Leitsatz (amtlich)
Hat das Familiengericht in einem keine Familiensache betreffenden Verfahren zur Sache entschieden, ohne die Frage seiner Rechtswegzuständigkeit erkennbar geprüft zu haben, ist die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit im Beschwerdeverfahren nicht gemäß § 17 a Abs. 5 i.V.m. Abs. 6 GVG ausgeschlossen.
Normenkette
GVG § 17 a
Verfahrensgang
AG Düsseldorf (Aktenzeichen 256 F 28/18) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Standesamts der Stadt Neuss wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Düsseldorf vom 26.04.2018 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Familiengerichten wird für unzulässig erklärt. Das Verfahren wird an das Amtsgericht - Zivilabteilung - Düsseldorf verwiesen.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
II. Beschwerdewert: 5.000 EUR.
Gründe
I. Die Kindesmutter und der Beteiligte A. - beide sind mazedonische Staatsbürger - waren miteinander verheiratet. Am 18.07.2017 hat der Beteiligte V., ein minderjähriger italienischer Staatsbürger, die Vaterschaft hinsichtlich des seinerzeit von der Kindesmutter erwarteten Kindes gegenüber dem Jugendamt der Stadt Neuss anerkannt. Die Ehe der Kindesmutter und des Beteiligten A. wurde am 11.09.2017 rechtskräftig geschieden. Das Standesamt der Stadt Neuss hat das Amtsgericht um Herbeiführung einer Entscheidung darüber ersucht, ob der Anerkennende, der italienische Staatsbürger V., als Vater in das Geburtenregister des am 14.10.2017 geborenen Kindes einzutragen ist.
Mit Beschluss vom 26.04.2018 hat das Amtsgericht - Familiengericht - das Standesamt angewiesen, die Geburt des am 14.10.2017 geborenen Kindes der Kindesmutter und des Kindesvaters V. zu beurkunden. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, die Abstammung könne gemäß Art. 19 Abs. 1 EGBGB aufgrund des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes nach deutschem Recht beurteilt werden. Danach ergebe sich die Vaterschaft des Beteiligten V. kraft Anerkennung gemäß § 1592 Nr. 2 BGB. Wegen der nach der Ehescheidung erfolgten Geburt sei § 1592 Nr. 1 BGB nicht einschlägig und könne nicht auf § 1594 Abs. 2 BGB zurückgegriffen werden, und zwar mangels Regelungslücke auch nicht im Wege einer analogen Anwendung.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Standesamts, mit der im Wesentlichen gerügt wird, dass das Amtsgericht die weiteren Alternativen des Art. 19 EGBGB außer Acht gelassen habe. Grundsätzlich seien die Anknüpfungspunkte dieser Norm gleichrangig. Insbesondere sei auch das Heimatrecht des geschiedenen Ehemannes der Kindesmutter, das mazedonische Recht, zu beachten, nach dessen Maßgabe der Ehemann der Mutter als Vater auch des innerhalb von 300 Tagen nach Beendigung der Ehe geborenen Kindes gelte.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt in der Sache zur Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung, zur Verneinung des Rechtswegs zu den Familiengerichten und zur Verweisung der Sache an das Amtsgericht - Zivilabteilung - Düsseldorf.
1. Das Verfahren betrifft eine Personenstandssache im Sinne der §§ 48 ff. PStG, für die gemäß § 50 Abs. 1 PStG ausschließlich das Amtsgericht Düsseldorf zuständig ist, und zwar im Rahmen seiner Zuständigkeit in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten - Zivilabteilung -, weil eine Zuständigkeit des Familiengerichts gemäß § 23 b Abs. 1 GVG nicht begründet ist. Es geht nämlich um keine Familiensache, wie sich aus § 111 FamFG ergibt, dessen - abschließender - Katalog Personenstandssachen nicht umfasst.
2. Da für das Verhältnis zwischen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Familiensachen gemäß § 17 a Abs. 6 GVG die Regelungen über die Rechtswegzuständigkeit nach § 17 a GVG entsprechend gelten, hätte das Amtsgericht - Familiengericht - nicht in der Sache entscheiden dürfen, sondern gemäß § 17 a Abs. 2 Satz 1 GVG von Amts wegen seine Unzuständigkeit aussprechen und das Verfahren an das Amtsgericht - Zivilabteilung - verweisen müssen. Nunmehr hat der wegen des Rechtsmittels des Standesamts mit der Rechtswegfrage befasste Senat entsprechend zu entscheiden.
Die Norm des § 17 a Abs. 5 GVG, nach der das Rechtsmittelgericht die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtswegs nicht prüft, steht dem nicht entgegen.
Die Prüfung der Rechtswegzuständigkeit im Rechtsmittelverfahren ist nur dann ausgeschlossen, wenn die Entscheidung in der ersten Instanz unter Beachtung des § 17 a GVG erlassen worden ist (BGHZ 121, 367, juris Rn. 21; Zöller/Lückemann, ZPO, 32. Auflage, § 17 b GVG Rn. 18). Das folgt aus der gebotenen teleologisch einschränkenden Auslegung des § 17 a Abs. 5 GVG, der bezweckt, die Frage der Rechtswegzuständigkeit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt des Verfahrens abschließend zu klären (BT-Drucks. 16/7030, S. 36). Dieser Zweck ist nicht tangiert, wenn das OLG erstmals mit der - bislang nicht peprüften - Frage der Rechtswegzuständigkeit befasst wird (OLG Nürnberg, FamRZ 2012, 896, juris Rn. 24). In einer solchen Konstellation ist nämlich noch keine Klärung erfolgt, deren Fortgeltung für den weiteren Instanzenz...