Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Beschluss vom 25.02.2010) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der 12. Zivilkammer des LG Düsseldorf vom 25.2.2010 aufgehoben. Die erforderlichen Anordnungen einschließlich der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem LG Düsseldorf mit der Maßgabe übertragen, den Antrag der Antragstellerin vom 9.2.2010 nicht mit der Begründung zurückzuweisen, es fehle ein Verfügungsgrund.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde richtet sich gegen einen Beschluss, mit dem das LG den Antrag auf Erlass einer Besichtigungsverfügung nach § 101a Abs. 3 UrhG mit der Begründung abgelehnt hat, es fehle wegen des langen Zuwartens der Antragstellerin an der für den Verfügungsgrund maßgeblichen zeitlichen Dringlichkeit.
Sie hat zumindest vorläufig Erfolg. Der Antrag auf Erlass einer Besichtigungsverfügung nach § 101a Abs. 3 UrhG kann nicht wegen Fehlens eines Verfügungsgrundes zurückgewiesen werden. Der entgegen stehenden Ansicht des OLG Köln (Beschl. v. 9.1.2009 - 6 W 3/09, OLGReport Köln 2009, 258 f.) vermag sich der Senat nicht anzuschließen.
Nach § 935 ZPO kann eine einstweilige Verfügung erlassen werden, wenn durch eine Veränderung des Zustands die Verwirklichung des Rechts einer Partei vereitelt oder erschwert werden würde. Nach § 940 ZPO kommt eine Regelungsverfügung zur Abwendung wesentlicher Nachteile in Betracht. Die Prüfung des Vorliegens eines Verfügungsgrundes bedarf daher im Einzelfall der Abwägung zwischen den Interessen des Antragstellers, nicht auf ein Hauptsacheverfahren angewiesen zu sein und den Interessen des Antragsgegners, nicht auf Grund eines bloß summarischen Verfahrens in Anspruch genommen zu werden. Wann ein Verfügungsgrund vorliegt, ist verfahrensbezogen zu prüfen. Das Gesetz selbst spricht nirgendwo davon, dass er zu verneinen sei, wenn mit der Beantragung der einstweiligen Verfügung länger zugewartet wird. Allerdings wird in der Praxis für viele Arten einstweiliger Verfügungen vor allem für Unterlassungsverfügungen angenommen, dass mit längerem Zuwarten mit der Rechtsverfolgung der Antragsteller zum Ausdruck bringt, ihm selbst sei die Sache nicht dringlich, weswegen für ihn dann auch der Verfügungsgrund verneint wird. Der Gesichtspunkt trifft aber nur dann zu, wenn das besondere Interesse an der Verfahrensart des einstweiligen Verfügungsverfahrens gerade in dem schnellen Erlangen eines Titels liegt. Das besondere Interesse, dass im Falle des § 101a Abs. 3 UrhG ein solches Vorgehen rechtfertigt, ist jedoch dasjenige, den Antragsgegner nicht durch eine Beteiligung am Verfahren in die Lage zu versetzen, die zu sichernden Beweismittel zu vernichten. Es bedarf hier des Verfügungsverfahrens, weil nur dieses Verfahren die Anordnung von Maßnahmen ohne Beteiligung des Gegners ermöglicht. Anders als im Falle etwa der Unterlassungsverfügung kann der Antragsteller hier im Fall fehlender Eilbedürftigkeit nicht auf den Klageweg verwiesen werden. Denn würde der Besichtigungsschuldner vorgewarnt, bestünde die Gefahr, dass der Antragsteller seinen Anspruch gar nicht mehr durchsetzen kann. Die Ablehnung des Verfügungsgrundes wegen längeren Zuwartens würde damit zur endgültigen Verweigerung des Besichtigungsanspruchs führen (vgl. Kühnen GRUR 2005, 185, 194).
Aus diesen Erwägungen folgt, dass unabhängig von einer zeitlichen Komponente bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen des § 101a Abs. 3 UrhG auch ein Verfügungsgrund gegeben ist, es sei denn, eine Beseitigung von Beweismitteln sei ausnahmsweise ausgeschlossen. Da danach in der Regel und auch hier ein Verfügungsgrund zu bejahen ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob nicht schon eine richtlinienkonforme Auslegung im Hinblick auf die Richtlinie 2004/48 (EG) dazu führt, dass ein besonderer Verfügungsgrund nicht gefordert werden darf (vgl. Kühnen, a.a.O., S. 193).
Es ist sachgerecht, die weiteren Entscheidungen gem. § 573 Abs. 3 ZPO dem LG zu übertragen, das sich mit ihnen noch nicht befasst hat.
Fundstellen
Haufe-Index 2379149 |
AnwBl 2010, 250 |
GRUR-Prax 2010, 444 |
Mitt. 2011, 151 |