Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufsunfähigkeit eines Gerichtsvollziehers

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Gerichtsvollzieher ist mangels Vereinbarung einer sog. Beamtenklausel nicht allein deshalb als berufsunfähig anzusehen, weil er von dem Präsidenten des OLG wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden ist.

2. Die Vereinbarung der Beamtenklausel ergibt sich nicht aus der Aufnahme der Berufsbezeichnung des Gerichtsvollziehers in den Versicherungsantrag.

3. Bezieht sich die Feststellung dauernder Dienstunfähigkeit auf die dienstrechtlich vorgegebene vollschichtige Tätigkeit des Gerichtsvollziehers, der er wegen der damit für ihn verbundenen Arbeitsbelastung von 80 Stunden wöchentlich nicht gewachsen ist, so ergibt sich die Berufsunfähigkeit nicht daraus, dass eine dauernde Teilzeitbeschäftigung, der er gewachsen wäre, dienstrechtlich nicht möglich ist.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 23.05.2002; Aktenzeichen 11 O 491/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 23.5.2002 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteil vollstreckbaren Betrags abzuwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Zahlung von Berufsunfähigkeitsrente i.H.v. monatlich 2.900 DM aus einer bei der Beklagten unterhaltenen Berufsunfähigkeitsversicherung ab dem 5.11.1999 mit der Behauptung, er sei in seinem Beruf als Gerichtsvollzieher zu mindestens 50 % berufsunfähig im Sinne der Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten (im Folgenden: BUZ).

Der Kläger war seit dem 28.10.1997 bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand zum 30.6.1999 aufgrund psychosomatischer Beschwerden und Depressionen durch ärztliche Atteste ununterbrochen krankgeschrieben. Am 5.5.1998 wurde er im Auftrag seines Krankentagegeldversicherers von dem Psychiater Dr. L. untersucht, der eine Erwerbsunfähigkeit von mehr als 50 % auf nicht absehbare Zeit wegen einer depressiven Symptomatik feststellte (GA 79 f.). Die daraufhin erfolgte Leistungseinstellung des Krankentagegeldversicherers nahm der Kläger zum Anlass, Leistungen aus der Berufsunfähigkeitsversicherung geltend zu machen. Parallel dazu wurde er im Auftrag seines Dienstherrn amtsärztlich auf seine Dienstfähigkeit untersucht. Der Amtsarzt des Gesundheitsamtes der Stadt W., Dr. H., stellte in seinem Gutachten vom 19.8.1996 (GA 109 f. ) und vom 7.1.1999 (GA 108) die dauernde Dienstunfähigkeit des Klägers wegen eines schweren psycho-physischen Erschöpfungssyndroms fest. Mit Bescheid vom 9.6.1999 (GA 77) versetzte der Präsident des OLG D. den Kläger daraufhin ohne eigenen Antrag gem. §§ 45 Abs. 1, 50 LBG wegen dauernder Dienstunfähigkeit zum Ende des Monats Juni 1999 in den Ruhestand.

Der Kläger hat geltend gemacht, er sei in seinem zuletzt ausgeübten Beruf als Gerichtsvollzieher seit dem 5.5.1998 zu mindestens 50 % berufsunfähig im Sinne der Versicherungsbedingungen. Dies ergebe sich bereits aus der Feststellung der Dienstunfähigkeit durch den Dienstherrn, auch wenn die Versicherungsbedingungen keine sog. Beamtenklausel enthielten. Da nach dem Versicherungsantrag ausdrücklich eine Berufsunfähigkeit im Beruf des Gerichtsvollziehers versichert sei, könne er auch nicht auf andere Tätigkeiten verwiesen werden. Bei Vertragsschluss sei mit dem Abschlussvertreter der Beklagten, dem Zeugen F., ausdrücklich vereinbart worden, dass Versicherungsleistungen ohne Verweisungsmöglichkeit zu erbringen seien, wenn der Kläger den Beruf des Gerichtsvollziehers nicht mehr ausüben könne. Er sei aufgrund seiner Erkrankung allgemein dienstunfähig und auch nicht mehr in der Lage, einer Tätigkeit im Innendienst nachzugehen. Eine dauerhafte Teilzeitbeschäftigung als Gerichtsvollzieher sei dienstrechtlich ausgeschlossen.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf das eingeholte Privatgutachten Dr. H. vom 31.1.2000 (GA 25 ff.) geltend gemacht, der Kläger sei ohne weiteres noch in der Lage, den Vollstreckungsaußendienst im Rahmen einer Teilzeitbeschäftigung von sechs Stunden täglich weiter zu verrichten. Eine solche Teilzeitbeschäftigung habe er lediglich nicht beantragt. Im Übrigen müsse er sich auf eine Tätigkeit im Innendienst verweisen lassen, die ihm nach den Feststellungen des Privatgutachters ohne Einschränkung möglich sei.

Das LG hat, gestützt auf das eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. L. (GA 123 ff.), die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach den Feststellungen des Sachverständigen lägen weder hinreichende aktenkundige Dokumentationen noch schlüssige anamnestische Angaben des Klägers vor, die auf eine zur Berufsunfähigkeit führende Erkrankung hindeuteten. Der Kläger habe sich seinen Angabe...

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