Tenor
Die Rechtsbeschwerde wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Einspruch des Betroffenen gegen den Bußgeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg vom 3. März 2021 auf der Grundlage von § 74 Abs. 2 OWiG verworfen. Hiergegen wendet sich der Betroffene mit seiner Rechtsbeschwerde, die er vor allem darauf stützt, das Gericht habe einen knapp 35 min vor Terminbeginn bei Gericht eingegangenen Entbindungsantrag nicht beachtet.
II.
Die Rechtsbeschwerde war als unbegründet zu verwerfen, weil die Nachprüfung des Urteils aufgrund der Beschwerderechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Betroffenen ergeben hat (§ 79 Abs. 3 OWiG, § 349 Abs. 2 u. 3 StPO).
Aus Sicht des Senats bedürfen lediglich die folgenden Gesichtspunkte einer näheren Erörterung:
1. Die nicht näher ausgeführte Sachrüge hat keinen Erfolg. Diese führt bei Verwerfungsurteilen lediglich zur Prüfung, ob Verfahrensvoraussetzungen fehlen bzw. Verfahrenshindernisse bestehen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
2. Auch die zulässig erhobene Rüge der gesetzwidrigen Einspruchsverwerfung nach § 74 Abs. 2 OWiG ist nicht begründet, weil der Entbindungsantrag zu spät bei Gericht eingegangen ist.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat hierzu wie folgt Stellung genommen:
"a. Ein Entbindungsantrag nach § 73 Abs. 1 OWiG sperrt im Falle des Vorliegens der Entbindungsvoraussetzungen eine Entscheidung ohne Verhandlung zur Sache nach § 74 Abs. 2 OWiG nur dann, wenn dessen Kenntnisnahme pflichtwidrig unterlassen wurde. Dies kann dann nicht der Fall sein, wenn der Antrag nicht rechtzeitig gestellt wurde (OLG Rostock, Beschl. V. 15.04.2015 - 21 Ss OWi 45/1[Z], juris).
b. Der Entbindungsantrag wurde jedoch nicht rechtzeitig gestellt.
(1) Bei Beantwortung der Frage, wann ein Entbindungsantrag noch als "rechtzeitig" gestellt anzusehen ist, verbietet sich jede schematische Lösung.
Es ist zu prüfen, ob in dem jeweiligen Einzelfall - angelehnt an den Zugang von Willenserklärungen im Zivilrecht - unter gewöhnlichen Umständen bei üblichem Geschäftsgang und zumutbarer Sorgfalt das Gericht von ihm Kenntnis hätte nehmen können und ihn deshalb einer Bearbeitung hätte zuführen müssen. Die reine Zeitspanne zwischen Antragseingang bis zum Hauptverhandlungstermin ist dabei nur ein Teilaspekt (OLG Rostock a.a.O.), wobei in diesem Zusammenhang die gewöhnlichen Geschäftszeiten des jeweiligen Gerichts nicht außer Acht zu lassen sind (vgl. OLG Bamberg, Beschl. v. 30.10.2007 - 2 Ss OWi 1409/07, BeckRS 2007, 19100). Außerdem ist zu berücksichtigen, ob - falls der Kommunikationsweg via Fax gewählt wurde - die Telekopie an den Anschluss der zuständigen Geschäftsstelle oder an einen allgemeinen Anschluss des Gerichts versandt wurde. Im letzteren Fall bedarf es eines Hinweises auf die Eilbedürftigkeit der Vorlage an den zuständigen Richter (OLG Bamberg, Beschl. V. 23.05.2017 - 3 Ss OWi 654/17 BeckRS 2017, 127442).
(2) Vorliegend war des dem Gericht trotz ordnungsgemäßer gerichtsinterner Organisation nicht mehr möglich, den Antrag der zuständigen Richterin am Amtsgericht vor dem Hauptverhandlungstermin zur Bearbeitung vorzulegen. Die Übersendung per beA erfolgt an das EGVP, bei welchem es sich um ein zentrales Postfach des jeweiligen Amtsgerichts handelt. Die Eingangspoststelle ist für die Annahme, den Druck und die Verteilung der gesamten elektronischen Post des Amtsgerichts zuständig. Der Antrag ist jedoch am Hauptverhandlungstermin erst um 11:46 Uhr dem EGVP zugeleitet worden und die Verhandlung war auf 12:20 Uhr anberaumt. Damit standen lediglich knapp 35 Minuten für die gerichtsinterne Weiterleitung des Schreibens zur Verfügung. Dass die notwendigen Arbeitsschritte ohne Weiteres in weniger als einer Stunde Arbeitszeit hätten vorgenommen werden können, ist gänzlich lebensfremd. Zumindest hätte es, wie bei der kurzfristigen Übersendung per FAX an einen allgemeinen Gerichtsanschluss, eines - ohne Weiteres zumutbaren - Hinweises auf die besondere Eilbedürftigkeit der Vorlage an den zuständigen Richter bedurft. Daran fehlt es."
Diesen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Sachprüfung an und weist darüber hinaus auf folgende Gesichtspunkte hin:
Bereits aus der Bezeichnung der Empfangsstelle "Elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach" (EGVP) ergibt sich zwanglos, dass es sich um eine zentrale Poststelle des Gerichts und nicht um das Postfach der Geschäftsstelle handelt - vergleichbar mit der zentralen Fax-Stelle des Gerichts. Hieraus ergibt sich auch, dass die eingehende elektronische Post für alle Abteilungen des Amtsgerichts von Mitarbeitern des Gerichts gesichtet und ggfs. - soweit wie hier die elektronische Akte noch nicht eingeführt worden ist - ausgedruckt und an die Geschäftsstelle der zuständigen Abteilung weitergeleitet werden muss. Angesichts dessen hätte der Verteidiger des Betroffenen in den zur Verfügung stehenden Textfeldern zu Bezeichnung der übersandten Datei etwa unter "Betreff" nicht nur "Bußgeldsache" mit de...