Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren; Zur Berechtigung des Antragsgegners, Gegenanträge zu stellen; Einschränkung dieses Rechts beim Streithelfer
Leitsatz (amtlich)
1. Im selbständigen Beweisverfahren ist die Streitverkündung zulässig (im Anschluss an BGH v. 5.12.1996 - VII ZR 108/95, MDR 1997, 390 = BauR 1997, 334 = NJW 1997, 859).
2. Der Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren ist berechtigt, eigene Beweisanträge zu stellen, soweit die Beweisfrage, um die der Antragsgegner den Beweisbeschluss ergänzt haben möchte, in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem ursprünglichen Beweisthema steht, keine wesentliche Verzögerung des Verfahrens hiermit verbunden ist und das Beweisverfahren noch nicht beendet worden ist.
3. Will der Streithelfer das selbständige Beweisverfahren um Beweisfragen erweitern, die nur sein Verhältnis zum Streitverkünder betreffen, jedoch für das Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner ohne Bedeutung sind, fehlt es an dem erforderlichen engen sachlichen Zusammenhang. Außerdem dürfen die Beweisfragen nicht derart gestaltet sein, dass ihre Beantwortung allein zu Lasten der Partei des selbständigen Beweisverfahrens geht, der der Streitverkündete beigetreten ist.
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 11.11.2003; Aktenzeichen 6 OH 8/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Streithelferin wird der Beschluss des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 11.11.2003 aufgehoben.
Der Beschluss des LG vom 1.9.2003 zur Anordnung eines selbständigen Beweisverfahrens wird ergänzt um folgende Beweisfragen:
1. Sind die von der Antragstellerin gerügten Mängel des Putzes planungs-, statisch- oder konstruktionsbedingt oder wurden sie durch mangelhafte Vorleistungen, insb. Mängel der Dachkonstruktion, durch das Schwinden des Stahlbetons oder eine nicht ausreichende Wärmedämmung oder mangelhafte Belüftung des Dachraumes verursacht oder können diese Ursachen nicht ausgeschlossen werden?
2. Können für die Streitverkündete nicht erkennbare Materialmängel u.a. der verwendeten Haftbrücke zu den Mängeln geführt haben und kann insb. ausgeschlossen werden, dass die von der Antragsgegnerin der Streitverkündeten zur Verfügung gestellte Haftbrücke vor der Zurverfügungstellung an die Streitverkündete bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt gelagert wurde und kann eine derartige Lagerung zu den von der Antragstellerin gerügten Mängeln führen ohne dass die Streitverkündete die fehlerhafte Lagerung und die dadurch entstandenen Materialmängel hätte erkennen müssen?
3. Wurde die aufgebrachte Haftbrücke durch nach dem Verputzen eintretende Feuchtigkeit zersetzt und ist dies Ursache für die Hohlstellen im Putz bzw. für die Putzabplatzungen, oder kann dies nicht ausgeschlossen werden?
4. Können Materialmängel des Putzmaterials zu den Mängeln geführt haben ohne dass die Streitverkündete dies hätte erkennen müssen oder kann dies ausgeschlossen werden?
5. Sind die Putzendschienen des Deckenputzes und der Gipskartonverkleidung ordnungsgemäß hergestellt worden und wurden diese erst nachträglich durch die Trockenbaufirma starr verspachtelt und kann dies Putzabplatzungen verursacht haben oder kann dies zumindest nicht ausgeschlossen werden?
Der Streithelferin wird aufgegeben, innerhalb einer Frist von 2 Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses einen Auslagenvorschuss von 500 Euro zur Gerichtskasse des LG Düsseldorfs einzuzahlen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Gründe
I. Die Antragstellerin, seinerzeit noch Mitgesellschafterin der W. GbR beauftragte durch Generalunternehmervertrag vom 24.9.1997 die Antragsgegnerin mit der schüsselfertigen und funktionsfähigen Erstellung der Wohngebäude F. Straße Haus Nr. ... Nach Fertigstellung der Gebäude und Bezug der Wohnungen durch Mieter ab dem 1.2.1999 lösten sich Mitte 2002 in mehreren Einheiten in den Wohnungen an den Decken großflächige Putzstücke. Die Antragstellerin beantragte unter dem 23.7.2003 die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens zur Feststellung der Mängel an den Putzflächen, deren Ursachen, der erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen und deren Kosten. Mit Beschluss vom 1.9.2003 ordnete das LG die Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens an; in dem Beschluss hat es die sachverständige Beantwortung nicht nur der von der Antragstellerin gestellten Beweisfragen, sondern auch der Beweisfragen, die die Antragsgegnerin in ihrem Gegenantrag vom 7.8.2003 formuliert hat, angeordnet. Die Antragsgegnerin verkündete mit Schriftsatz vom 8.9.2003 der späteren Streithelferin, bei der es sich um die Subunternehmerin handelt, die aufgrund des mit der Antragsgegnerin geschlossenen Bauvertrages die Putzarbeiten in den Gebäuden durchführte, den Streit mit der Begründung, sie beabsichtige die Streitverkündete in Regress zu nehmen, falls sich herausstellen sollte, dass sie sich berechtigter Gewährleistungs- oder Schadensersatzansprüche der Antragstellerin ausgesetzt sehe....