Leitsatz (amtlich)
1. Das Verbot des § 7 Abs. 3c) Satz 3 StVO gilt auch für den Verkehr auf Autobahnen.
2. Das Verbot dient allerdings nicht dem Schutz des Spurwechslers.
3. Wer auf einer Autobahn unter Verstoß gegen die in § 7 Abs. 5 StVO normierten hohen Sorgfaltspflichten auf die linke Spur wechselt und dort mit einem LKW kollidiert, hat in der Regel seinen Schaden allein zu tragen.
Normenkette
StVG §§ 7, 17 Abs. 1-2; StVO § 7 Abs. 3 c) S. 3
Verfahrensgang
LG Duisburg (Urteil vom 12.06.2017; Aktenzeichen 3 O 200/16) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 12.06.2017 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Das Berufungsurteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I. Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadenersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 30.10.2014 gegen 15:45 Uhr auf der Bundesautobahn 40 in Fahrtrichtung Dortmund kurz hinter dem Autobahnkreuz Duisburg ereignete.
Der Kläger ist Eigentümer und Halter eines Pkw Daimler-Chrysler C220 CDI. Mit diesem fuhr er von der Bundesautobahn 59 auf die Bundesautobahn 40 in Fahrtrichtung Dortmund, die dort nach Ende der Auffädelungsspur über vier Richtungsfahrspuren verfügt.
Auf Grund eines vorangegangenen Unfalls staute sich der Verkehr. Der Kläger wechselte von der äußerst rechten Fahrspur bis zur von rechts aus gesehen dritten Fahrspur. Von dort aus wollte er auf die äußerst linke Fahrspur wechseln.
Auf der linken Fahrspur fuhr ein bei der Beklagten haftpflichtversicherter, polnischer Lkw. Als der vor dem Lkw befindliche Pkw langsam vorfuhr, bildete sich zwischen diesem und dem Lkw eine Lücke, in die der Kläger einfuhr. Es kam zu einer Kollision zwischen dem Lkw und dem Klägerfahrzeug, bei der der Lkw mit der rechten, vorderen Ecke gegen das linke Hinterrad des Klägerfahrzeugs stieß.
Die Nettoreparaturkosten zur Behebung des am Klägerfahrzeug entstandenen Schadens belaufen sich auf 5.873,39 Euro. Der Kläger ließ sein Fahrzeug notdürftig instand setzen, so dass es wieder am Verkehr teilnehmen darf.
Der Kläger hat auf Ersatz der Reparaturkosten und einer Verkehrsunfallpauschale in Höhe von 25 Euro angetragen. Er hat behauptet, er habe vor dem Fahrstreifenwechsel den Blinker gesetzt und einen Schulterblick vorgenommen. Da der Lkw trotz größer werdender Lücke stehengeblieben sei, habe er davon ausgehen dürfen, dass der Lkw ihn an dieser Stelle einfädeln lasse. Kurz bevor sein Fahrzeug vollständig gerade auf der linken Fahrspur gestanden hätte, sei es plötzlich und unerwartet zu einem Aufrollen des Lkw gekommen.
Der Kläger ist der Auffassung, der Unfall sei allein vom Fahrer des Lkw verursacht und verschuldet worden. Dieser habe sich mit dem Lkw widerrechtlich auf der linken Fahrspur befunden und die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außeracht gelassen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagten zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 5.898,39 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 571,44 Euro zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger müsse für die Unfallfolgen einstehen. Er habe den Unfall allein verursacht, indem er ohne ausreichende Beachtung des nachfolgenden Verkehrs einen Spurwechsel vorgenommen habe. Die von ihm entdeckte Lücke auf der linken Spur sei offensichtlich nicht groß genug gewesen. Der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs hätte den Zusammenstoß nicht verhindern können.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen und ausgeführt, das unfallursächliche Fehlverhalten des Klägers überwiege die Betriebsgefahr des Lkw sowie ein mögliches Mitverschulden von dessen Fahrer derart, dass kein Anspruch bestehe.
Der Unfall habe sich bei einem Fahrspurwechsel des Klägers ereignet. Aus den von ihm vorgelegten Lichtbildern und dem daraus ersichtlichen Anstoß gegen die Fahrerseite des Klägerfahrzeugs ergäbe sich, dass der Spurwechsel des Klägerfahrzeugs noch nicht abgeschlossen gewesen sei. Der Kläger hätte demnach gar nicht in die Lücke vor dem Lkw fahren dürfen, da er - wie der Verkehrsunfall gezeigt habe - den Fahrspurwechsel offensichtlich nicht ohne Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer habe durchführen können.
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seinen erstinstanzlichen Klageantrag weiter und wendet sich gegen die Feststellung des Landgerichts, er habe bei seinem Spurwechsel andere Verkehrsteilnehmer gefährdet. Für den Spurwechsel sei genügend Raum vorhanden gewesen. Von etwas anderem habe das Landgericht ohne Beweisaufnahme nicht ausgehen dürfen.
Zudem habe das Landgericht die erhöhte Betriebsgefahr des Lkw vernachlässigt, die durch das verbotswidrige Befahren der linken Spur weiter erhöht gewesen sei.
Ferner hätte der Fahrer des Lkw das klägerische Fahrzeug sehen müssen, als dieses staubedingt auf der linken Fahrspur...