Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung des für die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung eines Versicherungsscheins über eine Kapitallebensversicherung örtlich zuständigen Gerichts.
Normenkette
FamFG § 466 Abs. 1; VVG §§ 36, 215 Abs. 1; ZPO § 17 Abs. 1 Satz; BGB §§ 269, 270 Abs. 4
Verfahrensgang
AG Neuss (Beschluss vom 13.04.2012; Aktenzeichen 104 II 85/11) |
Tenor
Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
Geschäftswert: 6.000 EUR.
Gründe
1. Mit Schrift seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 14.10.2011 hat der Antragsteller die Durchführung eines Aufgebotsverfahrens zur Kraftloserklärung des im hiesigen Beschlusseingang bezeichneten Versicherungsscheins beim AG Neuss beantragt. Er hat u.a. vorgebracht, er habe versucht, seine Ansprüche aus der Kapitalversicherung gegenüber der D. L. L. in Wiesbaden geltend zu machen, und dabei mitgeteilt, der Original-Versicherungsschein liege ihm nicht mehr vor, weil er verlorengegangen sei, woraufhin der Versicherer ihm mitgeteilt habe, eine Auszahlung der Versicherungssumme sei nur gegen Vorlage des Original-Versicherungsscheins oder im Falle einer Kraftloserklärung möglich. Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen AG, so der Antragsteller weiter, ergebe sich aufgrund des versicherungsvertraglichen Erfüllungsortes.
Nachdem das AG zuvor entsprechende Hinweise erteilt hatte, hat es durch die angefochtene Entscheidung den Antrag des Antragstellers vom 14.10.2011 wegen seiner fehlenden örtlichen Zuständigkeit zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seinem am 24.4.2012 bei Gericht eingegangenen Rechtsmittel, mit dem er weiterhin die Auffassung vertritt, die örtliche Zuständigkeit des AG Neuss sei gegeben.
Mit weiterem Beschluss vom 26.4.2012 hat das AG dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem OLG Düsseldorf zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akte Bezug genommen.
2. Das gem. §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 2, 61 Abs. 1, 63 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1, 64 Abs. 1 und 2 FamFG als befristete Beschwerde zulässige Rechtsmittel des Antragstellers, das nach der vom AG erklärten Nichtabhilfe gem. § 68 Abs. 1 Satz 1, Halbs. 2 FamFG dem Senat zur Entscheidung angefallen ist, bleibt in der Sache ohne Erfolg. Zu Recht hat sich das AG Neuss auf den Standpunkt gestellt, es sei für das Aufgebotsverfahren örtlich unzuständig.
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich, was keiner näheren Begründung bedarf, nach der besonderen Regelung des § 466 - hier: Abs. 1 - FamFG, und nicht nach der nur Klagen aus dem Versicherungsvertrag oder der Versicherungsvermittlung betreffenden Vorschrift des § 215 Abs. 1 VVG. Gemäß § 466 Abs. 1 FamFG ist für das Aufgebotsverfahren zur Kraftloserklärung von Urkunden dasjenige Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der in der Urkunde bezeichnete Erfüllungsort liegt; nur in dem Fall, dass die Urkunde eine solche Bezeichnung nicht enthält, ist das Gericht örtlich zuständig, bei dem der Aussteller seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, in Ermangelung auch eines solchen Gerichts dasjenige, bei dem der Aussteller zur Zeit der Ausstellung seinen allgemeinen Gerichtsstand gehabt hat.
a) Die zuvor genannten hilfsweisen Anknüpfungspunkte führen hier, was auch der Antragsteller nicht anders zu sehen scheint, ohnehin zur Unzuständigkeit des AG Neuss. Denn der allgemeine Gerichtsstand (§ 17 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sowohl des den Versicherungsschein im Jahre 1993 ausstellenden Versicherers, der B. L. AG, als auch derjenige des heutigen Versicherers ist Wiesbaden (daneben bezüglich des ursprünglichen Versicherers Berlin).
b) Aber auch die vorrangige Bestimmung anhand des vertraglichen Erfüllungsortes führt nicht zur Zuständigkeit des AG Neuss. Denn als Erfüllungsort derjenigen im Versicherungsschein verbrieften Leistung, derentwegen die Kraftloserklärung beantragt wird, - der Zahlung der Versicherungssumme - ist Wiesbaden (daneben ursprünglich noch Berlin) bezeichnet.
aa) Eine etwa vorrangige gesetzliche Regelung des vorgenannten Erfüllungsortes besteht nicht; § 36 VVG betrifft nur die Zahlung der Prämie.
bb) Nach den vom Antragsteller selbst zur Akte gereichten Unterlagen wurde im Versicherungsvertrag ausdrücklich erklärt, es sollten (u.a.) die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Kapital-Lebensversicherung (Kapitalversicherung) gelten. In diesen hieß es in § 10 Nr. 1:
"Unsere Leistungen überweisen wir dem Empfangsberechtigten auf seine Kosten. Bei Überweisungen in das Ausland trägt der Empfangsberechtigte auch die damit verbundene Gefahr."
Damit handelt es sich bei den von dem Versicherer zu erbringenden Leistungen, also auch bei der Zahlung der Versicherungssumme, um eine nach § 270 BGB zu beurteilende Geldschuld.
Aus § 270 Abs. 4 BGB, wonach die Regeln über den Leistungsort gem. § 269 BGB unberührt bleiben, hat die traditionell ganz überwiegende und auch heute noch herrschende Meinung geschlossen, dass davon auszugehen sei, bei einer Geldschuld handele es sich um eine Schickschuld, bei der Erfüll...