Leitsatz (amtlich)
1. Die Verfolgung des Interesse der - bekannten - Erben, ein zum Nachlass gehörendes Grundstück wirtschaftlich zu nutzen oder zu veräußern bzw. auflaufende Kosten zu vermeiden, ist kein Fall des Fürsorgebedürfnisses, stellt sich nicht als Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs im Sinne des § 1961 BGB dar und rechtfertigt nicht die Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft für potentielle Miterben, deren Anschriften zu ermitteln bzw. für die standesamtliche Nachweise wie Geburts- und Heiratsurkunden zu beschaffen, nicht gelungen ist.
2. Zur Auslegung des vorstehend geltend gemachten Sicherungsinteresses als Anregung auf Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft von Amts wegen nach § 1960 BGB (mit Blick auf für die zum Nachlass gehörende Immobilie anfallende, hinsichtlich ihrer konkreten Erforderlichkeit aufklärungsbedürftige Kosten sowie eine womöglich gebotene Erbenermittlung)
3. Das Beschwerdegericht darf eine Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn das erstinstanzliche Gericht über das verfahrensgegenständliche Rechtsverhältnis noch nicht in der gebotenen Weise umfassend entschieden hat (hier zu prüfende Voraussetzungen des § 1960 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 BGB).
Normenkette
BGB § 1960 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 1961; FamFG §§ 26, 58 ff., § 69 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach (Aktenzeichen 12 VI 619/18) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - nach Maßgabe der folgenden Gründe an das Nachlassgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 65.000,00 EUR
Gründe
I. Durch Teilerbschein des Amtsgerichts Mönchengladbach-Rheydt vom 17. Dezember 2018 (Az. 12 VI 314/18), auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, wurden die Antragsteller neben weiteren acht Miterben als Erben nach der Erblasserin festgestellt. Darüber hinaus kommen die Abkömmlinge der vorverstorbenen D... A... als weitere Miterben in Betracht. D... A... soll B... und C... A... adoptiert haben. Ob diese noch leben oder schon verstorben sind und ob sie Abkömmlinge hinterlassen haben, konnte bislang nicht aufgeklärt werden.
Die Beteiligten haben Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft für B... und C... A... beantragt und geltend gemacht, es sei ihnen nicht gelungen, deren Anschriften zu ermitteln bzw. standesamtliche Nachweise wie Geburts- oder Heiratsurkunden zu beschaffen. Es bestehe ein Fürsorgebedürfnis, weil das zum Nachlass gehörende Grundstück wirtschaftlich genutzt bzw. veräußert werden solle. Ohne Einrichtung einer Nachlasspflegschaft wäre die Erbengemeinschaft blockiert.
Mit Beschluss vom 18. Februar 2019 hat das Nachlassgericht den Antrag zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die Veräußerung eines Grundstücks sei kein Fall des Fürsorgebedürfnisses im Sinne des § 1961 BGB, der ausdrücklich die Geltendmachung eines gegen den Nachlass gerichteten Anspruchs fordere. Die gerichtliche Geltendmachung des Auseinandersetzungsanspruchs durch einen Miterben (Teilungsversteigerung) sei nicht vorgetragen.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten. Sie machen geltend, die Einrichtung der Teilnachlasspflegschaft sei zur Erbauseinandersetzung erforderlich. Diese sei dringlich, weil insbesondere im Zusammenhang mit der Immobilie, die baldmöglichst veräußert werde solle, Kosten aufliefen. Im Hinblick auf die zu erwartende Dauer eines Erbenaufgebotsverfahrens sei zu befürchten, dass das Erbe anderenfalls über Jahre brachliegen werde.
Mit weiterem Beschluss vom 26. Februar 2019 hat das Nachlassgericht der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt. Es hat ausgeführt, die Nachlasspflegschaft solle grundsätzlich die Interessen der unbekannten Erben schützen und nicht eine schnelle Vermarktung der Nachlassbestandteile für die bekannten Erben ermöglichen. Insbesondere wenn - wie hier - nicht sicher sei, ob die unbekannten Erben oder ihre Rechtsnachfolger noch lebten, sei das Aufgebot das richtige Mittel um eine vollständige Aufteilung des Nachlasses auf alle bekannten Erben zu ermöglichen. Die Frist für eine öffentliche Aufforderung nach § 352 d FamFG betrage lediglich sechs Wochen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II. Die Beschwerde ist gemäß §§ 58 ff. FamFG zulässig.
In der Sache hat die Beschwerde in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Der Antrag auf Einrichtung einer Teilnachlasspflegschaft kann nicht mit der vom Nachlassgericht gegebenen Begründung zurückgewiesen werden, was die Zurückverweisung zur Folge hat. Nach § 69 Abs. 1 Satz 2 FamFG darf das Beschwerdegericht eine Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen, wenn dieses in der Sache noch nicht entschieden hat. Diese Voraussetzung ist immer dann erfüllt, wenn das erstinstanzliche Gericht eine Entscheidung über das verfahrensgegenständliche Rechtsverhältnis noch nicht in de...