Leitsatz (amtlich)

1. Die Bedeutung eines gelben Blinklichts geht nicht über die Warnung vor Gefahren hinaus, § 38 Abs. 3 S. 1 StVO. Bei einem Reinigungsfahrzeug bezieht sich die Warnung nur auf Gefahren, die von dem Fahrzeug bzw. den von ihm ausgeführten Arbeiten ausgehen.

2. Eine unklare Verkehrslage i.S. des § 5 Abs. 3 Ziff. 1 StVO wird durch das gelbe Blinklicht allein nicht begründet.

3. Auch verleiht das gelbe Blinklicht kein Vorrecht. Ein Reinigungsfahrzeug, das von dem rechten Fahrbahnrand auf den linken wechseln will, um dort seine Arbeit fortzusetzen, muss daher gleichwohl zunächst den linken Fahrtrichtungsanzeiger setzen und die hohen Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 5 StVO beachten.

 

Normenkette

StVO § 38 Abs. 3 S. 1, § 9 Abs. 5, § 5 Abs. 3 Ziff. 1

 

Verfahrensgang

LG Wuppertal (Urteil vom 30.06.2016; Aktenzeichen 4 O 262/15)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.6.2016 verkündete Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des LG Wuppertal teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1. und 2. werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger 3.827,03 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.2.2015 zu zahlen.

Die Beklagten zu 1. und 2. werden darüber hinaus verurteilt, als Gesamtschuldner den Kläger von der Zahlung außergerichtlicher Rechtsanwaltsgebühren der B. Rechtsanwälte, D. Str. 33, M. in Höhe von 421,38 EUR freizustellen.

Die in erster Instanz angefallenen Kosten werden wie folgt verteilt:

Die Gerichtskosten fallen zu 33 % dem Kläger und zu 67 % den Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldnern zur Last. Davon ausgenommen sind die durch die Anrufung des unzuständigen AG M. entstandenen Mehrkosten, die dem Kläger auferlegt werden.

Die außergerichtlichen Kosten des Klägers werden zu 17 % zu dessen Lasten und zu 83 % zu Lasten der Beklagten zu 1. und 2. als Gesamtschuldner verteilt.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. und 2. müssen diese zu 100 % selbst tragen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 3. fallen zu 100 % dem Kläger zur Last.

Die im Berufungsrechtszug entstandenen Kosten werden zu 100 % den Beklagten als Gesamtschuldnern auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Unfalls auf Ersatz seines Sachschadens in Anspruch, der sich am 13.01.2015 in M. ereignet hat.

Damals war der Zeuge K. mit einer Kehrmaschine der mitverklagten Gemeinde am rechten Fahrbahnrand der Straße D. unterwegs. Dort ist die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h beschränkt. Die gelben Blinkleuchten auf dem Dach waren eingeschaltet.

Der Kläger näherte sich dem Reinigungsfahrzeug von hinten und wollte die Maschine links überholen. Als er sich bereits neben dem Fahrzeug befand, zog der Zeuge K. die Maschine nach links, um seine Fahrt auf der anderen Straßenseite in Gegenrichtung fortzusetzen. Infolgedessen kam es zu einer Kollision beider Fahrzeuge.

Der Kläger hat behauptet, die Kehrmaschine habe nicht nach links geblinkt. Er hat auf Ersatz der Brutto-Reparaturkosten, der Gutachterkosten, eines Nutzungsausfallsentschädigung für vier Tage und einer Kostenpauschale angetragen.

Die Beklagten haben behauptet, der Blinker sei eingeschaltet gewesen. Der Unfall habe sich ereignet, weil der Kläger sich der Reinigungsmaschine mit überhöhter Geschwindigkeit genähert habe und von dessen Fahrer deshalb nicht gesehen worden sei.

Das LG hat den Kläger persönlich angehört und die Zeugen K, F. und M. vernommen. Außerdem hat es ein unfallanalytisches Gutachten des SV N. eingeholt. Dann hat es die Beklagten zum Ausgleich von 70 % des klägerischen Schadens verurteilt. Der Zeuge K. habe gegen § 9 StVO verstoßen. Der Kläger habe den Unfall aber mitverschuldet, weil er bei unklarer Verkehrslage versucht habe, das Reinigungsfahrzeug zu überholen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der ein Mitverschulden nicht für erwiesen hält und auf Ersatz seines gesamten Schadens besteht.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg. Die Beklagten sind uneingeschränkt zum Ausgleich seiner unfallbedingten Vermögenseinbußen verpflichtet.

Der Senat vermag sich nicht der Begründung der angefochtenen Entscheidung anzuschließen, derzufolge den Kläger ein Mitverschulden an der Entstehung der Kollision zwischen seinem Pkw G. und der Kehrmaschine R. der Beklagten zu 2. treffen soll. Auch die hilfsweise Argumentation, dass sich der Kläger jedenfalls die von seinem Fahrzeug beim Überholen der Kehrmaschine ausgegangene Betriebsgefahr mit einer anteiligen Eigenhaftungsquote von 30 % anspruchsmindernd zurechnen lassen müsse, vermag nicht zu überzeugen.

Nach dem Ergebnis der erstinstanzlichen Tatsachenaufklärung trifft den vormaligen Beklagten zu 3. als Fahrer des Straßenreinigungsfahrzeuges das alleinige Verschulden an der Entstehung des Zusammenstoßes aus Anlass eines missglückten Wendemanövers. Zwar stellte sich die Kollision für den Kläger nicht als...

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