Leitsatz (amtlich)

Durch die Rückrechnung des kapitalisierten Ehezeitanteils in Versorgungspunkte anhand von Barwertfaktoren, die auf versicherungsmathematischen Grundsätzen beruhen und individuelle biometrische Risiken der Versicherten berücksichtigen, wird der Halbteilungsgrundsatz nicht verletzt.

Dass dem Ausgleichsberechtigten aus der Hälfte des Wertes der während der Ehezeit erworbenen Versorgung jeweils auch die gleiche Leistung zufließt, ist nach § 11 VersAusglG nicht geboten.

Zur Berechnung des Ehezeitanteils einer Startgutschrift in der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes nach § 40 VersAusglG.

 

Verfahrensgang

AG Krefeld (Beschluss vom 01.03.2013; Aktenzeichen 66 F 102/11 VA)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG -Familiengericht Krefeld vom 1.3.2013 wird auf Ihre Kosten zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerin haben am 18.1.1991 die Ehe miteinander geschlossen und sind durch Urteil des AG Krefeld vom 6.10.2009 geschieden worden. In der abgetrennten und durch Beschluss vom 1.3.2013 entschiedenen Folgesache Versorgungsausgleich hat das AG - neben anderen Anordnungen zum Versorgungsausgleich - das bei der weiteren Beteiligten bestehende Anrecht der Antragsgegnerin aus der Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes in der Pflichtversicherung intern geteilt und zugunsten des Antragstellers ein Anrecht i.H.v. 25,36 Versorgungspunkten übertragen.

Die Antragsgegnerin rügt mit ihrer Beschwerde, dass diese Teilung den Halbteilungsgrundsatz verletze und ihr eine im Hinblick auf die Rentenberechnung, insbesondere bezüglich einer zu berücksichtigenden Startgutschrift, fehlerhaft erteilte Auskunft zugrunde liege.

Der Antragsteller tritt der Beschwerde entgegen.

Die weitere Beteiligte hat sich im Beschwerdeverfahren ergänzend geäußert.

II. Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

Die weitere Beteiligte hat in ihrer Auskunft vom 27.9.2010 den Ehezeitanteil des von der Antragsgegnerin bei ihr erworbenen Anrechts auf der Grundlage ihrer Satzung (im Folgenden VBLS) in Form von Versorgungspunkten i.H.v. 36,01 errechnet. Unter Anwendung von § 32a Abs. 2 VBLS hat sie einen Ausgleichswert von 25,36 Versorgungspunkten vorgeschlagen und den korrespondierenden Kapitalwert mit 12.333,89 EUR angegeben. Mit weiterer Mitteilung vom 20.12.2012 hat sie diese Auskunft nach der Neuregelung des Tarifvertrages bestätigt.

Der vorgeschlagene Ausgleichswert ist gem. § 11 VersAusglG nicht zu beanstanden.

Zwar beträgt der im Versorgungsausgleich für den Antragsteller zu übertragende Ausgleichswert aus der Zusatzversorgung der Antragsgegnerin bei der weiteren Beteiligten mit 25,36 Versorgungspunkten mehr als die Hälfte der von der Antragsgegnerin während der Ehezeit erworbenen Versorgungspunkte. Der Berechnung des Ausgleichswerts liegt aber der durch das Bundesministerium für Finanzen als zuständige Aufsichtsbehörde genehmigte § 32a VBLS zugrunde. Hiernach wird nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zunächst das während der Ehezeit erworbene Anrecht der ausgleichspflichtigen Person in einen Barwert umgerechnet. Die Hälfte dieses Barwerts wird nach Abzug der Teilungskosten für die ausgleichsberechtigte Person in Versorgungspunkte umgerechnet. Die bei der Ermittlung des Ausgleichswerts jeweils anzuwendenden Barwertfaktoren sind Teil des technischen Geschäftsplans der weiteren Beteiligten, der wiederum durch das Bundesministerium für Finanzen als zuständige Aufsichtsbehörde geprüft und genehmigt wird. Die Barwertfaktoren beruhen auf versicherungsmathematischen Grundsätzen und berücksichtigen die individuellen biometrischen Risiken der Versicherten.

Gegen diese Ermittlung des Ausgleichswerts durch Halbteilung des um die Teilungskosten bereinigten kapitalisierten Ehezeitanteils mit anschließender Rückrechnung in Versorgungspunkte bestehen keine Bedenken. Entsprechend den Vorgaben des BVerfG ist eine Teilung des Versorgungsvermögens, also eine Teilung des Bar- oder Kapitalwertes der ehezeitlichen Rentenanrechte verfassungsrechtlich wünschenswert (vgl. BVerfG NJW 2006, 2175; BVerfG NJW 1980, 692; Voucko-Glockner, FamFR 2011, 129). Mit der Halbierung des Barwerts der Versorgung zur Ermittlung des Ausgleichswerts wird daher eine wertmäßige Entsprechung i.S.d. § 11 Abs. 1 Nr. 2 VersAusglG sichergestellt. Die gesetzliche Vorgabe des § 11 VersAusglG, die gleichwertige Teilhabe des anderen Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Anrechten zu sichern, setzt die VBLS dadurch um, dass mit Hilfe unterschiedlicher Barwertfaktoren den individuellen Besonderheiten zwischen den Eheleuten Rechnung getragen wird (vgl. OLG Oldenburg, FamRZ 2011, 374, 375). Dass die weitere Beteiligte sodann mit Hilfe des hälftigen Barwertes unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Versorgungsrisiken beider Ehegatten ein eigenes Anrecht des Ausgleichsberechtigten in Form von Versorgungspunkten ermittelt, ist nicht zu beanstanden. Denn nach § 11 VersAusglG ist nur erforderlich, dass dem Ausgleichsberechtigten die Hälfte...

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