Leitsatz (amtlich)
1. Die Beantwortung der Frage, ob eine vom Bundeskartellamt verfügte auflösende Bedingung zugunsten der Zusammenschlussbeteiligten abzuändern ist, beurteilt sich materiell-rechtlich nach denselben Grundsätzen, die gemäß § 40 Abs. 3 GWB für die Beifügung einer Nebenbestimmung gelten.
2. Gibt das Bundeskartellamt den Zusammenschluss unter einer auflösenden Bedingung oder einer Auflage frei und kann der Zusammenschluss folglich sogleich vollzogen werden, sind strenge Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der Nebenbestimmung zu stellen.
3. Führt die Abwägung des Fusionsinteresses der Zusammenschlussbeteiligten gegen die Belange des Wettbewerbsschutzes im Einzelfall zu dem Ergebnis, dass die wettbewerbsschädliche Fusionswirkung für eine Übergangszeit hingenommen - und deshalb die Freigabe mit einer auflösenden Bedingung oder einer Auflage versehen - werden kann, muss der insoweit tolerierte Zeitraum, der für die Umsetzung der Nebenbestimmung gewährt wird, auf das unbedingt notwendige Maß begrenzt werden.
4. Die Verlängerung einer ausreichend bemessenen Veräußerungsfrist kann nicht deshalb beansprucht werden, weil andernfalls ein etwaiger Erfolg der Hauptsachebeschwerde auf unbeschränkte Fusionsfreigabe faktisch vereitelt würde.
5. Eine Fristverlängerung ist ebenso wenig deshalb zu gewähren, weil nach der Vollziehung des Zusammenschlusses und der damit einhergehenden Verschlechterung der Verhandlungsposition der Zusammenschlussbeteiligen die Veräußerung zu einem angemessenen Preis nicht mehr möglich ist.
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Bundeskartellamtes vom 2. September 2008 (B9-52463-Fa-125/07) wird zurückgewiesen.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragstellerin. Sie hat darüber hinaus dem Bundeskartellamt und der Beigeladenen zu 2. die ihnen in der Beschwerdeinstanz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten.
III. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
IV. Der Beschwerdewert wird auf 750.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 5. Dezember 2007 hat das Bundeskartellamt das Vorhaben der Antragstellerin (nachfolgend: G.) zur Übernahme des Baumarktgeschäfts der D.-Gruppe unter der auflösenden Bedingung freigegeben, dass die H.-Baumärkte in I.-O., N. (wahlweise St. W.), S. (wahlweise M.) und St. I. (wahlweise H.) bis zum 30. September 2008 an einen unabhängigen Erwerber veräußert werden.
Gegen diese nur eingeschränkte Freigabe ihres Zusammenschlussvorhabens hat G. mit Schriftsatz vom 7. Januar 2008 Beschwerde eingelegt. Sie begehrt die Aufhebung der verfügten Nebenbestimmungen und macht dazu geltend, dass die beabsichtigte Geschäftsübernahme die Untersagungsvoraussetzungen des § 36 Abs. 1 GWB nicht erfülle. Der Senat hat am 25. Juni 2008 über die Beschwerde verhandelt und das Bundeskartellamt im Anschluss um Nachermittlungen zur Marktabgrenzung gebeten. Diese Nachermittlungen dauern derzeit noch an.
Unter dem 23. Juli 2008 hat G. beim Bundeskartellamt den Antrag gestellt, die auflösende Bedingung in eine Veräußerungsauflage umzuwandeln, die binnen 6 Monaten nach Rechtskraft der Beschwerdeentscheidung zu erfüllen sei. Hilfsweise hat sie beantragt, die Frist zur Umsetzung der verfügten Bedingung auf einen Zeitraum von 6 Monaten nach Zustellung der Beschwerdeentscheidung - äußerst hilfsweise die Frist bis zum 30. September 2009 - zu verlängern. Das Bundeskartellamt hat den Antrag mit Beschluss vom 2. September 2008 zurückgewiesen.
Dagegen richtet sich G. mit der Beschwerde.
Zur Rechtfertigung ihres Begehrens macht sie im Wesentlichen geltend: Ohne die begehrte Abänderung der Nebenbestimmung werde das Beschwerdeverfahren gegen die nur beschränkt erteilte Fusionsfreigabe hinfällig und ein etwaiger Erfolg der Hauptsachebeschwerde faktisch vereitelt werde. Außerdem seien die fünf h.-Standorte derzeit (und voraussichtlich auch auf absehbare Zeit) nicht zu einem wirtschaftlich vertretbaren Preis zu veräußern.
Ihren in diesem Zusammenhang gestellten Eilantrag, im Wege einstweiliger Anordnung die Frist zur Erfüllung der Veräußerungsbedingungen bis zur Entscheidung über die Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss zu verlängern sowie hilfsweise dem Bundeskartellamt zu untersagen, bis zu diesem Zeitpunkt Maßnahmen der Entflechtung des Zusammenschlusses anzuordnen, hat der Senat mit Beschluss vom 26. September 2008 rechtskräftig abgelehnt.
Die Antragstellerin beantragt,
das Bundeskartellamt zu verpflichten, die auflösende Bedingung unter Ziffer I.1.1, I.1.2, I.1.3 und I.1.4 des Beschlusses vom 5. Dezember 2007 (Gesch.-Z.: B9-52463-Fa-125/07), die H.-Profizentren in I.-O., N. (wahlweise St. W.), S. (wahlweise H.) bis zum 30. September 2008 zu veräußern, in die Auflage abzuändern, die betreffenden H.-Profizentren bis zu einer vom Gericht zu bestimmenden angemessenen Frist nach Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung im Verfahren VI-Kart 1/08 (V) zu veräußern.
hilfsweise:
das Bundeskartell...