Leitsatz (amtlich)
1. Die Durchsuchung der Wohnung abgelehnter ausreisepflichtiger nicht zur Mitwirkung an der Beschaffung von Passersatzpapieren bereiter Asylbewerber zum Zwecke des Auffindens von Personalpapieren oder sonstigen zur Identifizierung geeigneten Dokumenten ist nur rechtmäßig, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Durchsuchungsantrag über die schlichte Möglichkeit, dass Dokumente gefunden werden könnten, hinaus hinreichend konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der von der Durchsuchung Betroffene im Besitz von Personaldokumenten oder sonstigen Papieren ist, die eine Passersatzbeschaffung ermöglichen können und dass sich diese Dokumente in seiner Wohnung befinden.
2. Ist der als rechtswidrig sich erweisende Durchsuchungsbeschluss durch Vollziehung in der Hauptsache erledigt, so eröffnet dies ein berechtigtes Interesse des Betroffenen an der gerichtlichen Feststellung einer Verletzung in seinem grundgesetzlich geschützten Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung.
Normenkette
FamFG § 62 Abs. 1; GG Art. 13 Abs. 1; PolG NW § 41 Nr. 2, §§ 42, 43 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Nettetal (Beschluss vom 25.08.2017; Aktenzeichen 29 XIV(L) 14/17) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Nettetal vom 25. August 2017, Az.: 29 XIV(L) 14/17, hat die Beteiligten zu 1 und 2 in ihren Rechten verletzt.
Wert: 5000,- EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 reisten am 19. Juni 2013 mit ihrem Kind in das Bundesgebiet ein und stellten einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte, der von dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am 06. Oktober 2016 als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Die Beteiligten zu 1 und 2 wurden zur Ausreise aufgefordert. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beteiligten zu 1 und 2 Klage; ihren zeitgleich gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes lehnte das VG Düsseldorf mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 ab. Dieser Beschluss ist rechtskräftig.
Nachdem der Bevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 unter dem 18. Mai 2017 die Erteilung einer langfristigen Duldung beantragt hatte, leitete der Beteiligte zu 3 aufenthaltsbeendende Maßnahmen ein und forderte die Beteiligten zu 1 und 2 zur Mitwirkung an der Passbeschaffung auf. Am 03. August 2017 fand ein persönliches Gespräch mit den Beteiligten zu 1 und 2 statt, in welchem letztere angaben, Reisepässe oder eine Geburtsurkunde für ihr in Spanien geborenes Kind hätten sie nicht.
Mit Schreiben vom 09. August 2017 teilte die Bevollmächtigte der Beteiligten zu 1 und 2 dem Beteiligten zu 3 mit, die Beteiligten zu 1 und 2 über ihre Verpflichtung an der Passbeschaffung in Kenntnis gesetzt zu haben. Weiter bat sie den Beteiligten zu 3, ihr das Schriftstück, welches den Beteiligten zu 1 und 2 am 03. August 2017 zur Unterschrift vorgelegt worden sei, zu übersenden, damit sie, die Bevollmächtigte, den Inhalt jenes Schriftstückes mit den Beteiligten zu 1 und 2 besprechen könne und es dann ggfls. unterschrieben zurückgesandt werden könne.
Auf Antrag des Beteiligten zu 3 vom 18. August 2017 ordnete das Amtsgericht mit Beschluss vom 25. August 2017 die Durchsuchung der Wohnung der Beteiligten zu 1 und 2 zum Zwecke des Auffindens von Personalpapieren und sonstigen zur Identifizierung geeigneten Dokumenten an. Zur Begründung verwies das Amtsgericht auf die Ausreiseverpflichtung der Beteiligten zu 1 und 2 und deren mangelnder Mitwirkung an der Passersatzbeschaffung.
Der Beschluss wurde vollstreckt und bei der Durchsuchung wurde der spanische Mutterpass der Beteiligten zu 2, aus dem sich der Geburtsort des Kindes ergab, gefunden. Die von dem Beteiligten zu 3 daraufhin in Spanien angeforderte Geburtsurkunde liegt zwischenzeitlich vor.
Gegen die Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts mit Beschluss vom 25. August 2017 legten die Beteiligten zu 1 und 2 am 14. Oktober 2017, eingegangen am 17. Oktober 2017, Beschwerde ein, der das Amtsgericht mit Beschluss vom 18. Oktober 2017 mit der Begründung, sie seien trotz ausreichender Aufklärung ihrer Pflicht zur Mitwirkung an der Passersatzbeschaffung nach wie vor nicht nachgekommen, nicht abhalf und dem Landgericht Krefeld als Beschwerdegericht vorlegte. Das Landgericht gab die Sache formlos unter Verweis auf seine Unzuständigkeit an das Amtsgericht zurück, woraufhin das Amtsgericht die Vorlage an das Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung über die Beschwerde verfügte.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.
II. Der Rechtsweg zum Oberlandesgericht Düsseldorf ist zulässig und die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel ist gegeben, denn bei der angefochtenen Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts handelt es sich um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit gemäß § 42 Abs. 1 Satz 3 PolG NW in Verbindung mit §§ 58 ff. FamFG (Senat, Beschlüsse vom 18. Januar 2017, 3 Wx 237/16, und vom 06. Februar 2014, 3 Wx 193/13 = FGPrax 2014, 182).
Das von den Beteiligten zu 1 und 2 eingelegte Rechtsmittel ist als Antrag gemäß § 62 Abs. 1 FamFG...