Leitsatz (amtlich)

Enthält ein in einem einstweiligen Verfügungsverfahren in zweiter Instanz ergangener Beschluss nach § 91a ZPO wegen eines Begründungs- und Rechtsmittelverzichts der Parteien keine Begründung, so kommt eine Gebührenermäßigung analog der Nr. 1422 Ziffer 4 oder der Nr. 1423 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) nicht in Betracht. Eine planwidrige Regelungslücke liegt insoweit nicht vor. Dass der Gesetzgeber bei der Abfassung der einzelnen Gebührenermäßigungstatbestände unbeabsichtigt von seinem Regelungsplan abgewichen ist, ist nicht erkennbar.

 

Tenor

Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Beschwerde des Beschwerdeführers vom 25.09.2023 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 798,- EUR

 

Gründe

I. Die Parteien haben am 19.06.2023 das einstweilige Verfügungsverfahren in der mündlichen Verhandlung vor dem 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf übereinstimmend für erledigt erklärt und auf Anregung des Senats für die darauf anstehende Kostenentscheidung auf eine Begründung verzichtet. Mit nicht begründetem Beschluss vom 14.08.2023 hat der 9. Zivilsenat dem Beschwerdeführer die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt.

Daraufhin haben die Vertreter der Beschwerdegegner unter dem 17.08.2023 die Kostenfestsetzung beantragt. Mit Beschluss vom 11.09.2023, am selben Tag zugestellt, hat das Landgericht ... die von dem Beschwerdeführer an die Beschwerdegegner zu erstattenden Kosten auf 6.331,17 EUR festgesetzt. In diesem Betrag waren zweitinstanzliche Gerichtskosten in Höhe von 1.064,- EUR und demgemäß 4,0 Gerichtsgebühren enthalten.

Gegen die Festsetzung der zweitinstanzlichen Gerichtskosten wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 25.09.2023 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerde mit der Begründung, der Vorsitzende habe in der mündlichen Verhandlung für den Fall des Verzichts auf eine Begründung des Kostenbeschlusses zugesagt, dass nur eine Gerichtsgebühr anfallen werde. Das Landgericht ... hat mit Beschluss vom 09.10.2023 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die Beschwerde war als sofortige Beschwerde gemäß § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO anzusehen. Als solche ist sie nach § 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ZPO statthaft und gemäß § 569 ZPO auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch unbegründet. Eine Rechtsgrundlage für eine Gebührenermäßigung liegt nicht vor.

Eine Gebührenermäßigung sieht das Kostenverzeichnis für Berufungen in einstweiligen Verfügungsverfahren in Nr. 1422 Ziffer 4 (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) im Falle des Vorliegens übereinstimmender Erledigungserklärung gemäß § 91a ZPO nur vor, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Diese Fallgestaltungen liegen nicht vor.

Eine Ermäßigung ergibt sich auch nicht aus Nr. 1422 Ziffer 3, weil danach eine solche nur eintreten kann, wenn das gesamte Prozessverfahren durch den Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs endet, und zwar einschließlich der Kostenregelung im Vergleich (vgl. auch: OLG Hamm, Beschluss vom 26.07.2019, I - 25 W 189/19, recherchiert nach Juris; OLG Oldenburg, Beschluss vom 22.05.2012 - 13 W 8/12, recherchiert nach Juris; OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, 2 W 89/11, recherchiert nach Beck-online).

Eine Ermäßigung auf drei Gerichtsgebühren folgt auch nicht aus Nr. 1423 des Kostenverzeichnisses. Diese wird nur gewährt, wenn das gesamte Verfahren durch ein Urteil beendet wird, das wegen des Verzichts der Parteien nach § 313a Abs. 1 Satz 2 ZPO keine schriftliche Begründung enthält. Eine Verfahrensbeendigung durch ein Urteil liegt nicht vor.

Aber auch eine analoge Anwendung der Nr. 1422 Ziffer 4 oder von Nr. 1423 kommt nicht in Betracht.

Soweit ein Teil der Rechtsprechung und der Literatur die Meinung vertritt, dass eine Gebührenermäßigung analog der Nr. 1223 für das Berufungsverfahren allgemein - die der Nr. 1423 für das einstweilige Verfügungsverfahren entspricht - auch dann vorzunehmen sei, wenn der Beschluss nach § 91a ZPO wegen eines Begründungs- und Rechtsmittelverzichts keine Begründung enthält (so OLG Celle, Beschluss vom 19.04.2011, NJW-RR 2011, 1293; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 06.03.2008, Az.: 2 UF 135/07, recherchiert nach Juris; Dörndorfer in BeckOK, Kostenrecht, GKG KV 1222 Rn. 10; Fölsch in Schneider/Volpert/Föls, Gesamtes Kostenrecht, 2021, Rn. 32 - 35), teilt der Senat diese Auffassung nicht.

Eine analoge Anwendung der Nr. 1423 oder auch der Nr. KV 1422 Ziffer 4 ist nur zulässig, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke aufweist und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht soweit mit dem vom Gesetzgeber geregelten Tatbestand vergleichbar ist, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzvo...

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