Leitsatz (amtlich)
Die internationale Zuständigkeit der Zivilgerichte bestimmt sich für eine vor dem 1.3.2002 eingereichte und nach diesem Stichtag zugestellte Klage nach der EuGVVO.
Art. 30 Nr. 1 EuGVVO ist in diesem Fall nicht anzuwenden.
Für Honoraransprüche des Rechtsanwalts ist im Anwendungsbereich der "Luxemburg-Klausel" (Art. 63 EuGVVO) der Gerichtsstand des Erfüllungsorts (Art. 5 Nr. 1.b. EuGVVO) am Kanzleisitz des Rechtsanwalts nicht begründet.
Normenkette
EuGVVO Art. 5 Nr. 1, Art. 30 Nr. 1, Art. 63 Abs. 1, Art. 66 Abs. 1; BGB §§ 611, 675
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Urteil vom 12.04.2005; Aktenzeichen 7 O 586/01) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 12.4.2005 verkündete Teilurteil der 7. Zivilkammer des LG Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Der Berufungsstreitwert wird auf 99.411,41 EUR festgesetzt.
Gründe
A. Das zulässige Rechtsmittel, das sich nur gegen den Beklagten zu 4) richtet, hat keinen Erfolg. Das LG hat die u.a. gegen den Beklagten zu 4) (nachfolgend Beklagter genannt) auf Honorarzahlung erhobene Klage (99.411,41 EUR nebst gesetzlicher Zinsen) i.E. zu Recht als unzulässig abgewiesen. Die dagegen vorgebrachten Berufungsgründe rechtfertigen keine günstigere Entscheidung. Zur Begründung und zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen wird auf das angefochtene Urteil und die Erwägungen des Senats in seinem Hinweisbeschluss vom 3.11.2005 Bezug genommen.
I. Dort hat der Senat zur Frage der Zulässigkeit der Klage gegen den in Luxemburg residierenden Beklagten u.a. das Folgende ausgeführt:
"1. Zutreffend ist ... der Einwand der Berufung, dass es im Streitfall in Bezug auf den ... Beklagten nicht um die vom LG allein geprüfte (und verneinte) Frage nach der örtlichen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geht. Es geht vielmehr um die Frage nach der internationalen Zuständigkeit der inländischen Gerichte.
2. Die internationale Zuständigkeit richtet sich ... nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22.12.2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO, ABl. EG Nr. L 012 v. 16.1.2001 S. 1, nachfolgend Verordnung genannt), die am 1.3.2002 in Kraft getreten ist (Art. 76 S. 1 EuGVVO). Die internationale Zuständigkeit richtet sich nicht (mehr), wie der Beklagte meint, nach dem am 28.2.2002 außer Kraft getretenen Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 9.10.1978 (EuGVÜ, nachfolgend Übereinkommen genannt). Die Klage ist zwar vor dem In-Kraft-Treten der Verordnung, nämlich am 21.12.2001 bei Gericht eingereicht worden. Sie ist aber erst nach deren In-Kraft-Treten, nämlich am 28.5.2003 zugestellt worden (Art. 66 Abs. 1 EuGVVO). Ferner ist gem. Art. 1 Abs. 1 und 3 EuGVVO der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung eröffnet.
a) An diesem Ergebnis ändert entgegen der Meinung des Beklagten auch nichts Art. 30 Nr. 1 EuGVVO. Danach wird der Zustellungszeitpunkt für bestimmte Verfahrenswirkungen ("Für die Zwecke dieses (9.) Abschnitts") und unter bestimmten Voraussetzungen (ähnlich wie im Fall des § 167 ZPO) auf den Zeitpunkt der Klageeinreichung vorverlegt. Mit dieser Bestimmung kann nicht der zeitliche Anwendungsbereich des Übereinkommens erweitert und der der Verordnung entgegen Art. 66 Abs. 1 EuGVVO eingeschränkt werden (so zutreffend OLG Koblenz, Urt. v. 7.3.2003 - 23 U 199/02, zit. nach juris, Textdokument Nr: KORE437302003...; ebenso OLG Düsseldorf v. 30.1.2004 - I-23 U 70/03, OLGReport Düsseldorf 2004, 208) ...
b) Aus der Anwendbarkeit der Verordnung folgt, dass auch Art. 5 Nr. 1 lit. a und lit. b Halbs. 2 EuGVVO zu beachten ist. Nach dieser Bestimmung kann eine Person mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat bei Streit um Ansprüche aus Dienstleistungen in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem die Dienstleistungen erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen. Die herrschende Meinung in der Literatur (Zöller/Geimer, ZPO, EuGVVO, 25. Aufl., Art. 5 Rz. 3; Musielak/Weth, ZPO, 4. Aufl., VO (EG) 44/2001 Art. 5 Rz. 7; Jayme/Kohler, IPRax 1999, 401 [405]; Micklitz/Rott, EuZW 2001, 325 [328]; Hausmann, EuLF (D) 2000/01, 40 [44]) leitet daraus eine internationale Zuständigkeit der Gerichte am Erfüllungsort für alle Streitigkeiten aus Dienstleistungsverträgen ab, also nicht nur für die vertragstypische Leistung, sondern auch für den Zahlungsanspruch. Die instanzgerichtliche Rechtsprechung hat sich dieser Auffassung angeschlossen (OLG Koblenz, Urt. v. 7.3.2003 - 23 U 199/02, zit. nach juris, Textdokument Nr: KORE437302003 ...; OLG Düsseldorf v. 30.1.2004 - I-23 U 70/03, OLGReport Düsseldorf 2004, 208, m.w.N.; OLG Naumburg, Beschl. v. 20.12.2002 - 2 W 5/02, zit. nach juris Textdokument Nr: KORE437182003; LG München II, IPRax 2005, 143; Oberster Gerichtshof Wien IPRax 2004, 349). Danach wären abweichend von der örtlichen Zuständigkeit nach nationalem Recht gem. § 29 Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 26...