Leitsatz (amtlich)
1. Eine schriftlich niedergelegte Erklärung des Erblassers (hier: "L. gib meine Sparbücher von Mama zurück, ich will mit E. das Haus umbauen!
Auch wenn du mich nicht reinlässt sollst du wissen das J. nicht nur das Haus auch mein Vermögen erben soll. Ich brauch das Geld bis Mai 1999.")
kann, auch wenn sie den formalen Voraussetzungen des § 2247 BGB genügt, nur dann als letztwillige Verfügung gelten, wenn - wie hier nicht - nach Auslegung außer Zweifel steht, dass der Erblasser die von ihm erstellte Urkunde als rechtsverbindliche letztwillige Verfügung angesehen oder zumindest das Bewusstsein hatte, sie könnte als solche angesehen werden.
2. Bei verbleibenden Zweifeln findet die Vorschrift des § 2084 BGB, wonach im Zweifel diejenige Auslegung vorzuziehen ist, bei der die Verfügung Erfolg haben kann, keine Anwendung.
3. Ohne Belang für die Feststellung des Testierwillens ist, dass der zu den Akten gereichte handschriftliche Text formal verfahrensrechtlich vom Nachlassgericht als letztwillige Verfügung eröffnet worden ist.
Normenkette
BGB § 2247 Abs. 2, §§ 2084, 2361 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
AG Duisburg-Hamborn (Beschluss vom 16.01.2013; Aktenzeichen 5 VI 188/06) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird auf Kosten der Beteiligten zu 1. zurückgewiesen.
Geschäftswert: bis 120.000 EUR.
Gründe
I. Unter dem 22.9.2006 ist ein aufgrund gesetzlicher Erbfolge ergangener gemeinschaftlicher Erbschein erteilt worden, der die Beteiligte zu 2. sowie die nachverstorbene E. P. M. als Miterbinnen nach dem Erblasser zu je ½ Anteil ausweist. Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 10.10.2012 hat die Beteiligte zu 1. beantragt, diesen Erbschein einzuziehen. Hierzu hat sie sich auf ein ihrer Behauptung nach vom Erblasser hinterlassenes Schriftstück bezogen. Bei diesem handelt es sich um die (einfache) Ablichtung einer notariellen Urkunde vom 27.11.1998, in dem der Erblasser einem Herrn E. L.- dem Großvater der Beteiligten zu 1. - ein unwiderrufliches, unbefristetes, jedoch erst nach dem Tode des Erblassers annehmbares Angebot auf Übertragung eines bestimmten Grundbesitzes, den der Erblasser soeben erworben hatte, machte. Auf dieser Ablichtung findet sich im Anschluss an die mitfotokopierten handschriftlichen Unterschriften des Erblassers und des Notars folgender handschriftlicher Text:
"L. gib meine Sparbücher von Mama zurück, ich will mit E. das Haus umbauen!
Auch wenn du mich nicht reinlässt sollst du wissen das J. nicht nur das Haus auch mein Vermögen erben soll. Ich brauch das Geld bis Mai 1999."
Dieser Text ist handschriftlich unterzeichnet mit "H. H.".
Den Einziehungsantrag der Beteiligten zu 1. hat das Nachlassgericht durch die angefochtene Entscheidung zurückgewiesen.
Mit am 22.1.2013 bei Gericht eingegangener Schrift des beurkundenden Notars hat die Beteiligte zu 1. darüber hinaus einen Erbscheinantrag vom 14.1.2013 zur Nachlassakte gereicht, mit dem sie die Einziehung des Erbscheins vom 22.9.2006 sowie die Erteilung eines neuen, sie als Alleinerbin nach dem Erblasser ausweisenden Erbscheins beantragt. Hierzu hat das Nachlassgericht am 25.1.2013 vermerkt, die Beteiligte zu 1. habe vor Erlass der nachlassgerichtlichen Entscheidung nur einen Einziehungsantrag gestellt, über ihren nunmehr vorliegenden Erbscheinsantrag solle erst nach Rechtsbeständigkeit der Entscheidung über den Einziehungsantrag befunden werden.
Gegen den ihren Verfahrensbevollmächtigten am 12.3.2013 zugestellten Zurückweisungsbeschluss wendet sich die Beteiligte zu 1. nunmehr mit ihrem am 9.4.2013 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem sie beantragt, unter Aufhebung der angegriffenen Entscheidung den Erbschein vom 22.9.2006 einzuziehen und einen neuen Erbschein zu erteilen, wonach sie Alleinerbin nach dem Erblasser geworden sei. Diesem Rechtsmittel hat das Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 10.4.2013 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.
Der Senat hat die Beteiligte zu 2. sowie - teilweise nach ergänzenden Ermittlungen - sämtliche Erbeserben der nachverstorbenen Frau M. angehört. Die (anwaltlich vertretene) Beteiligte zu 2. tritt dem Rechtsmittel eingehend entgegen; der Sache nach äußern sich die übrigen Beteiligten, soweit sie Erklärungen zur Gerichtsakte gereicht haben, mit demselben Ziel. Der Wechsel von Schriftsätzen mit Vorbringen in der Sache zwischen der Beteiligten zu 1. und der Beteiligten zu 2. hat mit Schriftsatz der Beteiligten zu 2. vom 10.3.2014 geendet. Mit weiterem Schriftsatz vom 18.6.2014 erhebt die Beteiligte zu 2. u.a. die Verzögerungsrüge.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Nachlassakte, der Testamentsakte 5 IV 298/12 sowie der beigezogenen Nachlassakten 5 VI 160/05, 382/06, 405/06 und 212/06, jeweils AG Duisburg-Hamborn, Bezug genommen.
II. Das gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde - mit dem Ziel, das Nachlassgericht zur Einziehung anzuweisen - zulässige Rec...