Leitsatz (amtlich)
Bei der Errichtung eines Dreizeugentestaments können Zeugen im Rechtssinne nur anwesende Personen sein, denen bewusst ist und die bereit sind, wegen Fehlens einer amtlichen Urkundsperson bei der Errichtung eines solchen (Not-) Testaments als Zeugen mitzuwirken und eine dahingehende Beurkundungsfunktion zu übernehmen.
Setzt einer der "Zeugen" handschriftlich das Testament auf, weil der Erblasser nicht mehr flüssig schreiben kann, und unterschreibt dieser dasselbe sodann in Gegenwart von Zeugen, so genügt diese Verfahrensweise weder dem Formerfordernis eines Dreizeugentestaments, geschweige denn eines privatschriftlichen Testaments.
Normenkette
BGB §§ 125, 2231, 2247 Abs. 1, § 2250 Abs. 2, § 3 S. 2; BeurkG § 7
Verfahrensgang
AG Oberhausen (Beschluss vom 27.08.2014; Aktenzeichen 6 VI 135/14) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Geschäftswert: 200.000 EUR
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind die Cousinen, der Beteiligte zu 3 ist der Sohn der Beteiligten zu 1 und das Patenkind der am 2.12.2013 verstorbenen Erblasserin; die Erblasserin selbst hatte keine Kinder; ihr Ehemann ist 2006 verstorben.
Die Beteiligten haben zu UR.- NR. 46/2014 des Notars L. in Oberhausen vom 3.2.2014 beantragt, dem Beteiligten zu 3 auf der Basis der am 24.1.2014 (6 IV 1058/13 AG Oberhausen) eröffneten letztwilligen Verfügung der Erblasserin vom 30.9.2013 einen ihn als Alleinerben ausweisenden Erbschein zu erteilen.
Das Testament lautet wie folgt:
"Ich die unterzeichnete E. S.,
...
verfüge wie folgt:
Ich setze mein Patenkind, M. H.,
...,
zum alleinigen Erben meines Wohnhauses nebst dem gesamten Inventar ein.
Ich vermache zu gleichen Teilen mein Geldvermögen sowie die Wertpapiere
meinen Kusinen, H. A-,... und D. H ...
Oberhausen, 30.9.2013
(gez.) E. S."
Das AG hat die Beteiligten unter dem 13.2.2014 darauf hingewiesen, dass der Text des Testaments eine von der Unterschrift abweichende Handschrift aufweise; es werde deshalb um diesbezüglichen Vortrag auch zu den Umständen der Testamentsabfassung sowie Vorlage von Schriftvergleichsproben gebeten.
Die Beteiligten haben hierzu vorgetragen, die Erblasserin habe das Testament in der Tat nicht handschriftlich gefertigt. Die Beteiligten zu 1 und 2 seien am Tage der Testamentserrichtung - vermutlich von einer Stationsschwester - ins Krankenhaus gerufen worden. Man habe ihnen mitgeteilt, dass die Erblasserin sie dringend sehen wolle, weil sie befürchte, alsbald zu sterben. Die Erblasserin habe vom Krankenhaus aus nach ihrem langjährigen Bankberater E. bei der Santander Bank verlangt, der kurze Zeit später dort erschienen sei. Da die Erblasserin nicht mehr flüssig habe schreiben können, habe die Beteiligte zu 2 im Beisein des Zeugen E. das handschriftliche Testament aufgesetzt; die Erblasserin habe dann unterschrieben; zugegen sei weiter eine Schwester gewesen, die das Testament auch unterschrieben habe.
Das Nachlassgericht hat nach Hinweisen vom 13.5.2014, dass die Voraussetzungen für ein wirksames Dreizeugentestament nicht gegeben seien und vom 9.7.2014, dass die Verfügungen gem. §§ 2250 Abs. 3 Satz 2 BGB i.V.m. § 7 BeurkG unwirksam sein dürften, den Erbscheinsantrag vom 5.2.2014 zurückgewiesen.
Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, aus dem Testament vom 30.9.2013 lasse sich die Alleinerbenstellung des Beteiligten zu 3 nicht ableiten; diese Verfügung sei unwirksam. Die Erblasserin habe das Testament nicht selbst handschriftlich geschrieben; insofern ließen sich die Voraussetzungen des § 2247 BGB nicht feststellen, was zur Nichtigkeit führe (§ 2231 Nr. 2 i.V.m. § 125 BGB). Da auch eine Niederschrift eines Notars nicht vorliege, handele es sich auch nicht um ein ordentliches Testament nach § 2231 Nr. 1 BGB.
Die Voraussetzungen eines Nottestamentes vor drei Zeugen (§ 2250 Abs. 2 BGB) seien nicht gegeben. Es möge unterstellt werden, dass sich die Erblasserin in naher Todesgefahr wähnte; es sei aber zweifelhaft, ob die Hinzuziehung eines Notars nicht mehr möglich gewesen wäre. Dies könne allerdings im Ergebnis dahinstehen, weil das Gericht auch im Übrigen die formalen Voraussetzungen eines Nottestamentes nicht für gegeben erachte. Für die Wirksamkeit eines solchen sei erforderlich, dass der Erblasser seinen letzten Willen mündlich erklärt und, dass hierüber eine Niederschrift gefertigt, dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und unterschrieben wird. Die Zeugen ersetzten hierbei funktional den beurkundenden Notar. Dies erfordere, dass sich aus der Urkunde die Beteiligung einer Beurkundungsperson ergibt. Das vorliegende Testament sei indes von keiner der anwesenden Personen unterschrieben außer von der Erblasserin selbst. Insofern habe das Testament bereits nicht das Erscheinungsbild eines solchen Nottestaments. Die Nichtbeachtung wesentlicher Erfordernisse beim Errichtungsakt des Nottestamentes führe zur Nichtigkeit. Sei ein Testament von keinem der Zeugen unterschrieben, so liegt begrifflich eine Niederschrift nicht vor. Damit fehle es an einem wesentlichen Bestandteil des Err...