Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 10.06.2013; Aktenzeichen 3 O 405/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.6.2013 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des LG Duisburg teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg.
Sie machen zu Recht geltend, dass sie wegen des Schadensereignisses, das sich am 5.10.2012 auf der XXXstraße in XXX zwischen dem durch die Beklagte zu 1. gesteuerten Pkw Mazda 3 und dem Pkw der Klägerin Audi A 4 anlässlich der Öffnung der hinteren linken Tür durch den Zeugen XXX ereignet hat, keiner begründeten Schadensersatzverpflichtung ausgesetzt sind. Ein Verschulden der Beklagten zu 1. an der Entstehung der Kollision lässt sich entgegen der Annahme des LG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht feststellen. Hingegen ist nach Anscheinsbeweisgrundsätzen erwiesen, dass der Zeuge XXX im Zusammenhang mit der Türöffnung gegen seine strengen Sorgfaltspflichten aus § 14 Abs. 1 StVO verstoßen hat, als er von der Fahrerseite aus sein Kleinkind in den Fond des vor dem Haus XXXstraße geparkten Pkw Audi A 4 verbracht hat.
Entgegen der Annahme des LG ist die Anscheinsbeweiswirkung durch die Aussage des Zeugen XXX weder erschüttert noch gar widerlegt. Im Gegenteil sprechen seine Bekundungen für die Feststellung, dass er seine Sorgfaltspflichten bei dem fraglichen Geschehen, welches rechtlich als ein Einsteigevorgang i.S.d. § 14 Abs. 1 StVO zu qualifizieren ist, schuldhaft verletzt hat. Die Betriebsgefahr, die von dem Pkw Mazda 3 ausging und welche nicht durch ein feststellbares Aufmerksamkeits- oder Reaktionsverschulden der Beklagten zu 1. erhöht war, fällt bei Abwägung aller unfallursächlichen Umstände nicht mehr haftungsbegründend ins Gewicht.
Im Einzelnen ist Folgendes auszuführen:
I.1) Gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Verhandlung und Entscheidung die vom Gericht des ersten Rechtszuges festgestellten Tatsachen nur insoweit zugrunde zu legen, als nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Derartige Zweifel sind im vorliegenden Fall gegeben.
2) Die Beklagten machen zu Recht geltend, dass das LG auf ungesicherter Tatsachengrundlage einseitig zu ihren Lasten Vermeidbarkeitsbetrachtungen vorgenommen hat, ohne zu berücksichtigen, dass nach der Aussage des Zeugen XXX er der Unfallbeteiligte war, der die entscheidende Ausgangsursache für die Entstehung des Zusammenstoßes durch eine Vernachlässigung seiner strengen Sorgfaltspflichten aus § 14 Abs. 1 StVO gesetzt hat. Diesen hat er nicht dadurch Genüge getan, dass er sich seiner Darstellung gemäß darauf beschränkt hatte, vor dem Gang auf die Fahrerseite zum Zwecke der Türöffnung einen Blick nach links in die Annäherungsrichtung der Beklagten zu 1. zu werfen, ehe er sich daran machte, seine kleine Tochter auf dem Rücksitz des geparkten Pkw Audi A 4 anzuschnallen.
3) Da die schuldhafte Unfallverursachung durch den Zeugen bereits nach Anscheinsbeweisgrundsätzen feststeht, bedarf es nicht - wie seitens der Beklagten angeregt - der Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens. Im Übrigen ist aber, was die Annäherung der Beklagten zu 1. an den Unfallort anbelangt, der streitige Sachverhalt entgegen der Beweiswürdigung des LG nicht mehr aufklärbar. Es lässt sich insbesondere nicht mehr feststellen, ob die Beklagte zu 1. die Gefahrensituation nach einer engen Kurvenfahrt rechtzeitig hätte erkennen und durch eine Vollbremsung den Schadenseintritt noch hätte vermeiden können. Diese Unaufklärbarkeit muss sich zu Lasten der Klägerin auswirken, die mit der gegen sie sprechenden Anscheinsbeweiswirkung belastet ist und die den Vollbeweis für ein irgendwie geartetes unfallursächliches Annäherungsverschulden der Beklagten zu 1. zu führen hat. Die Beklagten machen zu Recht geltend, dass die Klägerin insoweit beweisfällig bleibt.
4) Der Zeuge XXX hat nicht nur in leicht fahrlässiger Weise gegen seine strengen Sorgfaltspflichten aus § 14 Abs. 1 StVO verstoßen, indem er sekundenlang die hintere Tür auf der Beifahrerseite des Wagens so weit hat offenstehen lassen, dass sie zu einem Frontalhindernis für die sich rückwärtig annähernde Beklagte zu 1. wurde. Dies obwohl der Zeuge bei gehöriger Aufmerksamkeit die mit der Annäherung seiner Unfallgegnerin verbunden gewesene Gefahrensituation hätte erkennen und darauf durch eine sofortige hinreichende Verkleinerung des Öffnungswinkels der Tür unfallvermeidend hätte reagieren können. Für die Annahme des LG, der Zeuge XXX habe bereits zu dem Zeitpunkt in der hinteren linken Fahrzeugtür des Wagens in einer für die Beklagte zu 1. erkennbaren Weise gestanden, als sie von der XXXstraße nach links in die XXXstraße eingebogen sei, gibt es ...