Entscheidungsstichwort (Thema)

Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich: Korrektur wegen grober Unbilligkeit

 

Leitsatz (amtlich)

Zur - hier nicht gebotenen - Korrektur der Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs gem. § 3a Abs. 6 VAHRG, 1587h BGB a.F.

 

Normenkette

VAHRG (a.F.) § 3a Abs. 1, 4 Sätze 1-2; VersAusglG § 25 Abs. 1, 5, § 27; BGB (a.F.) § 1587h

 

Verfahrensgang

AG Mülheim a.d. Ruhr (Beschluss vom 16.07.2010; Aktenzeichen 20 F 775/09)

 

Tenor

Die Beschwerde der weiteren Beteiligten gegen den Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 16.7.2010 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die weitere Beteiligte.

Beschwerdewert: 3.608,56 EUR.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin war vom 1.4.1964 bis zum 4.7.1989 mit Herrn B. (geb. am 4.11.1941) verheiratet. Ehezeitende gem. § 1587 Abs. 2 BGB a.F. war der 30.11.1986. Im Scheidungsurteil vom 8.6.1989 hat das AG Mülheim/Ruhr den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich betreffend eine Betriebsrente des Ehemannes bei der Firma S. AG i.H.v. 45,56 DM durchgeführt.

Herr B., der zuvor wieder geheiratet hatte, ist am 24.7.2008 verstorben. Er bezog zuletzt eine Betriebsrente von der Antragsgegnerin - der Rechtsnachfolgerin der Firma S. AG - i.H.v. monatlich 902,78 EUR. Der Rente lag u.a. zugrunde, dass Herr B. seit dem 1.4.1995 infolge Erkrankung frühberentet wurde. In § 7 Ziff. 4 der Ruhegeldordnung 60/81 der Antragsgegnerin heißt es u.a., dass im Falle der Dienstunfähigkeit eine Kürzung der Rente um 0,4 % pro Monat, um den der Versorgungsfall früher eintritt als der normale Altersrentenbeginn, maximal jedoch um 12 % vorgenommen wird; diese Regelung gilt gem. § 7 Ziff. 5 auch für den Fall, dass die Dienstunfähigkeit bis zur Pensionierung andauert.

Die Antragsgegnerin hat bis einschließlich Juli 2008 im Hinblick auf den vom AG im Scheidungsurteil durchgeführten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich monatlich 23,29 EUR (= 45,56 DM) an die Antragstellerin gezahlt, diese Zahlung nach dem Tode des Herrn B. jedoch eingestellt. Mit Schreiben vom 1.4.2009 wurde die Antragsgegnerin aufgefordert, (rückwirkend) den verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich zu bezahlen.

Das AG hat die Antragsgegnerin verpflichtet, an die Antragstellerin ab April 2009 im Rahmen des verlängerten schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs eine monatliche Ausgleichsrente i.H.v. 314,13 EUR zu zahlen. Die Parteien haben diese Entscheidung nicht angefochten.

Die als weitere Beteiligte dem Verfahren beigeladene Witwe des Herrn B. macht mit ihrer Beschwerde geltend, dass sich aus einem Vergleich der von der Antragsgegnerin erteilten Auskünfte über die Betriebsrente des Herrn B. vom 22.5.1987 (11.356,90 DM) und 8.12.2009 (10.628,28 EUR) eine durchschnittliche Einkommenssteigerung von 3,6 % jährlich ergebe; dies sei nicht nachvollziehbar. Zudem habe das AG nicht berücksichtigt, dass die Dauer der Gesamtversorgung von Herrn B. auf das Erreichen des 65. Lebensjahres im November 2006 hätte berechnet werden müssen; indem das AG die Gesamtversorgungszeit des Herrn B. lediglich bis zum 31.3.1995 berechnet habe, habe es zu Unrecht den auf die Antragstellerin entfallenden Ehezeitanteil erhöht.

Die weitere Beteiligte beantragt, den Beschluss des AG Mülheim an der Ruhr vom 16.7.2010 aufzuheben und nach Neuberechnung durch die Beteiligte E. S. GmbH den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchzuführen.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat keinen eigenen Antrag gestellt, in ihrer Beschwerdeerwiderung jedoch die Entscheidung des AG - betreffend den Beschwerdegegenstand - verteidigt.

II. Die Beschwerde der weiteren Beteiligten ist gem. § 621e ZPO zulässig - da die verfahrenseinleitende Antragschrift am 8.8.2009 beim AG eingegangen ist, ist das bis zum 31.8.2009 geltende Recht anzuwenden - jedoch nicht begründet.

Soweit der Vergleich der für die Betriebsrente des verstorbenen Herrn B. erteilten Auskünfte aus den Jahren 1987 und 2009 in der Tat rechnerisch eine jährliche Steigerungsrate von 3,6 % ergibt, ist dieser Umstand nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit der amtsgerichtlichen Entscheidung hervorzurufen. Die Antragsgegnerin hat nachvollziehbar dargetan, dass die unterschiedlichen Beträge Ausdruck der zwischenzeitlichen wirtschaftlichen Entwicklung sind und nicht für ungewöhnlich erachtet würden. Im vorliegenden Verfahren sind die Steigerungsraten für das Jahr 2008 (1,93 %) und das Jahr 2009 (1,42 %) aktenkundig geworden, mithin für Jahre, in denen gerichtsbekannt schlechte konjunkturelle Bedingungen vorlagen. Wenn gleichwohl in vergleichsweise "schlechten" Jahren nicht unerhebliche Steigerungssätze gegeben sind, ist durchaus der Rückschluss erlaubt, dass - zumal in der Branche der Energiewirtschaft - in Jahren stärkerer Konjunktur, zu denen zumindest die späten 80er und die frühen 90er Jahre noch zu rechnen sind, entsprechend höhere Steigerungsraten gegeben waren, so dass die Erklärung der Antragsgegnerin als nachvollziehbar erscheint. Zudem pro...

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