Leitsatz (amtlich)

1. Die vom AG getroffene Ermessensentscheidung bezüglich der Verfahrenskosten unterliegt nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Beschwerdegericht, die sich grundsätzlich auf die Frage beschränkt, ob das erstinstanzliche Gericht von dem ihm eingeräumten Ermessen fehlerfrei (d.h. kein Ermessensnichtgebrauch, Ermessensfehlgebrauch und keine Ermessensüberschreitung) Gebrauch gemacht hat.

2. Nur im Falle eines derartigen Ermessensfehlers ist das Beschwerdegericht berechtigt, sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des erstinstanzlichen Gerichts zu setzen.

3. § 81 Abs. 1 Satz 1 FamFG knüpft die Anordnung der Kostenerstattung an das Ergebnis einer Abwägung, das nach den Umständen des Einzelfalles die Kostentragung durch einen bestimmten Beteiligten als billig erscheinen lässt; um einem Beteiligten die Kosten auferlegen zu können, ist es hingegen nicht erforderlich, dass Umstände vorliegen, die nach Art und Bedeutung den Regelbeispielen des § 81 Abs. 2 FamFG gleichkommen.

4. In Antragsverfahren (hier: Gesuch des Testamentsvollstreckers um Rückgabe der Vollmachtsurkunde nach Kraftloserklärung einer vom Erblasser erteilten transmortalen Vollmacht) kann Kriterium der Billigkeit das Maß des Antragserfolges, die Verfahrensführung, das Vorbringen unwahrer Behauptungen, die Erkennbarkeit der Aussichtslosigkeit einer Einwendung von Anfang an sowie die schuldhafte Veranlassung des Verfahrens sein.

 

Normenkette

FamFG § 81 Abs. 1-2

 

Verfahrensgang

AG Düsseldorf (Beschluss vom 16.01.2012; Aktenzeichen 59 H 20/11)

 

Tenor

Die angefochtene Entscheidung wird geändert.

Der Beteiligte zu 2. hat die Kosten des Verfahrens vor dem AG zu tragen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gleichfalls dem Beteiligten zu 2. auferlegt.

Geschäftswert: die im ersten Rechtszug entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1.

 

Gründe

I. Mit Schriftsatz vom 18.3.2011 hat die Beteiligte zu 1. die öffentliche Bekanntmachung ihrer mit Schreiben vom 17.3.2011 an den Beteiligten zu 2. erklärten Kraftloserklärung der dem Beteiligten zu 2. vom Erblasser erteilten transmortalen Vollmacht beantragt. Dem hat das AG mit Beschluss vom 5.4.2011 entsprochen. Der Geschäftswert für dieses Verfahren ist auf 10.000 EUR festgesetzt worden.

Auf den Antrag der Beteiligten zu 1., die Kosten des Verfahrens dem Beteiligten zu 2. aufzuerlegen, hat das AG hernach durch die angefochtene Entscheidung ausgesprochen, jeder Beteiligte habe die ihm entstandenen Kosten selbst zu tragen. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt: Über die Kostentragungspflicht sei nach § 81 FamFG zu entscheiden. Es entspreche billigem Ermessen, den Beteiligten zu 2. nicht mit den außergerichtlichen Kosten der Beteiligten zu 1. zu belasten. Zwar habe er dadurch, dass er die ihm ausgehändigte Vollmachtsurkunde nicht zurückgegeben habe, die Durchführung des Verfahrens veranlasst. Aus der Systematik des § 81 FamFG ergebe sich aber, dass eine solche bloße Veranlassung zur Kostentragung nicht ausreiche. Anderenfalls nämlich wäre das Regelbeispiel des § 81 Abs. 2 Nr. 1 FamFG überflüssig. Das dort vorgesehene grobe Verschulden sei im Falle des Beteiligten zu 2. nicht zu erkennen.

Gegen diesen ihr am 6.2.2012 zugestellten Beschluss wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrem am 7.2.2012 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, dem der Beteiligte zu 2. entgegentritt.

Mit weiterem Beschluss vom 5.4.2012 hat das AG dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt. In diesem Zusammenhang hat es erklärt, die von ihm getroffene Kostenentscheidung sei hinsichtlich der Gerichtskosten nicht unvollständig, weil sich bereits unmittelbar aus den Vorschriften der Kostenordnung ergebe, wem diese zur Last fielen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.

II. Das gem. §§ 58 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde statthafte Rechtsmittel der Beteiligten zu 1. ist insgesamt zulässig und nach der vom AG ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe dem Senat zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 FamFG. Es hat auch in der Sache Erfolg.

1. a) Hinsichtlich des Rechtsmittels gegen die angegriffene Kostenentscheidung sind, was keiner näheren Begründung bedarf, die Erben nach Herrn Roland Schreiber gemäß § 59 Abs. 1 und Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt. Die Beschwerdeführungsbefugnis für dieses Rechtsmittel liegt bei der Beteiligten zu 1.

Der Testamentsvollstrecker ist kraft seines Amtes befugt, im eigenen Namen Beschwerde einzulegen, sofern er wirksam ernannt und die Testamentsvollstreckung noch nicht beendet ist sowie das durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigte Recht seiner Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis unterliegt (Keidel-Meyer-Holz, FamFG, 17. Aufl. 2011, § 59 Rz. 28 m.w.N.).

Die wirksame Ernennung der Beteiligten zu 1. und der Fortbestand der Testamentsvollstreckung stehen nicht in Streit. Sofern man als durch den angegriffenen...

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