Leitsatz (amtlich)
1. Auch der Schuldner selbst kann Rechtsnachfolger im anfechtbaren Erwerb werden. Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 145 Abs. 2 InsO setzt nicht die Vollübertragung des anfechtbar Erlangten voraus, sondern kann schon vorliegen, wenn aus dem anfechtbar Erworbenen ein neues, beschränktes Recht geschaffen oder eine besondere Befugnis abgezweigt wird.
2. Hat der Schuldner seinen Miteigentumsanteil an einem Grundstück an den anderen Miteigentümer anfechtbar übertragen und räumt dieser ihm sodann ein Mitbenutzungsrecht am gesamten Grundbesitz ein (§ 1090), so ist der Schuldner hinsichtlich des Mitbenutzungsrechts als Rechtsnachfolger anzusehen, weil erst die Übertragung seines Miteigentumsanteils die Belastung des gesamten Grundstücks ermöglicht hat.
3. Das zugunsten des Schuldners anfechtbar begründete Mitbenutzungsrecht erlischt wegen § 889 BGB nicht schon bei Rückübereignung des Miteigentumsanteils an diesen. Vielmehr bedarf es seiner rechtsgeschäftlichen Aufhebung gemäß § 875 BGB.
Normenkette
BGB §§ 875, 889, 1090; InsO § 145 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 10 O 195/18) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) gegen den ihr Prozesskostenhilfegesuch zurückweisenden Beschluss der 10. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Düsseldorf vom 17.02.2021 (Az. 10 O 195/18) in Verbindung mit dem Nichtabhilfebeschluss vom 22.03.2021 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Kläger ist Insolvenzverwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen der H. (im Folgenden: Schuldnerin und Beklagte zu 2), das aufgrund eines am 21.10.2016 bei Gericht eingegangenen Eigenantrags durch Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf (Az. 514 IK 190/16) am 30.11.2016 eröffnet wurde (Anlage K 1).
Die Beklagte zu 2) betrieb vom 01.03.2004 bis 01.09.2012 eine Gaststätte unter der Adresse xyz.
Mit notariellem Vertrag vom 19.03.2012 übertrug sie ihren hälftigen Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück H.straße ... in N ... auf den Beklagten zu 1), ihren Ehemann, dem der weitere Miteigentumsanteil gehörte und der dort gemeinsam mit ihr wohnte. Als Zweck der Übertragung war eine "ehebedingte Zuwendung" angegeben. Zugleich wurde der Beklagten zu 2) ein lebenslanges, nicht übertragbares unentgeltliches Mitbenutzungsrecht eingeräumt. Die mit dinglicher Wirkung übernommene Grundschuld über 100.000 DM valutierte im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch i.H. von 21.496,97 EUR (Anlage K 5). Als Verkehrswert des Grundbesitzanteils gaben die Vertragsparteien 175.000 EUR an; für den Jahreswert der Dienstbarkeit 7.000 EUR. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Vertragsurkunde Bezug genommen (Anlage K 3). Die Eigentumsumschreibung und Eintragung des Mitbenutzungsrechts im Grundbuch erfolgten am 22.03.2012 (Anlage K 15).
Im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses waren Forderungen des Finanzamts N. i.H. von 5.386,87 EUR (Anlage K 9), der Buchhalterin C. i.H. von 1.813,56 EUR (Anlage K 10), der IHK Mittlerer Niederrhein i.H. von 158,88 EUR (Anlage K 11) sowie der Sch. KG i.H. von 327,25 EUR (Anlage K 14) gegen die Beklagte zu 2) zur Zahlung fällig, die bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr beglichen wurden.
Nachdem der Kläger zunächst den Beklagten zu 1) auf Rückübertragung des Miteigentumsanteils an die Beklagte zu 2) gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO verklagt hat, hat er mit Schriftsatz vom 05.03.2020 die Klage auf die Beklagte zu 2) erweitert und begehrt, dass diese erklärt, dass sie das zu ihren Gunsten auf dem Hausgrundstück eingetragene Mitbenutzungsrecht aufgibt und dessen Löschung im Grundbuch bewilligt (§ 875 BGB, § 19 GBO).
Der Kläger meint, die Beklagte zu 2) sei gemäß §§ 143 Abs. 1, 133 Abs. 1, 129 Abs. 1 InsO (i.V.m. § 145 Abs. 2 InsO) zur Rückgewähr verpflichtet. Sie sei bei Abschluss des notariellen Vertrages aufgrund einer Zahlungseinstellung zahlungsunfähig gewesen und habe mit Gläubigerbenachteiligungsvorsatz gehandelt. Die Übertragung des Miteigentumsanteils an den Beklagten zu 1) sei inkongruent, da die Einräumung des Mitbenutzungsrechts keine gleichwertige, der Zwangsvollstreckung unterliegende Gegenleistung darstelle, denn es sei als höchstpersönliches Recht nicht pfändbar (§ 1092 BGB i.V.m. §§ 852, 857 ZPO). Ausnahmsweise bestehe nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ein anfechtungsrechtlicher Rückgewähranspruch gegen den Schuldner selbst, wenn für diesen - wie hier - an einem umfangreichen Vermögensrecht ein Teilrecht anfechtbar begründet werde.
Die Beklagte zu 2) hält die Klage für unbegründet und beantragt für ihre Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe. Sie meint, das Mitbenutzungsrecht würde sich im Falle der Begründetheit der Klage gegen den Beklagten zu 1) (Rückübertragung des Miteigentumsanteils an sie) erledigen und der Kläger könne dann die Berichtigung des Grundbuchs herbeiführen. Sie behauptet, das Hausgrundstück habe zur Zeit des Vertragsschlusses allenfalls einen Wert von 250.000 EUR gehabt.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Proze...