Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Erstattungsfähigkeit von Detektivkosten
Leitsatz (amtlich)
Die Kosten eines vorgerichtlich vom Versicherer beauftragten Detektivs und eingeholten Schlüsselgutachtens sind in der Regel nicht als "notwendige Kosten des Rechtsstreits" erstattungsfähig.
Kosten für breit angelegte Nachforschungen eines Detektivs sind auch bei Verdacht der Vortäuschung eines Versicherungsfalls nur unter besonderen Umständen erstattungsfähig.
Die Einholung eines Schlüsselgutachtens gehört zu den Ermittlungen, die Versicherer heute schon routinemäßig zur Klärung der eigenen Einstandspflicht anstellen.
Normenkette
ZPO § 91
Verfahrensgang
LG Wuppertal (Beschluss vom 14.03.2005; Aktenzeichen 7 O 105/04) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der 7. Zivilkammer des LG Wuppertal vom 14.3.2005 (Nachfestsetzung von Sachverständigen- und Detektivkosten) unter Abweisung des diesbezüglichen Antrags der Beklagten kostenpflichtig aufgehoben.
Gründe
Die Beschwerde macht mit Recht geltend, dass es sich bei den von der Beklagten aufgewandten und vom LG als erstattungsfähig angesehenen Kosten für das vorgerichtlich eingeholte Schlüsselgutachten und für die Tätigkeit des Detektivs nicht um notwendige Kosten des Rechtsstreits (§ 91 ZPO) handelt. Anerkanntermaßen sind die Kosten für Ermittlungen, die der Versicherer zur Klärung seiner Leistungspflicht anstellt, grundsätzlich als übliche Geschäftsunkosten von ihm selbst zu tragen (Prölss/Voit/Knappmann, 27. Aufl., § 66 VVG Rz. 15; OLG Rostock VersR 2005, 855). Die Kosten vorgerichtlich veranlasster Ermittlungen können allerdings ausnahmsweise dann notwendige Kosten (§ 91 ZPO) eines anschließend geführten Deckungsrechtsstreits sein, wenn der Versicherer Anlass hatte anzunehmen, dass der Versicherungsfall lediglich vorgetäuscht war, und er diesem Verdacht etwa durch Einschaltung Dritter nachgegangen war. Auch in einem solchen Fall muss sich der Ermittlungsaufwand allerdings in angemessenen Grenzen halten, die maßgeblich von der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache und der Intensität des Vortäuschungsverdachts bestimmt werden. Hier waren die Verdachtsmomente nicht so dringlich, dass dies angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache (Klageforderung 29.500 EUR) die kostenträchtige (6.884,60 EUR) Einschaltung eines Detektivs und Schlüsselgutachters gerechtfertigt hätte. Insbesondere Kosten für breit angelegte Nachforschungen eines Detektivs in der Nachbarschaft des Versicherungsnehmers können nur unter besonderen Umständen, die hier nicht vorliegen, erstattungsfähig sein (OLG Düsseldorf r+s 1996, 380). Es würde zu einer unerträglichen Belastung des Versicherungsnehmers führen, könnte der Versicherer bei nicht zu leugnendem Vortäuschungsverdacht kostspielige Ermittlungen betreiben, für die der Versicherungsnehmer auch dann aufzukommen hätte, selbst wenn - wie hier - letztlich ungeklärt bleibt, ob der Versicherungsfall tatsächlich vorgetäuscht war, und wenn die Deckungsklage wie vorliegend aus anderen Gründen keinen Erfolg hat.
Die Einholung eines Schlüsselgutachtens gehört zu den Ermittlungen, die Versicherer heute schon routinemäßig zur Klärung der eigenen Einstandspflicht anstellen, auch wenn nur diffuse Zweifel aufkommen, die noch nicht den Grad eines fassbaren Vortäuschungsverdachts erreichen.
Beschwerdewert: 6.884,60 EUR.
Fundstellen
Haufe-Index 1476943 |
VersR 2006, 990 |
ZfS 2006, 169 |
OLGR-Mitte 2006, 260 |