Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentum in der Insolvenz
Leitsatz (amtlich)
1. Im Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Wohnungseigentümers sind Wohngeldverbindlichkeiten, die seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens rückständig sind, Altmasseverbindlichkeiten, soweit sie vor Masseunzulänglichkeitsanzeige (§ 208 InsO) des Insolvenzverwalters begründet wurden.
Sie können nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden.
2. Nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige fällig gewordene Wohngeldschulden sind Neumasseverbindlichkeiten i.S.v. § 209 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 InsO, sofern der Insolvenzverwalter die Gegenleistung dadurch in Anspruch genommen hat, dass er über einen längeren Zeitraum - hier 4 ½ Jahre - von der Möglichkeit der Freigabe der Eigentumswohnung keinen Gebrauch gemacht hat.
3. Neumasseforderungen können grundsätzlich im Wege der Leistungsklage geltend gemacht werden. Unzulässig ist die Leistungsklage, wenn die im Verfahren vom Insolvenzverwalter eingewandte erneute - nach der Masseunzulänglichkeitsanzeige entstandene - Masseunzulänglichkeit hinreichend dargelegt und ggf. bewiesen worden ist.
In einem solchen Fall in Betracht kommende Schadensersatzansprüche nach § 61 InsO sind beim Wohnungseigentumsgericht geltend zu machen.
Normenkette
WEG §§ 16, 18; FGG § 12; ZPO § 287 Abs. 2; InsO § 32 Abs. 3, § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 61 Abs. 1, §§ 90, 208, 209 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 210
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 19 T 52/05) |
AG Neuss (Aktenzeichen 72-II 158/04) |
Tenor
Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben, soweit der Zahlungsantrag zu 1. (i.H.v. 74.906,21 EUR) abwiesen worden ist.
Die Sache wird zur weiteren Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten der weiteren Beschwerden vorbehalten bleibt.
Wert: 82.214,52 EUR.
Gründe
I. Die Antragstellerin verwaltet die eingangs näher bezeichnete Wohnungseigentumsanlage. Sie ist ermächtigt, Wohngeldansprüche gegenüber einzelnen Miteigentümern im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.
Der Antragsgegner ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma B. in C. (im Folgenden Schuldnerin). Die Schuldnerin ist Miteigentümerin der Wohnungseigentümergemeinschaft und Sondereigentümerin von 12 Wohnungen. Sie ist außerdem Miteigentümerin der Tiefgarage und Sondernutzungsberechtigte von 21 Stellplätzen.
Seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 30.7.2001 ist für die Sondereigentumseinheiten der Schuldnerin kein Wohngeld mehr gezahlt worden.
Der Antragsgegner hat ggü. dem Insolvenzgericht unter dem 27.12.2001 die Unzulänglichkeit der Masse angezeigt.
Die Antragstellerin hat den Antragsgegner auf Zahlung rückständigen Wohngeldes für die Zeit vom 1.8.2001 bis 31.12.2003 in Anspruch genommen, gestützt auf die genehmigten Jahresabrechnungen für 2001 und 2002 sowie auf den genehmigten Wirtschaftsplan für das Jahr 2003.
Die Antragstellerin hat beantragt, dem Antragsgegner aufzugeben, an die Antragstellerin 86.591,26 EUR nebst Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 13.6.2004 zu zahlen.
Der Antragsgegner hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Mit Schriftsatz vom 16.8.2004 hat der Antragsgegner den Einwand der erneuten Masseunzulänglichkeit erhoben.
Das AG hat den Antrag der Antragstellerin abgewiesen.
Die Antragstellerin hat sofortige Beschwerde eingelegt und in diesem Zusammenhang die Wohngeldforderungen für 2003 nicht mehr auf den Wirtschaftsplan, sondern auf die in der Eigentümerversammlung vom 29.9.2004 genehmigte Jahresabrechnung 2003 gestützt. Sie hat zweitinstanzlich beantragt:
a) den Beschluss des AG Neuss vom 3.1.2005 abzuändern und dem Antragsgegner aufzugeben, an die Antragstellerin 82.214,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.6.2004 zu zahlen;
b) hilfsweise dem Antragsgegner aufzugeben, an die Antragstellerin 82.214,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.6.2004 zu zahlen Zug um Zug gegen Abtretung der Ansprüche der Wohnungseigentümergemeinschaft G., Neuss gegen die Insolvenzmasse der Firma B. GmbH in C.;
c) weiterhin hilfsweise festzustellen, dass der Antragstellerin als Verwalterin der WEG G., Neuss, gegen die Insolvenzmasse der Firma B. GmbH, in C., eine Forderung i.H.v. 82.214,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.6.2004 zusteht.
Der Antragsgegner beantragt, die sofortige Beschwerde und die hilfsweise gestellten Anträge zurückzuweisen.
Das LG hat den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Es wird festgestellt, dass der Antragstellerin als Verwalterin der WEG G., Neuss, gegen die Insolvenzmasse der Firma B. GmbH, C., eine Forderung i.H.v. 82.214,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.6.2004 zusteht. Davon ist ein Betrag i.H.v. 7.308,31 EUR Altmasseverbindlichkeit und der Restbetrag i.H.v. 74.906,21 EUR Neumasseverbindlichkeit.
2. Der hilfsweise gestellte Antrag zu Ziff. 2.) wird als unzuläs...