Leitsatz (amtlich)
1. Eine mit zwei Unterschriften und einem Siegel bzw. Stempel der Gemeinde versehene Eintragungsbewilligung begründet für das Grundbuchamt die Vermutung, dass die Unterzeichner der Urkunde zur Vertretung der Gemeinde befugt sind.
2. Nur wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die fehlende Vertretungsbefugnis der Unterzeichner bestehen, darf das Grundbuchamt die Vertretungsbefugnis in Zweifel ziehen.
Verfahrensgang
LG Kleve (Beschluss vom 16.10.2003; Aktenzeichen 4 T 308/03) |
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird abgeändert. Das Grundbuchamt wird angewiesen, von seinen in der Zwischenverfügung vom 11.7.2003 erhobenen Beanstandungen Abstand zu nehmen und den Eintragungsantrag vom 12.6.2003 erneut zu bescheiden.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 2) kauften mit notariellem Vertrag vom 25.11.2002 des Notars L. – UR-Nr. X/2002 – von der Beteiligten zu 1) den o.a. Grundbesitz. Für die Beteiligte zu 1) trat der Kommunalbeamte W. als Vertreter ohne Vertretungsmacht auf.
Mit Schreiben vom 12.6.2003 beantragte der Notar die Umschreibung des Kaufgrundbesitzes, die Eintragung der Rückauflassungsvormerkung und die Erteilung von Eintragungsnachrichten. Mit dem Antrag legte er dem Grundbuchamt ein mit dem Briefkopf:
Stadt G., Der Bürgermeister – KBG Kommunalbetrieb G.
überschriebenes und mit der weiteren Überschrift „Genehmigungserklärung” versehenes Schreiben vor, in dem es wie folgt heißt:
In dem Kaufvertrag Stadt G./. M. in GbR vom 25.11.2002 – UR-Nr. X/2002 des Notars L., G. –, hat Herr W., Kommunalbeamter, für uns, die unterzeichnenden berechtigten Vertreter der Stadt G., Erklärungen abgegeben.
Nachdem wir von dem Inhalt des genannten Vertrages Kenntnis genommen haben, treten wir diesem in allen Teilen bei und genehmigen insb. alle Erklärungen, die Herr W. in demselben für uns abgegeben hat.
Das Schreiben trägt das Dienstsiegel der Stadt G. und weist zwei Unterschriften des Stadtbaurates K. und des Werkleiters M. auf.
Mit Verfügung vom 11.7.2002 erhob das Grundbuchamt – RPfleger – Bedenken, weil die Genehmigung der Stadt G. wegen Nichtbeachtung der Vorschrift des § 64 Abs. 1 GO-NW mangelhaft sei. Die Erklärung sei nämlich nicht von dem Bürgermeister – das sei K. nicht – und einem weiteren vertretungsberechtigten Beamten oder Angestellten unterschrieben. Dass der Stadtbaurat K. allgemeiner Vertreter des Bürgermeisters sei, sei nicht ersichtlich, da der entsprechende Zusatz „in Vertretung” fehle.
Die gegen die Zwischenverfügung erhobene Beschwerde der Beteiligten hat das LG zurückgewiesen.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgen die Beteiligten zu 1) und 2) ihr Begehren weiter.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Die gem. §§ 78, 80 GBO zulässige weitere Beschwerde ist begründet. Denn die Entscheidung des LG beruht auf einer unrichtigen Anwendung gesetzlicher Bestimmungen (§ 78 GBO).
1. Das LG hat ausgeführt, das Grundbuchamt habe die beantragte Eintragung zu Recht verweigert, weil Eintragungsunterlagen fehlten. Nach § 29 Abs. 1 S. 1 GBO solle eine Eintragung in das Grundbuch nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zur Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich-beglaubigte Urkunden nachgewiesen sind. Erklärungen einer Behörde seien dabei zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Dadurch solle den Behörden im Grundbuchverfahren der Nachweis der Legitimation derjenigen Personen, die ihre Erklärung unterzeichnen, erleichtert und dem Grundbuchamt die Prüfung erspart werden, ob der Erklärung die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde zukommt.
Auch wenn sich die Eintragungsbewilligung hier als eine von einer öffentlichen Behörde ausgestellte Urkunde darstelle, so habe das Grundbuchamt die Vertretungsbefugnis des Unterzeichners dennoch in Zweifel zu ziehen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die mangelnde Vertretungsbefugnis bestünden. Das sei hier der Fall. Der „Stadtbaurat” sei weder Bürgermeister noch habe er in einer Vertretungsfunktion desselben unterschrieben. Es bestünden daher tatsächliche Anhaltspunkte für die mangelnde Vertretung.
2. Gegen diese Erwägungen des LG bestehen durchgreifende rechtliche Bedenken.
Das LG ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der die Erklärungen des Kommunalbeamten W. vor Notar L. genehmigenden Erklärung der Beteiligten zu 1) um eine Erklärung einer öffentlichen Behörde handelt, der die Eigenschaft einer öffentlichen Urkunde zukommt. Die Kammer hat ferner richtig angenommen, dass, wenn die Urkunde der öffentlichen Behörde unterschrieben und mit Siegel oder Stempel versehen ist, diese für das Grundbuchamt die Vermutung der Ordnungsmäßigkeit der Erklärung, d.h. auch der Vertretungsbefugnis des Unterzeichners begründet, sofern die Behörde im Rahmen ihrer Zuständigkeit gehandelt hat (vgl. BayObLG RPfleger 1978, 141; v. 24.4.1986 – BReg. 2 Z 27/85, Rpfleger 1986, 370; OLG Hamm Rpfleger 1996, 388; OLG Zweibrücken Rpfleger 2001, 71; Demharter, GBO, 24. Aufl., § 29 Rz. 45; Bauer/v...