Leitsatz (amtlich)

›Erklärt der Antragsteller gegenüber dem Agenten des Versicherers, daß er für sein Fahrzeug eine Haftpflichtversicherung nebst Teilkaskoversicherung wünsche und unterzeichnet er daraufhin - wie schon beim Abschluß früherer Versicherungen - das unausgefüllte Antragsformular blanko, so kommt der Versicherungsvertrag einschließlich Teilkaskoversicherung auch dann zustande, wenn der Agent bei der Vervollständigung des Antragsformulars nur den Antrag auf Haftpflichtversicherung aufnimmt und der Versicherer daraufhin den Versicherungsschein nur für die Haftpflichtversicherung erteilt, ohne auf die Abweichung von dem mündlichen Antrag hinzuweisen.‹

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 280/96)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.03.2002; Aktenzeichen I ZR 235/99)

 

Tatbestand

Der Kläger ist selbständiger Landwirt mit Hof- und Grundbesitz. Er hat bei der Beklagten in der Vergangenheit insgesamt 17 Fahrzeuge haftpflicht- und teilkaskoversichert. Alle Versicherungsverträge wurden durch den Agenten der Beklagten vermittelt.

Im Juli/August 1994 wandte sich der Kläger erneut an die Agentur S, um einen kurz zuvor gebraucht erworbenen LKW, eine Sattelzugmaschine, bei der Beklagten zu versichern.

Der Kläger unterschrieb, wie auch bereits bei dem Abschluß früherer Versicherungsverträge, das Antragsformular der Beklagten blanko. Das Formular wurde danach von dem Agenten der Beklagten dahingehend vervollständigt, daß der Kläger den Abschluß einer Kfz-Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug wünsche und mit diesem Inhalt an die Beklagte weitergeleitet. In dem von ihr unter dem Datum des 15. August 1994 ausgestellten Versicherungsschein ist der Abschluß einer Haftpflichtversicherung für das Fahrzeug dokumentiert.

Am 2. Juni 1995 wurde die versicherte Sattelzugmaschine von unbekannt gebliebenen Tätern entwendet. Ihr - in zweiter Instanz unstreitiger - Wiederbeschaffungswert betrug 66.340 DM.

Die von dem Kläger in Anspruch genommene Beklagte weigerte sich, den Wiederbeschaffungswert des LKWïs zu ersetzen, weil das Fahrzeug nicht teilkaskoversichert gewesen sei.

Der Kläger hat behauptet, er habe gegenüber dem Agenten S der Beklagten bzw. dessen Ehefrau, mit der er zunächst gesprochen habe, klargestellt, daß er den angeschafften LKW in jedem Falle teilkaskoversichern wolle. Lediglich den Abschluß einer Vollkaskoversicherung habe er sich noch überlegen wollen, nachdem ihm die Ehefrau des Agenten die Höhe der hierfür zu entrichtenden Prämie genannt habe. Eine Woche nach dem ersten Gespräch habe er dem Agenten S mitgeteilt, keine Vollkaskoversicherung für das Fahrzeug abschließen zu wollen. Sch habe beim Ausfüllen des Antragsformulars vergessen, daß er, der Kläger, eine Teilkaskoversicherung habe abschließen wollen. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte habe für das Verhalten ihres Agenten in vollem Umfang einzustehen. Ein Mitverschulden falle ihm dabei nicht zur Last.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 80.000 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 1. Juli 1996 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, den Kläger treffe ein überwiegendes Mitverschulden an dem Nichtzustandekommen der Teilkaskoversicherung. Er habe keinesfalls darauf vertrauen dürfen, daß der von ihm blanko unterschriebene Antrag von ihrem Agenten zutreffend ausgefüllt werde. Zumindest hätte es ihm oblegen, sowohl die Antragsdurchschrift und den Versicherungsschein als auch die Beitragsrechnung für das Jahr 1995 auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen. Hätte er das getan, wäre ihm nicht verborgen geblieben, daß für das Fahrzeug eine Teilkaskoversicherung nicht abgeschlossen worden sei.

Das Landgericht hat in erster Instanz Beweis zur Höhe des nunmehr unstreitigen Wiederbeschaffungswertes des Fahrzeugs erhoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Berücksichtigung eines hälftigen Mitverschuldens Schadensersatz in Höhe der Hälfte des Wiederbeschaffungswertes des gestohlenen LKW’s zu leisten. Bei der Ermittlung des ausgeurteilten Betrages in Höhe von 32.997,50 DM hat es die von dem Kläger ersparte Prämie für die Teilkaskoversicherung mit - unstreitig - 172,50 DM in Abzug gebracht.

Hiergegen wenden sich der Kläger mit seiner form- und fristgerecht eingelegten Berufung und die Beklagte mit ihrer Anschlußberufung.

Der Kläger behauptet, er habe bei dem Gespräch mit Frau S zunächst nur die Höhe der Vollkaskoversicherungsprämie erfragt und dem Agenten S einige Tage später erklärt, eine Vollkaskoversicherung sei ihm zu teuer. Er wolle eine vollständige Versicherung haben, aber mit Ausnahme einer Vollkaskodeckung. Darauf habe S erwidert, von dem Wunsch nach einer Teilkaskodeckung gehe er sowieso grundsätzlich aus, wenn nicht der Antragsteller ausdrücklich erkläre, davon ausnahmsweise absehen zu wollen. Der Kläger vertritt im übrigen weiterhin die Auffassung, ein Mitverschulden sei zu seinen Lasten nicht zu berücksichtigen, da er aufgrund der langjährigen Geschäftsbezieh...

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