Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung der Kosten eines Privatgutachtens zur Überprüfung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens im Kostenfestsetzungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, wann die Hinzuziehung eines Privatgutachters erforderlich ist, um eine sachgerechte Verteidigung der Partei zu ermöglichen.
Normenkette
ZPO §§ 91, 104 Abs. 3 S. 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2
Verfahrensgang
LG Krefeld (Beschluss vom 17.07.2006; Aktenzeichen 11 O 78/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Krefeld - Rechtspflegerin - vom 17.7.2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Urteils der 1. Kammer für Handelssachen des LG Krefeld vom 25.10.2005 sind von der Klägerin 12.942,35 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 17.2.2006 an die Beklagte zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Gründe
I. Die Beklagte wendet sich gegen die Zurückweisung ihres weiter gehenden Kostenfestsetzungsantrags vom 15.2.2006 in Bezug auf die Privatgutachterkosten gemäß Rechnung des Ingenieurbüros K. vom 25.11.2005 i.H.v. 1.455 EUR (Bl. 297, 299 GA). Ihre am 14.9.2006 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde (Bl. 449 GA) gegen den ihr am 7.9.2006 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.7.2006 (Bl. 337 f., 468 GA) ist gem. § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO zulässig. Sie hat in vollem Umfang Erfolg.
Bei der Kostenfestsetzung waren die Kosten für die Tätigkeit des Ingenieurbüros K. gemäß Rechnung vom 25.11.2005 i.H.v. 1.455 EUR (netto) zu berücksichtigen. Die Frage der Erstattungsfähigkeit dieser Kosten hängt davon ab, ob und inwieweit die Heranziehung des Privatsachverständigen erforderlich war, um eine sachgerechte Verteidigung der Beklagten durch substantiierten Vortrag zu ermöglichen. Eine Notwendigkeit ist zu bejahen, wenn und soweit der Partei mangels der nötigen Sachkunde eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung oder -verteidigung nicht ohne Hinzuziehung eines Privatgutachters möglich ist (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rz. 13 "Privatgutachten").
Im vorliegenden Fall hat der Sachverständige Dr. S ... aufgrund des landgerichtlichen Beweisbeschlusses vom 10.11.2004 (Bl. 118 ff. GA) in Verbindung mit dem Beschluss vom 29.11.2004 (Bl. 132 GA) unter dem 9.5.2005 (Bl. 174 ff. GA) ein Brandschutzgutachten erstellt. Hierbei hatte er entsprechend dem gerichtlichen Auftrag gem. Ziff. IV. des Beweisbeschlusses die übereinstimmenden Feststellungen in dem Parteigutachten der "X" vom 10.5.2001 (Anlage K9) sowie dem Parteigutachten von P. und K. vom 15.3.2004 (Bl. 65 ff. GA) zugrunde zulegen. Das Gutachten der seitens der hinter der Klägerin stehenden Versicherung beauftragten "X" kam zu dem Schluss, dass eine Überhitzung der Fahrzeugelektrik im Bereich des Fahrerhauses vorne rechts den Brand verursacht habe, weil die in diesem Bereich montierte Masseverkabelung Anschmelzungen aufgewiesen habe, welche für eine Überhitzung der Massekabel spreche, und zudem festgestellt werden könne, dass ein Masseanschluss entgegen der Ausführung an Vergleichsfahrzeugen einen seitenverkehrten und losen Anbau aufgewiesen habe; die seitens der Klägerin verlegte Elektrik sei dagegen als Brandverursacher auszuschließen (S. 13 des Gutachtens). Das Gutachten des seitens der Beklagten und deren Versicherung beauftragen Ingenieurbüros K. gelangte zu dem Ergebnis, dass die Brandursache durch eine Kurzschlussverbindung zwischen dem Plus-Versorgungskabel und der Kardanwelle entstanden und dass dieser Kontakt letztlich auf die nachträgliche Absenkung der Fahrzeughöhe zurückzuführen sein müsse; die unterschiedliche Anbringungen der Batterieversorgung im Laufe des Fahrzeugaufbaus könnten nicht ursächlich sein für das Anstreifen des Plusversorgungskabels, eine fehlende Verschraubung der Masseverbindungskabel durch die Beklage sei eher unwahrscheinlich (S. 10/11, Bl. 74 GA).
Unter Auswertung dieser Privatgutachten ist der gerichtliche Sachverständige Dr. S. zu dem Schluss gelangt, dass das Gutachten der "X" schlüssiger und anhand der Unterlagen nachvollziehbar sei, ein Gutachten zur genauen Brandursache aber nicht mehr erstellt werden könne; die Brandursache könne aber dahin eingegrenzt werden, dass die Höhenabsenkung nicht brandursächlich gewesen sein könne (Bl. 184 GA). Damit steht das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen in zwei wesentlichen Punkten nicht im Einklang mit dem bisherigen Verteidigungsvorbringen der Beklagten. Das Gutachten ist den Parteien gemäß richterlicher Verfügung vom 12.5.2005 zur Kenntnis und zur Mitteilung übersandt worden, ob und ggf. zu welchen Fragen eine Anhörung des Sachverständigen gewünscht werde; ferner ist Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gewährt worden. Vor diesem Hintergrund ist es auch unter Kostengesichtspunkten nicht zu beanstanden, dass die Beklagte das Ingenieurbüro K. zur Überprüfung und zur Fertigung eine...