Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluss der Wohnungseigentümer, auf die gerichtliche Geltendmachung von – offensichtlich schlüssig dargelegten – Schadensersatzansprüchen gegen frühere Verwalter zu verzichten, widerspricht ordnungsgemäßer Verwaltung.
Normenkette
WEG § 21 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Duisburg (Aktenzeichen 21 T 1/99) |
AG Mülheim a.d. Ruhr (Aktenzeichen 23 II 59/98) |
Tenor
Unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels wird der angefochtene Beschluß teilweise abgeändert. Der Beschluß der Wohnungseigentümer vom 25. August 1998 zu TOP 2 wird für ungültig erklärt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten zu 1 und 2 sowie die übrigen Wohnungseigentümer jeweils als Gesamtschuldner je zur Hälfte.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Wert des Beschwerdegegenstandes: 15.000,00 DM.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 ist Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft und zugleich Verwalterin. Sie ist der Auffassung, den Wohnungseigentümern stünden gegen die früheren Verwalter die … GmbH sowie K… S… Schadensersatzansprüche in Höhe von rund 32.500,00 DM zu. Diese Ansprüche beruhten darauf, daß die Firma … GmbH ihrer festgestellten Verpflichtung, die Jahresabrechnungen für die Jahre 1993 bis 1996 neu zu erstellen, trotz mehrfacher Aufforderung nachgekommen sei, vom Konto der Gemeinschaft unberechtigt Vergütungen in Höhe von 1.680,00 DM und 1.840,00 DM entnommen habe, zu Unrecht Lohnauszahlungen in Höhe von 3.506,80 DM vorgenommen und die Belastung der Gemeinschaftskonten mit Überziehungszinsen bzw. Vorschußzinsen in Höhe von rund 300,00 DM veranlaßt habe. Der Verwalter Schulze schließlich habe einen Betrag von 1.230,50 DM zu Unrecht dem Gemeinschaftskonto als Vergütung entnommen.
In der von der Beteiligten zu 1 einberufenen Versammlung vom 25.08.1998 beschlossen die Wohnungseigentümer mit Mehrheit, auf die gerichtliche Geltendmachung dieser im an sie gerichteten Schreiben der Beteiligten zu 1 vom 09.08.1998 aufgeführten Schadensersatzansprüche gegen die früheren Verwalter zu verzichten und die Beteiligte zu 1 nicht zu ermächtigen, die genannten Ansprüche gerichtlich geltend zu machen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 haben beim Amtsgericht beantragt, den Beschluß der Wohnungseigentümer vom 25.08.1998 zu TOP 2 für ungültig zu erklären, die Beteiligte zu 1 zu ermächtigen, als Verwalterin im Namen der Gemeinschaft die Ansprüche gegen die ehemaligen Verwalter entsprechend dem Schreiben vom 09.08.1998 gerichtlich geltend zu machen und die dazu erforderlichen Anträge zu stellen.
Die übrigen Beteiligten haben – soweit sie sich am Verfahren ausdrücklich beteiligten haben – beantragt, die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 zurückzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Wohnungseigentümergemeinschaft sei nicht verpflichtet gewesen, die ihnen möglicherweise zustehenden Ansprüche auch gerichtlich durchzusetzen.
Das Amtsgericht hat die Anträge der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen.
Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist beim Landgericht ohne Erfolg geblieben.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich die Beteiligten zu 1 und 2 mit der sofortigen weiteren Beschwerde, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen.
Die Beteiligten zu 7, 8 und 12 sind dem Rechtsmittel entgegengetreten.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Die gemäß § 45 Abs. 1 WEG, §§ 22 Abs. 1, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 hat Erfolg, soweit sie begehren, den Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft zu TOP 2 vom 25.08.1998 für ungültig zu erklären, denn insoweit beruht die Entscheidung des Landgerichts auf einer Verletzung gesetzlicher Vorschriften im Sinne des § 27 FGG. Im übrigen ist das Rechtsmittel nicht begründet.
1.
Das Landgericht hat ausgeführt, der Beschluß der Wohnungseigentümer, die von der Beteiligten zu 1 für begründet erachteten Schadensersatzansprüche gegen die ehemaligen Verwalter nicht gerichtlich geltend zu machen, halte sich noch im Rahmen ordnungsgemäßer Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 4 WEG. Die Entscheidung über die Geltendmachung solcher Ansprüche obliege der Versammlung der Wohnungseigentümer. Halte die Gemeinschaft einen Anspruch nicht für gegeben oder halte sie aus sonstigen Gründen eine Rechtsverfolgung nicht für angezeigt, so könne sie von der gerichtlichen Geltendmachung auch bestehender Ansprüche absehen, wenn es dafür sachliche Gründe gebe. Die aus dem Wunsch der Mehrheit der Wohnungseigentümer, nach wiederholten und langjährigen Auseinandersetzungen weitere Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden, resultierende Ermessensentscheidung sei mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung vereinbar. Die Absicht der Mehrheit, durch die Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten Ruhe in die Gemeinschaft zu bringen, erscheine vernünftig, weil die zahllosen Rechtsstreitigkeiten sowohl das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander störten als auch den Wert der einzelnen Wohnungen beeinträchtigten....