Leitsatz (amtlich)
Beauftragt der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher mit einer Zwangsvollstreckung, die von einer Zug-um-Zug zu bewirkenden Leistung des Gläubigers an den Schuldner abhängt (§ 756 ZPO), muss die Gegenleistung dem Schuldner durch den Gerichtsvollzieher tatsächlich so angeboten werden, wie sie zu bewirken ist (§ 294 BGB). Ein solches tatsächliches Angebot ist nicht erfolgt, wenn der beauftragte Gerichtsvollzieher in seinem Protokoll über die Zwangsvollstreckung ausdrücklich festgestellt, dass die Ware in dem vorgefundenen Zustand nicht im Wege der Zug um Zug Leistung angeboten werden konnte.
Normenkette
BGB § 294; ZPO § 756
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Wuppertal vom 16.06.2017 (Aktz.: 2 O 317/13) wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens sind von der Beklagten zu tragen.
Das Berufungsurteil sowie das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus den Urteilen zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
A. Die Klägerin wendet sich wegen eines nach Rechtskraft des Urteils des 22. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 30.11.2012 (Aktz.: I-22 U 126/12) erklärten Rücktritts mit einer Vollstreckungsabwehrklage gegen die von der Beklagten aus diesem Urteil betriebene Zwangsvollstreckung.
Die Klägerin bestellte im August 2007 insgesamt 100.000 Klemmschrauben M 14 × 1 LH zum Preis von 48,90 EUR netto je 100 Stück bei der Beklagten. In der Auftragsbestätigung der Beklagten (Anlage B6, Bl. 127) heißt es u.a., dass bei Sonderanfertigungen materialbedingte Mengentoleranzen von +/- 15 % als handelsüblich akzeptiert gelten. In der Folgezeit lieferte die Beklagte insgesamt 43.681 Schrauben an die Klägerin. Die hierfür in Rechnung gestellten Beträge wurden von der Klägerin beglichen. Mit Schreiben vom 29.06.2009 (Anlage B5, Bl. 102) stellte die Beklagte weitere 61.319 Schrauben fällig und abholbereit. Zu einer Lieferung oder Abholung der Schrauben kam es in der Folgezeit nicht.
Die Beklagte nahm die Klägerin daraufhin vor dem Landgericht Wuppertal (14 O 85/10) auf Zahlung von 41.804,08 EUR zzgl. Zinsen Zug-um-Zug gegen Lieferung von 71.319 Schrauben in Anspruch. Das Landgericht gab der Klage mit Urteil vom 15.05.2012 statt. Auf die Berufung der Klägerin änderte das Oberlandesgericht Düsseldorf das Urteil des Landgerichts mit Urteil vom 30.11.2012 dahingehend ab, dass die Klägerin 48,90 EUR je 100 Stück Klemmschrauben zzgl. Zinsen an die Beklagte zu zahlen hat, Zug-um-Zug gegen Lieferung von 41.319 bis 71.319 Schrauben. Das Urteil ist seit Januar 2013 rechtskräftig.
Die Beklagte bot der Klägerin zum Zwecke der Vollstreckung eines Betrags von 55.947,11 EUR am 11.06.2013 Schrauben an. Der vom 06.06.2013 datierende Lieferschein (Anlage B2, Bl. 96) wies eine Lieferung von 71.319 Klemmschrauben in 133 Kartons auf zwei Europaletten mit einem Gewicht von 798 kg aus. Die Klägerin lehnte die Annahme der Schrauben unter Hinweis auf deren Mangelhaftigkeit (Lichtbilder Anlage K2, Bl. 24 ff.) ab. Wegen der teilweise feuchten Kartons verpackte die Beklagte die Schrauben im Anschluss an den Anlieferungsversuch teilweise neu.
Die Beklagte beauftragte sodann den Obergerichtsvollzieher H.... mit der Vollstreckung. Dafür lieferte sie am 15.08.2013 dieselben Schrauben nochmals bei der Klägerin an. Der Zeuge Hermann vermerkte in seinem Vollstreckungsprotokoll vom 15.08.2013 Folgendes (Anlage K4, Bl. 41 f., wörtliches Zitat):
"Die stichprobenartige Überprüfung der anzubietenden Ware hat folgendes Ergebnis gebracht:
a) die Beschriftungen der kartons war nicht urteilskonform - siehe Fotos
b) die Schrauben waren nicht leerenhaltig
c) die Schrauben waren verdreckt und bzw. oxydiert
d) nach grober Schätzung wurde auch eine Stückzahldifferenz festgestellt. Es können keinesfalls die auf dem Lieferschein angeführte Menge in den angelieferten Kartons sind.
Abschliessend wurde daher festgestellt, dass die Ware in dem vorgefundenen Zustand nicht im Wege der Zug um Zug Leistung angeboten werden konnte."
Die Klägerin wies die Schrauben unter Hinweis auf deren Mangelhaftigkeit zurück (Lichtbilder Anlage K3, Bl. 36 ff.).
Bei beiden Anlieferungsversuchen wiesen einige der angebotenen Schrauben Verunreinigungen/Verfärbungen/Anhaftungen auf.
Die Klägerin setzte der Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 21.08.2013 (Anlage K7, Bl. 48 ff.) eine Nachfrist zur Lieferung von mindestens 41.319 und höchstens 71.319 mangelfreien, insbesondere rostfreien und lehrenhaltigen Schrauben bis zum 20.09.2013. Als die Beklagte hierauf nicht reagierte, erklärte sie mit anwaltlichem Schreiben vom 24.09.2013 (Anlage K8, Bl. 52 f.) den Rücktritt vom Vertrag. Die Beklagte teilte mit Anwaltsschreiben vom 02.10.2013 (Anlage K9, Bl. 54 f.) mit, dass sie den Gerichtsvollzi...