Leitsatz (amtlich)

1. Zu den Voraussetzungen für die Anordnung einer (erneuten) Teil-Nachlasspflegschaft gemäß § 1960 Abs. 1 BGB wegen bestehender Ungewissheit in Bezug auf die Person des Erben des letzten 1/6-Anteils am Nachlassvermögen und die daraus folgenden Schwierigkeiten der Erbauseinandersetzung nach dem Auffinden von Kontoauszügen eines bislang unbekannten Kontos des Erblassers bei einer Bank in Luxemburg (hier: Verneinung des Vorhandenseins eines Bedürfnisses für die gerichtliche Fürsorge jedenfalls mit Blick auf die zwischenzeitlich erfolgte Hinterlegung des in den Nachlass fallenden Bankguthabens)

2. Der sich nicht gegen den Nachlass, sondern gegen die Miterben richtende Anspruch auf Erbauseinandersetzung gemäß § 2042 BGB (hier: Auszahlung des hinterlegten Bankguthabens) kann nicht Gegenstand der Anordnung einer (Teil-) Nachlasspflegschaft nach § 1961 BGB sein.

 

Normenkette

BGB § 1960 Abs. 1-2, §§ 1961, 2042

 

Verfahrensgang

AG Oberhausen (Aktenzeichen 6 VI 96/10)

 

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 4 vom 7. Mai 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oberhausen - Nachlassgericht - vom 16. April 2019 wird zurückgewiesen.

Geschäftswert: 6.000,- EUR

 

Gründe

I. Gemäß gemeinschaftlichen Teilerbscheins vom 26. Januar 2010 sind die Beteiligten zu 2 bis 4 Miterben des Erblassers; auf die Beteiligte zu 2 entfällt 1/2-Anteil und auf die Beteiligten zu 3 und 4 jeweils 1/6-Anteil. Hinsichtlich des verbleibenden 1/6-Anteils sind die Erben unbekannt, weshalb das das Nachlassgericht mit Beschluss vom 26. Januar 2010 die Teil-Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben des 1/6-Anteils des Nachlasses des Erblassers anordnete und den Beteiligten zu 1 zum Teilnachlasspfleger bestellte. Die Beteiligte zu 3 verstarb am 7. Dezember 2011, ihr testamentarischer Alleinerbe ist der Beteiligte zu 5. Mit Beschluss vom 11. April 2014 hob das Nachlassgericht die Teil-Nachlasspflegschaft auf. Ein Bedürfnis hierfür sei nicht mehr gegeben, denn das restliche Guthaben aus einem Konto des Erblassers bei der Stadtsparkasse ... sei hinterlegt worden.

Im Jahr 2018 fand der Beteiligte zu 5 in den Unterlagen des Erblassers Kontoauszüge eines bislang unbekannten Kontos bei der ... Bank in Luxemburg, weshalb der Beteiligte zu 1 sowie die Beteiligte zu 4 am 9. April 2018 bzw. am 25. April 2018 um erneute Einrichtung einer Teil-Nachlasspflegschaft baten. Das lehnte das Nachlassgericht mit Beschluss vom 15. Mai 2018 ab, da ein ausreichendes Sicherungsbedürfnis nicht gegeben sei. Die Bank könne den bei ihr gutgeschriebenen Betrag jederzeit hinterlegen.

In der Folgezeit hinterlegte die ... Bank den auf dem Konto des Erblassers gutgeschriebenen Betrag bei der Hinterlegungsstelle des Amtsgerichts Oberhausen (1 HL 72/18). Von dort wurde mitgeteilt, dass der hinterlegte Betrag ausgezahlt werde, wenn von allen Erben gleichlautende Freigabeerklärungen abgegeben würden. Vor diesem Hintergrund hat die Beteiligte zu 4 am 11. Februar 2019 die erneute Anordnung der Teil-Nachlasspflegschaft für die unbekannten Erben beantragt. Anderenfalls könne der hinterlegte Betrag an die bekannten Erben nicht ausgezahlt werden, was faktisch einer Enteignung gleichkäme.

Mit Beschluss vom 16. April 2019 hat das Nachlassgericht den Antrag auf Anordnung einer Teil-Nachlasspflegschaft abgelehnt. Es liege bereits eine rechtskräftige Entscheidung über die Frage einer erneuten Anordnung vor. Die zwischenzeitlich stattgefundene Hinterlegung habe im Zweifel eher zu einer Verbesserung der Sicherung des hinterlegten Sparguthabens geführt.

Hiergegen wendet sich die Beteiligte zu 4 mit ihrer Beschwerde vom 7. Mai 2019. Sie meint, eine rechtskräftige Entscheidung liege nicht vor, denn wegen der zwischenzeitlichen Hinterlegung sei eine neue Situation eingetreten. Die Nachlasspflegschaft sei notwendig und gemäß § 1961 BGB anzuordnen, damit sie ihr Ziel, ihren Anspruch auf Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft auch gegenüber den unbekannten Erben geltend zu machen, erreichen könne.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht Düsseldorf mit weiterem Beschluss vom 13. Mai 2019 zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ergänzend ausgeführt, § 1961 BGB setze einen Anspruch gegen den Nachlass voraus, Auseinandersetzungsansprüche würden sich indes gegen die anderen Erben richten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II. Das Rechtsmittel der Beteiligten zu 4 ist dem Senat nach der vom Nachlassgericht mit weiterem Beschluss vom 13. Mai 2019 ordnungsgemäß erklärten Nichtabhilfe zur Entscheidung angefallen, § 68 Abs. 1 Satz 1, 2. Halbsatz FamFG. Es ist als befristete Beschwerde statthaft und auch im übrigen nach Maßgabe der §§ 58 ff. FamFG zulässig.

Die Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Nachlassgericht die erneute Anordnung einer Teil-Nachlasspflegschaft abgelehnt.

Offen lassen kann der Senat, ob sich der nach der Hinterlegung des Bankguthabens gestellte Antrag der Beteiligten zu 4 vom 11. Februar 2019...

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