Leitsatz (amtlich)

Wird von der Entziehung der Fahrerlaubnis nur deshalb abgesehen, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorliegen, ist für eine Entschädigung für die Dauer der vorläufigen Entziehung, auch soweit diese die Dauer des in diesem Fall anzuordnenden Fahrverbots überschreitet, grundsätzlich auch aus Billigkeitsgründen kein Raum.

 

Tenor

1. Der Senatsbeschluß vom 10. August 2000 wird aufgehoben.

2. Die sofortige Beschwerde wird als unbegründet auf Kosten des Verurteilten verworfen.

 

Gründe

I.

Auf die Gegenvorstellung des Verurteilten war der Senatsbeschluß vom 10. August 2000 aufzuheben, da bei der Entscheidung übersehen worden ist, daß die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den seinem Verteidiger am 3. November 1999 zugestellten Beschluß der Strafkammer vom 22. Oktober 1999 per Fax vorab am 8. November 1999 und damit fristgerecht eingegangen ist. Das Rechtsmittel ist demnach zulässig.

II.

1.

Das Amtsgericht Neuss hatte den Verurteilten, dem die Fahrerlaubnis durch Beschluß des Amtsgerichts Neuss vom 3. November 1997 vorläufig entzogen worden war und der seinen Führerschein zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt vor dem 2. Dezember 1997 zu den Akten gereicht hatte am 19. August 1998 wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Straßenverkehr zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 150, -- DM verurteilt und ihm die Fahrerlaubnis entzogen, seinen Führerschein eingezogen und auf eine Sperrfrist für die Wiedererteilung einer Fahrerlaubnis von drei Monaten erkannt.

Auf die auf die Entziehung der Fahrerlaubnis beschränkte Berufung des Verurteilten hat die Strafkammer durch Urteil vom 12. November 1998 das Urteil des Amtsgerichts im Rechtsfolgenausspruch dahin abgeändert, daß die Entziehung der Fahrerlaubnis entfällt, und gegen den Verurteilten ein Fahrverbot von drei Monaten verhängt. Der Führerschein wurde dem Verurteilten unter Aufhebung des Beschlusses vom 3. November 1997 am 12. November 1998 ausgehändigt.

Durch Beschluß vom 22. Oktober 1999 hat die Strafkammer es abgelehnt, den Verurteilten für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis aus der Staatskasse zu entschädigen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 StrEG).

Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner sofortigen Beschwerde, die nicht begründet ist.

2.

Nach § 5 Abs. 1 Nr. 3 StrEG ist eine Entschädigung für die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis u. a. dann ausgeschlossen, wenn von der endgültigen Anordnung der Entziehung der Fahrerlaubnis nur deshalb abgesehen worden ist, weil ihre Voraussetzungen nicht mehr vorlagen.

Das ist hier der Fall. Das Amtsgericht hat die bei einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB)nach § 69 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB in der Regel gebotene Entziehung der Fahrerlaubnis ausgesprochen. Die Strafkammer hat ersichtlich die Entziehung der Fahrerlaubnis nur deshalb aufgehoben, weil die vom Amtsgericht festgesetzte Sperrfrist von drei Monaten inzwischen abgelaufen und der Zweck der Maßregel durch die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis bereits erreicht war. Dementsprechend hat sie gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 StGB auf das in der Regel anzuordnende Fahrverbot erkannt.

Eine Entschädigung nach Billigkeit gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG kommt danach nicht in Betracht.

Liegt ein Ausschlußgrund nach § 5 Abs. 1 Nr. 3, 2. Variante StrEG vor, scheidet eine Entschädigungsentscheidung zugunsten des Verurteilten grundsätzlich aus (vgl. Senat, Beschluß v. 12. 06. 91 - 1 Ws 524/91 -; Meyer, Strafentschädigung und Auslagenerstattung, 3. Aufl. , § 5 StrEG Rn. 24, 25; Himmelreich/Hentschel, Fahrverbot/Führerscheinentziehung, 8. Aufl. , Bd. 1, Rn. 371). Ob eine Ausnahme in Betracht kommt, wenn der Vollzug der Maßnahme unangemessen lange bestanden hat und sich aufgrund einer Gesamtabwägung als unverhältnismäßig erweist (so Meyer, aaO, § 5 Rn. 25; BayObLG VRS 71, 386; a. M. Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 44. Aufl. , § 5 StrEG Rn. 4), bedarf hier keiner Entscheidung, denn die Dauer des Vollzuges der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis war nicht unverhältnismäßig und insbesondere nicht durch eine nicht begründete Verzögerung des Verfahrens verursacht. Gründe für die lange Verfahrensdauer waren ein Wechsel der Einlassung des Verurteilten, die Benennung einer Zeugin für seine geänderte falsche Einlassung, die infolgedessen gebotenen ergänzenden Ermittlungen, falsche Angaben der Zeugin gegenüber der Polizei und eine falsche Aussage der Zeugin vor dem Amtsgericht sowie die Einlegung unbegründeter Rechtsmittel durch den Verurteilten. Angesichts dessen entspricht es nicht der Billigkeit, dem Verurteilten gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 2 StrEG eine Entschädigung zu gewähren.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2572839

ZAP 2000, 1398

DAR 2001, 38

NZV 2001, 177

VRS 2000, 444

NPA 2001

www.judicialis.de 2000

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