Leitsatz (amtlich)
1. Der Anspruch auf Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegehilfen gemäß § 37 SGB XI steht allein dem pflegebedürftigen Versicherten, nicht der Pflegeperson zu. Dies gilt auch im Fall der Pflege minderjähriger Pflegebedürftiger durch ihre Eltern.
2. Ein Elternteil hat an ihn geleistete Pflegegeldzahlungen für einen minderjährigen Pflegebedürftigen dem anderen Elternteil weder aus § 816 Abs. 2 BGB noch aus dem Gesichtspunkt des familienrechtlichen Ausgleichsanpruchs auszukehren.
Normenkette
BGB § 816 Abs. 2; SGB XI § 37
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 256 F 283/16) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 05.07.2017 teilweise abgeändert; der Antrag des Antragstellers vom 04.10.2016 wird insgesamt zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz trägt der Antragsteller.
II. Beschwerdewert: bis 6.000 EUR.
Gründe
I. Der Antragsteller beansprucht von der Antragsgegnerin Auskehrung von Pflegegeld, das die Pflegekasse für das gemeinsame Kind gezahlt hat.
Die Beteiligten sind miteinander verheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 29.12.1998 geborene Tochter A. hervorgegangen. Am 14.02.2012 zog die Antragsgegnerin aus der Ehewohnung aus. Seither leben die Beteiligten, die weiterhin gemeinsam die elterliche Sorge innehaben, getrennt. A. verblieb zunächst im Haushalt des Antragstellers. Im Juni 2015 wechselte sie zur Antragsgegnerin. Die Pflegekasse zahlte für die Tochter als Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung Pflegegeld in Höhe monatlicher 316 EUR. Die Zahlungen erfolgten bis zum 31.08.2013 auf das Konto der Antragsgegnerin und vom 01.09.2013 bis zum 31.05.2015 auf das Konto des Antragstellers. Ab dem 01.06.2015 wurden die Zahlungen zunächst hinterlegt und nach Erreichen der Volljährigkeit der Tochter an diese auf deren Konto geleistet.
Der Antragsteller hat die Antragsgegnerin auf Auszahlung des in der Zeit vom 01.01.2012 bis zum 31.08.2013 gezahlten Pflegegeldes in Anspruch genommen und die Auffassung vertreten, für ein pflegebedürftiges Kind gewährtes Pflegegeld stehe demjenigen Elternteil zu, bei dem das Kind lebt.
Der Antragsteller hat beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, an ihn 6.320 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.01.2012 zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Sie hat vorgetragen, das Pflegegeld sei an denjenigen auszuzahlen, der die Pflegeleistung erbringt. Bis zum 31.12.2012 habe sie den überwiegenden Teil der Pflege des Kindes allein übernommen. Ginge man davon aus, dass das Pflegegeld bei gemeinsamer elterlicher Sorge den getrennt lebenden Eltern gleichermaßen zustehe, habe sie, die Antragsgegnerin, ihrerseits einen Anspruch auf hälftige Auskehrung des in der Zeit vom 01.09.2013 bis zum 31.05.2015 an den Antragsteller gezahlten Pflegegeldes. Insoweit hat die Antragsgegnerin hilfsweise die Aufrechnung erklärt.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin verpflichtet, an den Antragsteller 5.846 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen zu zahlen, und den Antrag im Übrigen zurückgewiesen. Dem Antragsteller stehe aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung des in der Zeit vom 14.02.2012 bis zum 31.08.2013 an die Antragsgegnerin geleisteten Pflegegeldes zu. In dieser Zeit habe die Antragsgegnerin diese Leistungen ohne Rechtsgrund auf Kosten des Antragstellers erlangt. Das Pflegegeld sei an denjenigen Angehörigen auszuzahlen, der die Pflegeleistungen erbringt. Dies sei ganz überwiegend der Antragsteller gewesen, was durch den Verbleib der Tochter im Haushalt des Antragstellers nach dem Auszug der Antragsgegnerin indiziert werde. Das Vorbringen der Antragsgegnerin, sie habe die Pflegeleistungen trotz der Trennung überwiegend erbracht, sei weder nachvollziehbar noch lebensnah. Ihre Behauptung, sie habe das Kind mehrfach in der Woche im vormals ehelichen Haushalt betreut, sei unsubstanziiert. Hinsichtlich des für die Zeit vor der am 14.02.2012 erfolgten Trennung geleisteten Pflegegeldes habe der Antragsteller indes keinen Rückzahlungsanspruch.
Die Antragsgegnerin wendet sich mit ihrer Beschwerde weiterhin insgesamt gegen das Begehren, vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und macht geltend, das Pflegegeld stehe ausschließlich dem Pflegebedürftigen zu. Sei dieser minderjährig, sei das Pflegegeld im Fall der gemeinsamen elterlichen Sorge an beide Eltern als den gesetzlichen Vertretern auszuzahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 05.07.2017 zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin keinen Anspruch auf Auskehrung des bis zum 31.08.2013 an die Antragsgegnerin gezahlten Pflegegeldes für die gemeinsame Tochter A.
1. Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus Bereicherungsrecht, in...