung der Beschwerdewert von mehr als 1.500,00 DM überschritten gewesen (vgl. zur Notwendigkeit dieses Erfordernisses und zum Meinungsstand hierzu Palandt/Bassenge, BGB 57. Auflage, § 47 WEG Rdn. 6).

Schließlich ist die sofortige weitere Beschwerde fristgerecht eingelegt worden, da die zweiwöchige Rechtsmittelfrist des § 22 Abs. 1 FGG nicht in Gang gesetzt worden ist. Eine förmliche Zustellung des angefochtenen Beschlusses gem. § 16 Abs. 2 FGG an die Verfahrensbevollmächtigten (vgl. hierzu OLG Hamburg ZMR 1998, 713) des Antragstellers ist nicht erfolgt. Auch in der Verkündung des Beschlusses und dessen Aufnahme in das Protokoll liegt keine wirksame, den Lauf der Beschwerdefrist in Gang setzende Bekanntmachung gem. § 16 Abs. 3 FGG. Zwar reicht es an sich aus, dass bei der Verkündung nur der Verfahrensbevollmächtigter des Antragstellers anwesend war (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 1995, 977 = MDR 1995, 745 = ZMR 1995, 977; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Auflage § 45 Rdn. 38). Weitere Voraussetzung für die Wirksamkeit der Bekanntmachung in dieser Form ist es aber nach allgemeiner Meinung, dass die Entscheidung ihrem vollem Wortlaut nach, d. h. mit den vollständigen Gründen bekanntgegeben und zu Protokoll genommen wird (vgl. z. B. BayObLG WE 1998, 399; OLG Düsseldorf a.a.O.; OLG Hamm NJW-RR 1997, 845 = ZMR 1997, 155; OLG Saarbrücken FGPrax 1995, 251; Merle a.a.O. § 44 Rdn. 125; Weitnauer/Hauger, WEG, 8. Auflage, Anh. § 43 Rdn. 32).

Da hier indes nur ein Tenor verkündet und nur dieser in das Protokoll aufgenommen wurde, könnte eine wirksame Bekanntmachung nur angenommen werden, wenn es sich hierbei um die vollständige Entscheidung gehandelt hätte, wenn also eine Begründung nicht erforderlich gewesen wäre. Einer entsprechenden Annahme steht indes § 44 Abs. 3 S. 2 WEG, wonach richterl...

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