Leitsatz (amtlich)

Der Prozessbevollmächtigte darf im Falle einer Prozesstrennung einheitlich die Gebühren nach dem Gesamtstreitwert oder gesondert aus den getrennten Verfahren mit den jeweiligen Einzelwerten geltend machen.

 

Normenkette

ZPO § 145; RVG-VV Nr. 3100

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 7 O 374/08)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal - Rechtspflegerin - vom 25.2.2009 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Auf Grund des Beschlusses der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 11.2.2009 sind von den Klägern 472,80 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.2.2009 an den Beklagten zu erstatten.

Das weitergehende Kostenfestsetzungsgesuch des Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Kläger als Gesamtschuldner 63 % und der Beklagte 37 %.

Beschwerdewert: 755,80 EUR.

 

Gründe

Die gem. §§ 11 Abs. 1 RPflG, 567 Abs. 1, 568 Abs. 1 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Kläger hat teilweise Erfolg.

Entgegen der Auffassung der Rechtspflegerin in dem angefochtenen Beschluss und dem Nichtabhilfevermerk vom 22.4.2009 steht dem Beklagte nur ein Kostenerstattungsanspruch in dem tenorierten Umfang zu.

1. Allerdings ist die Kostenfestsetzung in dem abgetrennten Verfahren 7 O 374/08 LG Wuppertal entgegen der Auffassung der Kläger nicht vollständig ausgeschlossen. Die Trennung bewirkt vielmehr das Entstehen neuer, gesondert zu entscheidender Verfahren. Dabei bleiben die vor der Prozesstrennung entstandenen Gebühren bestehen und sie entstehen danach, und zwar nur aus den Werten der getrennten Verfahren, noch einmal (OLG Düsseldorf, 10. OLG Düsseldorf OLGReport Düsseldorf 2000, 74 = AGS 2000, 84; Müller/Rabe Handbuch des FA f. FamR 2. Aufl., 17. Kap., Rz. 153; AK-RVG/Onderka VV Vorbem. 3 Rz. 65; Gerold/Schmidt/Madert/Müller-Rabe, RVG 18. Aufl., VV 3100 Rz. 96; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG, 9. Aufl. VV Vorb. Teil 3 Rz. 36). Der Rechtsanwalt darf wählen, ob er die Gebühren aus dem Verfahren vor der Trennung oder aus den zwei Verfahren danach verlangt. Nebeneinander kann er sie wegen § 15 Abs. 2 RVG nicht geltend machen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O., zum gleichlautenden § 13 Abs. 2 BRAGO; AK/Onderka, a.a.O., Gerold/Schmidt/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O.).

Diesen Grundsätzen wird die angefochtene Festsetzung grundsätzlich gerecht. Denn in dem abgetrennten Verfahren hat der Prozessbevollmächtigte des Beklagten eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV verdient. Nach der Vorbemerkung 3 Abs. 2 RVG-VV entsteht die Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information. Die Verfahrensgebühr ist eine Dauergebühr, die sich über den gesamten verfahrensrechtlichen Abschnitt erstreckt. Sie fällt deshalb stets an, weil der Rechtsanwalt mit jeder mandatsbezogenen Tätigkeit "sein Geschäft betreibt" (Burhoff/Burhoff RVG Vorbemerkung 5 Rz. 16). Nur dort, wo einer Tätigkeit punktuell eine besondere Gebühr (Grundgebühr, Terminsgebühr) gegenübergestellt ist, tritt sie hinter dieser besonderen Gebühr zurück (Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., Rz. 22; BeckOK/Kotz RVG Vorbem. 5 Rz. 12) Die Verfahrensgebühr entsteht, sobald der Rechtsanwalt auf Grund des Beistandsauftrags in irgendeiner Weise tätig wird (Riedel/Sußbauer/Keller, a.a.O., Rz. 17; Gerold/Schmidt/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3100 Rz. 43).

Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat nicht nur in dem ursprünglichen Verfahren 7 O 42/08 LG Wuppertal, sondern auch nach der Prozesstrennung in dem abgetrennten Verfahren das Geschäft betrieben. Denn er hat den Trennungsbeschluss vom 15.10.2008 empfangen und die Rechtsverteidigung des Beklagten darauf eingestellt. Dass der Feststellungsantrag der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht einmal zugestellt worden war, ist dabei ohne Bedeutung. Denn die Kläger hatten dem Beklagten vor der Prozesstrennung selbst die Klageerweiterung durch Telefax von Anwalt zu Anwalt unmittelbar zur Kenntnis gebracht. Damit war dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten bekannt und bewusst, dass das Verfahren den Feststellungsantrag zum Gegenstand hatte. Ob das LG die Prozesstrennung vornehmen durfte, ehe die Klageerweiterung überhaupt zugestellt war, ist ebenso wenig von Belang wie der Umstand, dass die Kläger die Klageerweiterung vor deren förmlicher Zustellung zurückgenommen haben. Denn der Prozessbevollmächtigte konnte dem Beklagten nunmehr empfehlen, zunächst die förmliche Zustellung abzuwarten, und danach über das weitere Vorgehen befinden. Eines schriftsätzlichen Vorbringens bedurfte es für die Entstehung der Verfahrensgebühr nicht (Gerold/Schmidt/Madert/Müller-Rabe, a.a.O., VV 3100 Rz. 44; AK-RVG/Onderka VV Vorbem. 3 Rz. 28).

Der Beklagte hat auch die Gebühren für den Feststellungsantrag nicht doppelt zur Kostenfestsetzung angemeldet. Denn im Ausgangsverfahren sind alle Gebühren ohne Rücksicht auf den Feststellungsantrag angemeldet u...

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